Eintauchen in den Cyberspace, doch mit welcher VR-Brille?
Produkttest

Eintauchen in den Cyberspace, doch mit welcher VR-Brille?

Zum Vergleichstest treten die PlayStation VR, die Oculus Rift und die HTC Vive an. Was sind die Unterschiede dieser einzelnen Brillen und welche ist für was geeignet?

Obwohl sich die drei Virtual-Reality-Brillen einander ähneln, sind sie unterschiedlich aufgebaut. Jede hat seine Stärken und Schwächen, wodurch sich ein klares Einsatzgebiet jeder einzelnen Brille definieren lässt. Die Ultrakurzfassung:

PlayStation-VR (PSVR)

Ein Einsteigergerät für Spass und Unterhaltung.

Oculus Rift (OR)

Perfekt für Flugsimulatoren und bildstarke Reisen.

HTC Vive (VIVE)

Action, Action und nochmals Action.

Kosten

Bekanntlich sind VR-Brillen nicht gerade günstig und strapazieren gerne dein Portemonnaie. Was du für die einzelnen Brillen alles an Geld sparen musst, habe ich dir hier mal aufgelistet.

PlayStation-VR

Benötigt wird logischerweise die Brille. Dazu kommt zwingend die PlayStation-Camera und natürlich eine PS4 Konsole. Ich persönlich bevorzuge die PS4 Pro.

Um in manchen Spielen noch tiefer in das Geschehen eintauchen zu können, empfiehlt es sich, einen oder zwei Move-Motion-Controller dazu zu kaufen.

Ein Fernseher ist für den reinen VR-Betrieb nicht notwendig, es gibt jedoch einige Programme, welche eine Zusammenarbeit mit mehreren Personen vor dem Fernseher ermöglichen. Wobei aber nur einer die Brille tragen kann.

Oculus Rift

Das Paket der Oculus Rift ist überschaubar. Im Lieferumfang enthalten sind die Brille, eine Infrarotkamera mit Tischstativ, einen XBox One Controller und eine kleine Fernbedienung.

HTC Vive

Mit im Bundle der HTC Vive erhältst du einiges an Hardware. Dazu gehören die Brille, 2 Controller, 2 Basis Stationen, Link Box, In-Ear-Kopfhörer und sehr viel Kabel.

Für den Preis eines PlayStation-VR Komplett-Systems bekommt man bei den beiden Anderen gerade mal die Brille. Voraussetzung für die Oculus Rift und die HTC Vive ist ein Computer mit einer sehr starken Grafikkarte. Empfohlen wird mindestens eine «nVidia GeForce GTX 980» oder gleichwertig. Die VR-Brillen funktionieren auch in der mobilen Lösung mit einem Notebook. Oculus Rift bezeichnet dies zwar als «nicht ausreichend», doch es geht sehr gut. Mit einem grossen Rucksack, gefüllt mit einem starken Laptop, einer Cyberbrille und einem 3D-Drucker steht deinem digitalen Nomadenleben die Welt offen. 😉

Was wird sonst noch so benötigt?

PSVR

Hier fehlt nur noch ein Stuhl. Eventuell ohne Kopfstütze, da die Spannvorrichtung am Hinterkopf eher dick ist. Falls dir die mitgelieferten In-Ears nicht gefallen und du dir lieber deine Kopfhörer aufsetzt, empfehle ich dir, nicht zu grosse Kopfhörer zu verwenden. Der Ring der PSVR um den Kopf ist gross und kommt dabei deinen Kopfhörer in den Weg.

OR

Für stehende Reisen in den Cyberspace ist eigentlich alles vorhanden. Spielst du lieber im Sitzen, benötigst du nur noch einen Stuhl. Es sei denn, du bist ein verbissener Liebhaber von Flugsimulationen. Dafür kommt noch ein Joystick, ein Schubhebel, Pedale und dein Fliegerkombi dazu. Halt alles, was man so braucht. 😉 Brandneu und deswegen leider nicht im Test gibt es zu Oculus Rift die «Touch» Controller, welche kabellos funktionieren. Damit soll man Sachen bewegen können, welche sich im Kamerablickfeld befinden.

VIVE

Da man sich mit der HTC Vive im Raum bewegen kann, wird eine freie Fläche (2.4m x 2.4m) vorausgesetzt. Diese Fläche sollte wirklich leer sein, also keine Tische, an welchen du dich verletzen könntest. Die beiden Lighthouse-Boxen können an der Wand aufgehängt werden. Wer das nicht will, hat die Möglichkeit diese auch auf ein handelsübliches Fotostativ zu schrauben. Die Boxen verfügen über ein standardmässiges Fotogewinde (¼ Zoll). Sie können auch einfach auf ein Büchergestell gelegt werden. Wichtig ist einfach immer, dass sich die beiden Boxen und der Boden, auf dem du stehst, gegenseitig «sehen» können.

Bei allen Systemen sollte man Glasflächen und Spiegel meiden, umplatzieren oder abdecken.

Meine Babys und ich.

Gut zu wissen

PSVR

Licht, farbige Objekte und Sonnenschein können stören

OR

Es wird ein HDMI Port 1.3 benötigt. Nicht alle Grafikkarten sind damit ausgestattet und auf Adaptern ist das oft nicht angeschrieben.

VIVE

Teppiche und in den Aktionsbereich hineinragende Möbel sind gefährlich. Auf Haustiere sollte auch acht genommen werden, da man schnell mit ihnen zusammenstösst. Und nicht vergessen, die Controller aufzuladen!

Geeignet für Brillenträger?

Auch wenn die Anzeige nur wenige Zentimeter vor den Augen ist, so ist die Optik für die Ferne ausgerichtet und du solltest deine Korrekturbrille tragen. Als bekannte Referenz nehme ich die «Kampfbrille 85» der Schweizer Armee (Breite 14 cm, Höhe 5,2 cm).

PSVR

Geht sehr gut mit einer Brille, da man die Optik von Vorne zum Gesicht schiebt.

OR

Gerade noch tragbar, wird mit der Zeit aber unbequem. Mit kleineren Brillen sollte es jedoch keine Probleme geben.

VIVE

Funktioniert einwandfrei mit Brillen. Der Lichtschutz ist gross genug und hat sogar Platz für die Bügel deiner Korrekturbrille.

Installation

PSVR

Kamera anschliessen, aufstellen, einschalten und Update ausführen. Ausschalten, Brille anschliessen und nochmals auf Updates überprüfen. Dann das Einrichtungsprogramm starten. Der aufwendigste Teil ist das Ausrichten und Zurechtrücken der Kamera, bis man bequem sitzt und die Brille in der Mitte des Kamerabildes ist.

OR

Alles anschliessen und Kamera ausrichten, dann den Computer starten und das Setup ausführen. (Geht am einfachsten von den drei Systemen)

VIVE

Die beiden Boxen müssen aufgestellt werden (dübeln, kleben, Stativ,...) und der Raum muss freigeräumt werden. Es empfiehlt sich ein kahler Boden ohne Teppiche oder Gefahrstellen wie Vasen oder Kakteen. Ist der Raum frei und die Boxen platziert, kann man alles anschliessen, den Computer starten und die Installation in Angriff nehmen. Zum Einrichten musst du zuerst die beiden Controller auf den Boden legen. Danach schnappst du dir einen Controller und läufst die Kanten deines Spielfeldes ab. Im Setupprogramm und Tutorial wird alles eingestellt und angezeigt.

Es kann sein, dass du noch Konten für PlayStation Network, Steam oder Oculus Store eröffnen musst.

Stärken und Schwächen

PSVR

Nach dem Einschalten beginnst du im «Kinomodus», in welchem der Bildschirm in der Brille wie eine grosse, virtuelle Kinoleinwand aussieht. Hier ist bereits schon ein Nachteil zu erkennen, denn im Vergleich zu OR und VIVE schwabbert die Leinwand, wenn man den Kopf schüttelt. Nebst der Leinwand ruckelt und springt auch der Controller manchmal. Bei der PS4 Pro weniger als bei der normalen PS4. Ausserdem sind die Controller nicht mehr sichtbar, wenn sie sich ausserhalb des Kamerabildes befinden. Die Ladebildschirme sind eher lang, was an sich nicht so ein grosses Problem ist. Das Mühsame ist jedoch, dass man in dieser Zeit orientierungslos im Dunkeln gelassen wird, was unangenehm sein kann. Dies wird hoffentlich beim nächsten Update verbessert. Des Weiteren ist die Optik fix, man kann also den Abstand zwischen den Augen und der Brille nicht einstellen. Der Menüpunkt «Augenabstand messen» ist nur für die räumliche Darstellung der Software und nicht der Hardware. Das menschliche Auge kann sich zwar anpassen, wird aber schnell müde. Mit den VR-Programmen kann man richtig eintauchen, denn das Bild ist klar und hat kaum Verzerrungen. Nebst den VR-Programmen können auch Videos im Medienplayer angeschaut werden.

OR

Setzt man die Oculus Rift auf, sitzt man zuerst in einem grossen, virtuellen Wohnzimmer, von wo aus man die Programme starten kann. Für den ersten Wow-Effekt sind die gratis verfügbaren 3D-Bildbetrachter und 3D-Videoplayer zu empfehlen. Die Bildqualität in diesen Programmen ist sehr gut und es ist faszinierend, wenn man verschiedene Sehenswürdigkeiten virtuell in 360° betrachten kann. Die 3D-Videos bieten zwar weniger freie Sicht, dafür umso mehr Tiefe im Bild. Klar sind die Bilder nicht mit einem Full-HD oder 4K-Bildschirm vergleichbar, ist ja noch die erste Generation. Richtig eintauchen kann man in Simulationen. Am Beispiel eines Flugsimulators kann man sich im Cockpit umsehen, die Anzeigen problemlos lesen und sogar kleine Details in anderen Umgebungen erkennen.

VIVE

Beim Starten des Vive-Programms werden die Elemente (Brille, Controller und Boxen) sobald sie aktiv sind grün angezeigt. Wenn dies erfolgt, kann das SteamVR gestartet und von dort aus auf die Programme zugegriffen werden – das Tutorial ist sehr zu empfehlen. Kostenlos kann man «The Lab» laden und dort gleich die neuen Möglichkeiten erkunden. Neu, aber sehr intuitiv ist das «Teleportieren». Dabei geht man nicht wie gewohnt durch den Raum, sondern springt direkt von Ort zu Ort. Das «Zappen» löst dabei auch keine Seekrankheit aus. Dann kommt der Wow-Effekt: Man kann Dinge anfassen und bewegen! Der Controller wird zum Werkzeug, man kann Luftballone schubsen (Tutorial), Knöpfe drücken, Kristallkugeln tragen (Lab), um Maschinen und Kunstwerke herumgehen, ein Lichtschwert schwingen und vieles mehr. Während der Action funktioniert alles reibungslos. Bleibt man aber still stehen und betrachtet das Ganze ein wenig, fällt auf, dass das Bild nur dann scharf ist, wenn man die Augen geradeaus richtet. Bewegt man aber die Augen, wird es zum Rand hin sehr unscharf. Dies ist bauartbedingt durch die verwendeten Fresnellinsen. Das meinte ich anfangs mit der Eignung der Systeme. Die VIVE ist gut für Action, bei welcher der Kopf bewegt wird. Bei grossen Flächen wie Texte oder Anzeigen in Flugsimulatoren wird es auf Dauer jedoch anstrengend. Das fällt aber nicht auf, wenn zum Beispiel Sturmtruppen angreifen!

Langzeittest

PSVR

Die Brille sitzt fest am Kopf wie ein Stirnband und drückt nicht auf die Nase. Es ist praktisch, dass man die Optik nach vorne schieben kann. Dadurch öffnet sich schnell ein Spalt, um runter zu gucken. Der Lichtschutz, welcher die Nase berührt, besteht aus einem dünnen Gummi. Er drückt zwar nicht, stört jedoch trotzdem ein wenig. Wenn du dich in einem dunklen Raum befindest, kannst du diesen Gummi getrost abnehmen. Dadurch hast du dein Gesicht völlig frei, wodurch die Feuchtigkeit besser entweichen kann und innerhalb der Brille nichts beschlägt. Da der Ring um den Kopf eher gross ausgefallen ist, bleibt leider kein Platz mehr für einen Over-Ear-Kopfhörer. Auch mit On-Ear wird es knapp.

OR

Die Oculus Rift ist überraschend angenehm zu tragen. Man kann sie problemlos zwei Stunden am Stück aufgesetzt haben. Dies hat jedoch zur Folge, dass man das Zeitgefühl im virtuellen Raum schnell verliert. «Mal schnell etwas ausprobieren» endet meistens in einem mehrstündigen Zeitvertreib. Durch das gute Bild gibt es keine Ermüdungen und das Gehirn akzeptiert die Umgebung nach wenigen Minuten.

VIVE

Es dauert nicht lange, bis sich Muskelermüdungen (und später Muskelkater) bemerkbar machen, da man sich mit der HTC Vive oft und viel bewegt. Dabei ist darauf zu achten, dass die Begrenzung am Boden nicht überschreitet, ansonsten stösst man gegen Wände oder Gegenstände in der realen Welt. Falls man doch einmal irgendwo gegenknallt, ist die eingebaute Kamera äusserst praktisch. Dank dieser kann man die echte Umgebung sehen, ohne die Brille abzunehmen. Die HTC Vive ist sehr angenehm zu tragen, einzig die Ausdauer und Kondition bestimmt, wie lange du am Stück durchhalten kannst (Arme hochhalten, mit Schwertern fuchteln oder mit Kniebeugen in Deckung gehen). Für die Unsportlichen unter euch ist es natürlich auch möglich, die Vive im Sitzen zu verwenden.

Persönliches Fazit

PSVR

Um ein funktionsfähiges VR-System zur bestehenden PS4 hinzuzufügen, musste Sony ein wenig improvisieren und um die Kosten zu senken auch Kompromisse eingehen. Die PlayStation-VR macht seine technischen Einschränkungen jedoch teilweise wieder mit tollen Ideen wett. Die PSVR kann sich erstaunlich gut mit den «grossen» Systemen messen und ist ideal für Spass und Ablenkung geeignet.

OR

Meine Begeisterung für Flugsimulatoren und insbesondere «Elite: Dangerous» ist ja bereits aufgefallen. Dafür ist die Oculus Rift perfekt geeignet, denn die Anzeigen reagieren auf die Blickrichtung. Im Vergleich zu den herkömmlichen Bildschirmen ziehe ich die OR in Flugsimulationen vor und das bereits seit etlichen Flugstunden.

VIVE

Die HTC Vive macht den Cyberspace begehbar. Die Möglichkeit, um Dinge herumzugehen, Gegenstände zu bewegen, zu schubsen und tragen ist einfach umwerfend. Kaum hatte ich einen Bericht über die Star Wars Demo «Trials on Tatooine» gelesen, landete die HTC Vive in meinem Warenkorb. Meine Begeisterung hält an, denn die Programmierer erfinden laufend weitere (teilweise schräge) Ideen, was man im Cyberspace machen kann.

Ich konnte mich für keine der drei Brillen entscheiden und musste deshalb alle haben. Die Oculus Rift für ins Cockpit, die HTC Vive für «Begehungen» und die PSVR für den Spass und Ablenkung.

Erfreulicherweise versuchen die Hersteller nicht billiger als die Konkurrenz zu sein, sondern bringen Innovation und neue Ideen auf den Markt. Wir können mit vielen weiteren Verbesserungen und Weiterentwicklungen rechnen, denn die Hersteller arbeiten bereits an der nächsten Generation dieser Brillen.

Letzter Tipp

Nach der Verwendung einer VR-Brille sollte man eine Stunde nicht nach draussen gehen. Zum einen, weil die US-Air-Force nach einem Simulatortraining eine Pause vor dem Autofahren befohlen hat (bis sich das 3D-Sehen wieder anpasst), zum anderen sollte man warten, bis die Abdrücke der Brille im Gesicht verschwunden sind.

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Ich bin ein digitaler Ureinwohner der Generation Commodore 64, online seit Wählscheibe und Akustikkoppler. Neben Videospielen hole ich gerne mit dem 3D-Drucker Dinge aus dem Cyberspace in den Makerspace. Technologie ist einfach faszinierend.


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