Food-Stylist: 3 Tage Aufwand für 3 Sekunden Werbespot
Ratgeber

Food-Stylist: 3 Tage Aufwand für 3 Sekunden Werbespot

Simon Balissat
29.11.2021

Thierry Fuchs sorgt dafür, dass Lebensmittel gut aussehen. Seit über 10 Jahren drapiert er hauptberuflich Gemüse und Fleisch ansehnlich auf dem Teller. Unter anderem für den Galaxus Weihnachtsspot.

Nein, wirklich geniessbar sieht die vegane Gans im Weihnachtsspot nicht aus. Ein glänziges Gelée überzieht einen braunen Haufen, die «Beine» sind zwei welke Selleristangen. Dabei hat die «Vegans» zu Beginn wirklich gut ausgesehen. Foodstylist Thierry Fuchs musste sie dann auf Regieanweisung «hässlicher» gestalten. Essbar und vegan ist das Gericht auch in der Version, die im Spot zu sehen ist, und Thierry hat uns sogar das Rezept gegeben. Im Interview verrät Thierry ein paar seiner Tricks und sagt, was die schwierigsten Aufträge sind.

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    Das Rezept für die vegane Gans aus dem Galaxus-Spot

    von Simon Balissat

Thierry, du bist Foodstylist. Wie bist du zum Beruf gekommen?
Thierry Fuchs: Ich habe zuerst Koch gelernt in einem renommierten Hotel. Die Gastroküche war aber nichts für mich und ich wollte in die Fotografie. Ein Fotograf hat mich dann als Praktikant engagiert, vor allem wegen meiner Foodkentnisse. Wir machten viele Shootings mit Lebensmitteln und da habe ich gemerkt, dass mir das Fotografieren zu technisch ist. Ich habe mich dann entschieden, ich werde Foodstylist. Das gab es vor über zehn Jahren in der Schweiz eigentlich noch nicht. Ich habe einfach behauptet, dass ich Foodstylist bin.

Wo hast du das gelernt, wenn du einer der Ersten warst?
Das habe ich mir selbst beigebracht. Ich musste mir da zuerst einen Namen machen und Vertrauen schaffen. Oftmals geht es um grosse Budgets, wenn ich Lebensmittel für Verpackungen style. Am Anfang musste ich daher auf die Zähne beissen, bis ich mich etabliert habe. Jetzt sind es sogar manchmal zu viele Aufträge.

Wie konntest du die Kunden von dir überzeugen?
Früher hatten oft Interior-Stylisten auch gleich das Foodstyling übernommen. Foodstyling war in dem Fall eher ein Gebastel, das sie so nebenbei noch erledigt haben. Mein Vorteil war, dass ich Koch gelernt habe. Meine Devise ist, dass alles natürlich und authentisch ist. Viele kaufen halt irgendwelche Esswaren ein. Das nenn ich dann Cupcake Styling. Zwei Cupcakes oder einen Kuchen kaufen und in Szene setzen, das ist nicht mein Ding. Da ich eine Ahnung von der Materie habe, kann ich meine Lebensmittel teilweise selbst zubereiten und sie dann in Szene setzen.

Alles andere als Käse...
Alles andere als Käse...

War das die richtige Entscheidung oder vermisst du manchmal das Kochen noch?
Nein, ich habe viele Freunde in der Gastro und gerade in der Pandemie ist Gastro sehr schwierig. Ich habe normale Arbeitszeiten und kann trotzdem mit Lebensmitteln arbeiten. Ich koche auch immer noch viel, sei es für die Familie, um Rezepte auszuprobieren, oder in eurem Fall, um die «Vegans» zu kreieren.

Die «Vegans» war ein Auftrag für ein Video, sonst arbeitest du viel für Fotos, was ist schwieriger?
Bei Videoaufträgen bist du einer von vielen und der Aufwand ist viel grösser. Bestes Beispiel ist der Galaxus-Spot. Für das ganze Menü auf dem Tisch bin ich zwei Tage in der Küche gestanden und für die «Vegans» noch einen. Am Schluss sieht man drei Sekunden den Food. Das ist schon extrem viel Aufwand.

Was machst du, wenn nicht Galaxus mit einem Auftrag kommt?
Viele Stylings für Verpackungen. Ich habe in den letzten vier Jahren mehrere hundert Verpackungen gemacht. Das war ein wiederkehrender Auftrag, der jetzt abgeschlossen ist. Aktuell bin ich Freelancer, zum Beispiel für Kochbücher.

Eine der über 1000 Verpackungen, auf der Thierry gestyled hat.
Eine der über 1000 Verpackungen, auf der Thierry gestyled hat.

Schüttelst du das aus dem Ärmel oder ist jeder Auftrag eine neue Challenge?
(lacht) Ich wünschte, es wäre manchmal einfach copy paste. Aber jeder Auftrag ist eine neue Challenge. Jede Agentur hat andere Vorstellungen. Jedes Produkt ist verschieden. Klar gibt es Erfahrungswerte, die mir helfen, aber im Prinzip bringt jeder Auftrag neue Herausforderungen, zum Beispiel diese «Vegans». Ich wollte eine Gans nachbauen, die wie eine Gans aussieht. Die hat dann zu gut ausgesehen und der Regisseur sagte: «Das muss abgefuckter aussehen». Da war ich teilweise überfragt. Was ist denn «abgefuckt»? Beim Shooting haben wir die Gans fast abgeschlagen, die Beine durch Sellerie ersetzt und Glibber darauf getan. Das passte dann.

Ausschnitt aus dem Galaxus-Spot
Ausschnitt aus dem Galaxus-Spot

Hier musstest du verunstalten. Verrätst du uns ein paar Tricks, wie du Lebensmittel schmackhaft aussehen lässt?
Das ist eigentlich unser Betriebsgeheimnis, aber: Viele Stylisten benutzen Motorenöl, um Fleisch schön dunkel glänzen zu lassen. Da benutze ich eine Mischung aus Öl und Sesamöl. Oder Spiessli vom Grill. Da brenne ich das Grillmuster in jedes einzelne Stück mit einer heissen Stange, erst danach stecke ich es auf den Holzspiess. Pancakes stapeln wir mit Karton dazwischen, damit sie nicht zusammenfallen. Food vor der Kamera ist immer gegen dich: Wenn du zu Hause Pancakes machst, dann sieht das auf den ersten Blick toll aus, wie der Sirup runterläuft und so. Vor der Kamera ist das aber einfach ein brauner, verschmierter Klumpen. Mit Karton zwischen den Pancakes gebe ich Luft, damit man sieht, dass es einzelne Teile sind. Den Sirup gebe ich mit einer Spritze drauf.

Hast du zum Schluss einen Tipp, wie ich Essen für Gäste schön anrichte?
Das hat sich auch etwas verändert, heute richten Köche wie Jamie Oliver das Essen sehr chaotisch an. Ich habe in der Sterneküche gearbeitet, da wäre sowas nie möglich gewesen. Für das Festessen sage ich daher, schaut auf den weissen Tellerrand. Immer ein Küchenpapier zur Hand haben, das ist wichtig!

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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell. 


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