Huawei Mate 30 Pro: Huawei sagt «Hold my Beer», trotz allem
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Huawei Mate 30 Pro: Huawei sagt «Hold my Beer», trotz allem

Endlich ist es da, das Huawei Mate 30 Pro. Oder halt eben auch nicht. In München gibt es das Flaggschiff zwar zum ansehen und festhalten, aber die Markteinführung lässt auf sich warten.

Lange herrschte Stillschweigen über die Details des Huawei Mate 30 Pro und dessen kleinere Schwester, das Mate 30. Denn Huawei befindet sich zwischen den Fronten eines Handelskriegs zwischen den USA und China. Es ist US-amerikanischen Unternehmen derzeit verboten, mit Huawei Geschäfte zu machen, es sei denn, da sind Ausnahmebewilligungen.

Darum hat sich Huawei auch lange Zeit bedeckt gehalten. Offizielle Specs zum Gerät, die in der Regel einige Tage vor dem Launch auf meinem Pult landen, sind ausgeblieben. Der Launch-Event in München war zwar angesagt, aber keinem war klar, was denn genau da vorgestellt wird. Sind die Mate 30 parat für den Launch? Was läuft auf ihnen?

Es war zwar offensichtlich, dass das Mate 30 kurz bevorsteht, aber kommt es am München-Event? Erst ein Video vom 9. September gab Aufschluss.

Jetzt haben wir Klarheit. Denn heute halte ich in München das Huawei Mate 30 Pro in den Händen.

Richard Yu, CEO, gibt sich siegessicher

Trotz der Wirrungen mit den USA, das US-Amerikanischen Firmen das Geschäft mit Huawei verbietet, gibt sich CEO Richard Yu auf der Bühne in der neuen Messe München siegessicher. Ihm ist nichts anzumerken.

Er hat seinen «Hold my Beer»-Moment, mit dem er mehr sagt, als mit jeder Erklärung. Es scheint ihm egal, was die USA verbieten, wer mit wem was macht. Er hat ein Phone in den Händen, das für sich spricht. Eines, für das er sich aufrichtig begeistern kann. Um diesen Punkt zu betonen pöbelt er immer mal wieder ein bisschen das iPhone an. Wenn er vom hübschen Design des Mate 30 Pro spricht, dann ist hinter ihm das iPhone 11 Max eingeblendet.

Richard Yu ist gewohnt charmant und siegessicher. Er hat auch allen Grund dazu. Der Mann, der bekannt dafür ist, ein Tech Nerd im Herzen zu sein, hält in seinen Händen ein Gerät, das die Konkurrenz auf dem Papier alt aussehen lässt.

Was für ein Bildschirm

Auf den ersten Blick sticht der Bildschirm des Mate 30 Pro hervor. Das sogenannte Horizon Display verdeckt so ziemlich jedes bisschen Rand, das da sein könnte. Es hat zwar noch Bezels, aber dank geschickter Biegung und cleverem Design der Front fallen die Teile, die nicht Bildschirm sind, wenig auf. Dann sind da die Farben und die Schärfe. Ich hoffe, dass das im Video oben gut rüberkommt. Denn der Bildschirm ist, so viel Review liegt schon beim ersten Anfassen drin, spektakulär. Die Farben und Kontraste sind richtig gut eingestellt. Das Bild wirkt auf dem AMOLED Screen lebendig, hat einen Touch HDR und macht so richtig viel her.

Hinter dem 6.53 Zoll diagonalen Screen schlummert Huaweis neues System-on-a-Chip (SoC). Der Kirin 990 basiert auf einer 7nm-Architektur, die besonders energiesparend ist. Das Highlight: das SoC hat standardmässig ein 5G-Modem verbaut. Damit ist Huawei der Konkurrenz zumindest auf dem Papier voraus, denn andere Hersteller haben zwar 5G-fähige Smartphones auf den Markt gebracht, aber die Modems sind immer nachgerüstet worden. Weder MediaTek, noch Samsungs Exynos noch Qualcomms Snapdragon haben bis dato ein 5G-Modem von Werk aus verbaut. Die gesamte Kirin-990-Plattform ist zudem kleiner: Die Ingenieure und Tüftler Huaweis haben die Grösse um 36% reduzieren können. Dank 14 5G-Antennen und cleverer Software wie auch Hardware soll das 5G im Mate 30 Pro 50% schneller sein als das im Note10+ 5G. Und, so lässt sich Richard Yu das nicht nehmen, im iPhone 11 ist keine 5G-Antenne und kein 5G-Modem verbaut.

Der gewonnene Platz ist für mehr Neural Processing Units (NPU) genutzt worden. Oder besser: andere. Da ist ein grosser NPU-Kern, der so das schwere Heben übernimmt. Der kleinere Kern bietet Basisfunktionalität mit niedrigem Stromverbrauch. Der Hauptbetrieb soll, wenn ich das recht verstehe, auf dem kleinen Kern erledigt werden. Der grosse Kern wird nur bei komplexeren Aufgaben befeuert. Bereits an der IFA in Berlin ist «Real-Time Video AI Re-Rendering» gezeigt worden, also eine Art Green Screen.

Angetrieben wird das Ganze von einem 4500mAh starken Akku, der mit 40 Watt geladen werden kann. Kabellos liegen 27 Watt drin. Richard Yu spricht dann auch über die Kühlung des Systems. Die sei vielen Leuten eigentlich egal, aber sie sei eigentlich extrem wichtig. Halbleiter in einem Gerät performen wesentlich besser, wenn sie gut gekühlt sind. Und da die Mate-Serie in der Regel so die Serie ist, in der Technologie richtig glänzen und performen soll, ist das für das Mate wichtig. Dazu kommen 8GB RAM und 128 oder 256GB interner Speicher, der aber via Nano SD Card erweitert werden kann. Dies aber auf Kosten der Dual SIM Funktionalität.

Verbessert wurde auch das Reverse Wireless Charging, das nun dreimal so schnell sei wie wie Version im Mate 20 Pro. Apropos, Huawei gibt eine 40W Powerbank mit 12000 mAh Kapazität raus. Dazu kommt eine Peripherie für das Auto, die das Phone wireless auflädt und auch automatisch greift, wenn du es in die Halterung steckst.

Das schwarze Auge

Besonders auffällig ist das Design der Rückseite des Mate 30 Pro. Die Kameras sind nicht in einer Linie oder einem Quadrat angeordnet, sondern in einem Kreis. Richard Yu nennt das Halo Design. Es sei ikonisch und dem Objektiv einer Fotokamera nachempfunden.

  1. 40 Megapixel Ultraweitwinkel Cine, f/1.8
  2. 40 Megapixel Weitwinkel, f/1.6, OIS
  3. 8 Megapixel Telephotolinse, f/2.4, OIS, 3x Optischer Zoom, 30x digital
  4. 3D Tiefensensor

Dahinter steckt ein 40MP RYYB Sensor. Er sei 137% grösser als der im iPhone 11 Pro Max.

Dann sind da noch die Elemente oben links am Phone

  1. Ein Blitz
  2. Eine Time-of-Flight-Kamera (ToF), die die Schärfeeinstellung und Distanzmessung beschleunigt

Videografen aufgepasst

Gefilmt werden kann in 4K, 60fps mit einer dedizierten Cine-Kamera. Time Lapses gehen in 4K HDR. Slow Motion kann mit 7680 Frames pro Sekunde aufgenommen werden, aber nur in 720p. Dazu Richtmikrofone.

Das mal so nebenher, denn eines ist sicher: Das testen wir.

Eines aber gibt der CEO auf der Bühne zu. Er zeigt einen explodierenden Ballon, gefilmt mit teurem Kinokamera-Equipment und mit dem Mate 30 Pro. «Die Kinokamera ist nach wie vor besser. Der Preisunterschied ist einfach zu gross», sagt er. Dann: «Aber unsere Farben sind lebendiger.»

Wenn sich Huawei Sympathien erarbeiten muss: So geht das.

Zubehör gibt es auch: Einen Gimbal in Form des DJI Osmo Mobile 3, der softwaremässig bereits in der Kamerasoftware des Mate 30 Pro integriert ist. Dazu die Profoto C1 und C2, professionelle Studiolichter, die ebenfalls integriert sind. Die Lichter wurden mit dem Huawei CameraKit entwickelt.

Die Rückseite kommt in vier Farben:

  1. Space Silver: Weiss/silber
  2. Cosmic Purple: Violett
  3. Black: Schwarz. Endlich mal eine Farbe, die so genannt wird, wie sie eigentlich heisst.
  4. Emerald Green: Grün

Dazu kommt auch eine vegane Option, die mit Kunstleder überzogen ist. Diese kommt in Orange und Grün.

Keine Google Apps, aber…

Auf dem Huawei Mate 30 Pro und dessen kleineren Schwester laufen keine Google Apps mehr. Das ist kein Weltuntergang. Echt nicht. Wir haben noch keine Katastrophe von epischem Ausmass. Auf dem Mate 30 Pro läuft Android 10 mit Emui 10. Aber es fehlt der Google Play Store und all die Google-Integration.

Aber: Die gesamte Google-Palette kann einfach nachgerüstet werden.

Huawei selbst liefert dir da eine einfache Methode. Hintergrund hier ist, dass weder Huawei noch irgendein US-amerikanischer Partner des Unternehmens besonders scharf darauf sind, nicht mehr zusammenzuarbeiten. Das Branchenportal TechCrunch berichtet, dass über 130 US-Firmen Anträge ans Commerce Department der USA gestellt haben, eine Ausnahmehandelsbewilligung zu erhalten. Die Regierung aber meint dazu «Nein». Danke, US-Regierung.

Daher sind die Workarounds, die bekannten Dienste zurückzuerhalten, simpel. In der Regel geht das so wie unten beschrieben. Aber wie genau das auf dem Mate 30 Pro geht, probiere ich noch aus.

Funktionieren sollte eigentlich:

  1. Öffne den Browser des Phones
  2. Lad dir den Google Play Store herunter
  3. Öffne den Download
  4. Klick «Ja», «Weiter» und gib dem Browser alle Permissions, nach denen er fragt
  5. Fertig

Keine grosse Sache.

Zur Hardware: Wie liegt das Mate 30 Pro in der Hand

Jetzt, da wir wissen, was im Phone steckt und wie du die Idiotie der US-Regierung aushebeln kannst, beantworten wir die letzte Frage: Wie liegt es in der Hand?

Es ist etwas schwerer als ein P30 Pro, wiegt 198 Gramm. Das P30 Pro wiegt 192 Gramm, ohne SIM-Karte. Das merke ich auch, wenn ich es halte. Da scheint irgendwo eine Grenze in den sechs Gramm zu sein, die etwas merkbar schwerer machen. Es wirkt durch das bisschen mehr Gewicht etwas bulliger, was sich aber in der Bedienung dann wieder relativiert. Fühlt es sich zu schwer an? Nein, das nicht, und niemandem ausser den Nerds unter uns dürfte das bemerken, aber es fühlt sich mehr nach Samsung Galaxy Note 10+ an als nach LG V50.

Das Phone sei ergonomischer und schlanker.

Die Markteinführung lässt auf sich warten

In den Kommentarspalten zu Artikeln wie diesem kommt immer die Frage, wann digitec das Produkt, über das ich gerade schreibe, anbiete. Eins kannst du dir sicher sein: Wenn es nicht im Artikel steht, dann weiss ich es nicht. Fragen hilft da wenig. Ich verrate doch nicht alle Details und verschweige dann das eine Detail, von dem ich weiss, dass es alle brennend interessiert.

Heute aber kann ich dir etwas mehr zum Verkaufsstart des Mate 30 Pro und dessen Geschwister sagen.

Aber es sind halt keine besonders guten News.

Offiziell weiss ich: Das Mate 30 Pro kommt in einer 4G und einer 5G Version, Preisunterschied etwa 100 Euro. Inoffiziell heisst es: Die Mate-30-Serie wird noch im Jahr 2019 kommen.

Das genaue Datum aber ist noch unbekannt. Aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Wirren im Handelskrieg mit den USA hat Huawei im Moment viel um die Ohren und muss um Lizenzen, Software und Agreements kämpfen. Daher sind sie mit der «aktuellen Lösung» nicht zufrieden, was die Markteinführung verzögert. Aber Richard Yu vergisst einfach mal die Erwähnung eines Datums, weisst aber auf die Huawei Mobile Services hin, den App Store und impliziert so, dass Google Apps eigentlich gar nicht notwendig sind. Vor allem auch darum, da Huawei eine Milliarde US-Dollar in die Weiterentwicklung des eigenen Ökosystems investieren wird.

Huawei Mate 30 Pro: Sollen wir?

Willst du ein Huawei Mate 30 Pro?

  • Ja
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  • Nein
    14%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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