Konsequent inkonsequent: Mal mit, mal ohne Velohelm
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Konsequent inkonsequent: Mal mit, mal ohne Velohelm

Alle Jahre wieder zählt die Beratungsstelle für Unfallverhütung Helme. Wer trägt auf welchem Bike wann einen Schutz? Die Ergebnisse zeigen: Velofahrende haben ihren eigenen Kopf.

Ob du einen Velohelm tragen willst oder darauf verzichtest, kannst du hierzulande selbst entscheiden. Es sei denn, du steigst auf ein schnelles E-Bike, das dich bis 45 km/h unterstützt. Dann ist er Pflicht. Eine Pflicht, die der Bundesrat gerne auf alle E-Bikes ausweiten möchte. Das findet der TCS gut und Pro Velo schlecht.

Man kann im übertragenen Sinne sagen: Expert:innen, Politiker:innen und Velofahrende hauen sich zu diesem Thema die Köpfe ein. Nicht nur bei uns in der Schweiz ist der Helm ein Politikum. Es gibt Länder mit genereller Helmpflicht, Länder, in denen du ausserhalb von Städten einen Helm tragen musst (allerdings nicht, wenn's steil bergauf geht), viele Länder, in denen Kinder und Jugendliche einen Helm tragen müssen, und die USA, in denen je nach Region 49 unterschiedliche Regelungen gelten. Es gibt nur keine unumstössliche Erkenntnis, welcher Weg der beste ist.

Viele Ansätze, kein Königsweg

Und so entscheiden wir bislang selbst darüber, wann wir den Kopfschutz für nötig halten. Mit Anfang 40 gehöre ich, statistisch gesehen, zur Gruppe der Streber. Nach der aktuellen BFU-Erhebung sind 30- bis 44-Jährige die eifrigsten Helmträger:innen. 67 Prozent setzen auf dem (unmotorisierten) Velo einen auf.

Vielleicht ist meine Altergsgruppe so gewissenhaft, um ein gutes Vorbild für ihre Kinder zu sein. Die folgen zu 62 Prozent brav mit ihren Blümchen- und Dino-Helmen, zumindest bis sie 14 sind. Gut, Blümchen und Dinos sind schon früher weg, aber irgendwann verzichten viele dann ganz auf den Kopfschutz. Bei Teenagern und jungen Erwachsenen sinkt die Helm-Quote auf 42 Prozent, bis aus den jungen Wilden 30-jährige vorsichtige Vorzeigefahrer:innen werden. The circle of life.

So lagen wir in jungen Jahren wohl alle mal da: In vielen Ländern gibt es eine Helmpflicht für Kinder und Jugendliche.
So lagen wir in jungen Jahren wohl alle mal da: In vielen Ländern gibt es eine Helmpflicht für Kinder und Jugendliche.
Quelle: Flickr/Mario A. P./CC BY-SA 2.0

Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Aber der Freiheitsdrang ist offensichtlich unterschiedlich gross. Nicht nur, was das Alter angeht. Auch der Grund, weshalb wir aufs Velo steigen, spielt bei der Helmfrage eine grosse Rolle. Von April bis Juni haben die BFU-Leute das jährliche Stimmungsbild ermittelt, Helme gezählt, das Ziel der Fahrt erfragt und Velotypen notiert. Insgesamt über 8500 Mal an 67 Zählstellen im ganzen Land. Die Zahlen bestätigen den Trend der vergangenen Jahre: Es sind so viele mit der schützenden Schale auf dem Kopf unterwegs wie noch nie. Auf klassischen Velos tragen 57 Prozent der Fahrer:innen einen Helm. Das sind fünf Prozent mehr als 2019. Ob er angelegt wird, wird je nach Situation entschieden.

In der Freizeit

Aufs Velo zu steigen, um Velofahren zu gehen, ist der schönste denkbare Anlass. Dann ist der Kopf frei vom Alltagsstress. Was bedeutet das bei dir in Sachen Kopfschutz?

Trägst du auf Freizeit-Touren einen Velohelm?

  • Immer
    74%
  • Manchmal
    15%
  • Nie
    11%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

In ihrer Freizeit steigen inzwischen 62 Prozent der Velofahrenden mit Schutzhelm aufs Bike. Das sind fünf Prozent mehr als 2019. Wenn das Velo kein Verkehrsmittel, sondern Freizeitvergnügen ist, gehört der Helm für die Mehrheit dazu.

Auf dem Arbeits- oder Schulweg

Beim Pendeln zwischen zwei Lebenswelten ist das Velo in erster Linie Verkehrsmittel. Es bringt dich von A nach B und wieder zurück nach A, wenn der Alltag geschafft ist. Mit Helm oder ohne?

Trägst du auf Fahrten zur Arbeit/Schule einen Velohelm?

  • Immer
    70%
  • Manchmal
    10%
  • Nie
    20%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

Auf dem Weg zum Job oder ins Klassenzimmer ist der Helm bei weniger als der Hälfte dabei. 46 Prozent tragen ihn auf Arbeitswegen, Schüler:innen sind zu 43 Prozent damit unterwegs. Das sind sogar zwei Prozent weniger als 2019, während bei den Berufstätigen drei Prozent dazugekommen sind. Der Abstand zwischen beiden Gruppen ist gering, wenn man bedenkt, dass Jugendliche und junge Erwachsene generell am risikofreudigsten sind.

  • Produkttest

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Auf dem Weg zum Einkaufen

Schnell noch ein paar Besorgungen erledigen, den Kühlschrank füllen und dafür zwei, drei Geschäfte abklappern. Auch dieser Teil des Lebens wird gerne mit dem Velo erledigt. Kommt der Helm mit, wenn du alle Hände voll zu tun hast?

Trägst du auf Shopping-Fahrten einen Velohelm?

  • Immer
    57%
  • Manchmal
    16%
  • Nie
    27%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

Wenn der Magen knurrt, ein neues Paar Schuhe her muss oder andere Waren angeschafft werden, wird der Helm endgültig zur Nebensache. Dann ist er nur noch bei 32 Prozent dabei – obwohl sich die fiesesten Fallen auch kurz vor der Haustür befinden können. Auf Routinewegen hat es der Helm anscheinend schwer und bleibt eher zuhause als in der Freizeit.

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Helmpflicht – oder nicht?

Generell zeigt sich: Was den Velohelm angeht, handeln viele konsequent inkonsequent und setzen ihn je nach Situation auf – oder eben nicht. Doch insgesamt sind so viele mit der schützenden Schale auf dem Kopf unterwegs wie noch nie. Auf dem E-Bike sind es – auch ohne Vorschrift – 70 Prozent. Und auf schnellen E-Bikes – trotz Vorschrift – nur 93 Prozent. Ob eine Helmpflicht für E-Bikes etwas bringen würde? Oder sogar eine generelle? Veloverbände fürchten, dass eine Helmpflicht (Leih-)Bikes unattraktiv macht. Sie verweisen darauf, dass in Velo-Paradiesen wie Kopenhagen die Helmquote niedrig, aber die Infrastruktur hochentwickelt ist. Echte Freiheit auf dem Velo gibt es vielleicht nur, wenn genug Raum für sie da ist.

Für wen sollte die Helmpflicht gelten?

  • alle
    50%
  • E-Bikes & S-Pedelecs bis 45 km/h
    28%
  • S-Pedelecs bis 45 km/h
    11%
  • es sollte gar keine Helmpflicht geben
    11%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

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Sportwissenschaftler, Hochleistungspapi und Homeofficer im Dienste Ihrer Majestät der Schildkröte.


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