Review: Ist das Google Pixel das beste (Android)-Smartphone?
Produkttest

Review: Ist das Google Pixel das beste (Android)-Smartphone?

Philipp Rüegg
14.11.2016

Die ersten eigenen Smartphones von Google sind da. Das Unternehmen zielt preislich und qualitativ auf das gleiche Highend-Segment ab wie Apple und Samsung. Ob der erste Versuch gelingt, zeigt der Test.

Google überlässt fortan das Glück von Android nicht mehr alleine in den Händen von Drittherstellern wie Samsung und Huawei. Mit dem Pixel und Pixel XL bietet das Unternehmen ab sofort zwei hauseigene Smartphones an. Hergestellt werden sie zwar von HTC, davon ist jedoch ohne dass man die Geräte auseinandernimmt, keine Spur zu finden. Man darf also zurecht von echten Google-Phones sprechen. Diente bis anhin die Nexus-Serie als Aushängeschild für neue Android-Versionen, wird sie nun von den Pixel-Geräten abgelöst. Hardware und Software vom gleichen Hersteller, perfekt aufeinander abgestimmt, verpackt in ein Highend-Gewand. Googles erste eigenen Smartphones haben Potential.

Das Pixel gibt es in zwei Varianten, die sich lediglich in der Displaygrösse und Auflösung sowie dem Akku unterscheiden. Ich hab mir das XL gekauft, da ich mich mit dem Nexus 6P bereits an ausgebeulte Hosentaschen gewöhnt habe. Beginnen wir mit dem Äusseren.

Aussehen: Schlicht aber elegant

Der obere Teil ist aus Glas.

Nachdem ich das Pixel XL (Quite Black) zum ersten mal ausgepackt habe, konnte ich plötzlich nachvollziehen, warum viele Tester das Design als unscheinbar beschrieben. Ich fand bisher, dass das Teil auf Fotos eigentlich ziemlich schick aussah. Versteht mich nicht falsch, mir gefällt das Design des Pixel. Aber die abgerundeten Kanten und die Front mit den breiten Rändern erinnern mich etwas an ein Mittelklasse-HTC-Handy. Auch ist es ein kleines bisschen dicker (8.5mm) als mein Nexus 6P was ebenfalls den Ersteindruck beeinträchtigt. Die Rückseite gefällt mir dafür ausserordentlich, auch wenn ich da offenbar der einzige bin. Seit meinem schwarz-weissen Nexus 5 bin ich ein Fan von zweifarbigen Designs. Zwar sammeln sich auf der Glas-Oberfläche, die den Fingerabdruckscanner umgibt, schnell Fingerabdrücke, das kümmert mich jedoch wenig. Die Rückseite sieht beim silber-weissen Modell sogar noch schicker aus.

Ist das Design ein billiger iPhone-Abklatsch? Ich finde nicht. Eine kurze Umfrage bei den Kollegen (Android- und iPhone-Usern) ergab die gleiche Meinung. Mir scheint aber offensichtlich, dass Google sich stark vom iPhone hat inspirieren lassen, nicht zuletzt wegen der prominenten Antennenstreifen. Allerdings sehen mittlerweile auch fast alle Smartphones gleich aus – allzu viel künstlerische Freiheit lässt ein rechteckiger Klotz halt nicht zu.

Handling und Verarbeitung

Wer wie ich von einem leicht grösseren Gerät kommt (das Nexus 6P misst 5.7 Zoll) wird das Handling lieben. Ich habe mich nie nach übergrossen Smartphones gesehnt und habe mich primär für das 6P entschieden, weil es technisch besser war als das Nexus 5X. Das Pixel XL liegt richtig gut in meinen normal grossen Händen und ich komm einhändig wieder ein bisschen besser zurecht.

Das Gehäuse besteht aus einem Aluminium-Rahmen mit Glas (Gorilla Glass 4) im oberen Teil der Rückseite. Durch das Material fühlt sich das Pixel sehr hochwertig an, ist dadurch aber auch relativ rutschig.

Der Powerbutton und die Lautstärketasten sind solide verarbeitet und gut positioniert. Dasselbe gilt für den Fingerabdruckscanner, der sich wie bei den letztjährigen Nexus-Phones auf der Rückseite befindet und damit optimal erreichbar ist.

Im Vergleich zum Nexus 6P ist das Pixel XL deutlich handlicher.

Technik: Top-Ausstattung mit einigen Absenzen

Das Pixel ist vollgepackt mit der neuesten Technik wie dem Snapdragon 821, 4GB RAM und schnellem UFS-2.0-Speicher. Demgegenüber steht die fehlende Wasserresistenz (nur IP53 gegen Staub und Spritzwasser), nur ein Frontlautsprecher, keine Möglichkeit der Speichererweiterung und kein Wireless-Charging.

Da ich mein Handy eher selten in der WC-Schüssel parke und ein bisschen Regen noch keinem meiner Geräte geschadet hat, stört mich der Mangel an IP67- oder IP68-Standards nicht. Der Lautsprecher ist erstaunlich laut, selbst im Vergleich zum Nexus 6P, das aus zwei Löchern dröhnt. Und auch die Tonqualität ist einwandfrei. Meine Qi-Ladestationen habe ich seit dem Verkauf des Nexus 5 nie vermisst und dem Gefummel mit microSD-Karten trauere ich ebenfalls nicht nach.

Störend finde ich dagegen, dass es keine 64GB-Version gibt. WTF Google? Zwar sind auf meinem 32er noch ein paar Gigabytes frei, aber ich nerv mich jetzt schon, wenn wieder dieses kleine Symbol auftaucht, das mich nötigt, Sachen zu löschen. 128GB sind für mich dagegen absoluter Overkill und auch den Preisaufschlag niemals wert.

Positiv ist wiederum der Akku, der mit 3450 mAh bis jetzt erstaunlich lange durchhält. Auch nach intensiven Tagen mit viel Surfen, Zocken und Chatten hab ich Abends regelmässig noch rund 40 Prozent Akku.

Das 5.5-Zoll-Display (AMOLED 2560x1440p) ist gestochen scharf, hat satte Farben und leuchtet noch heller als mein Nexus 6P. Obwohl mich bei letzterem ein paar Arbeitskollegen darüber aufgeklärt haben, dass das Nexus 6P eigentlich überhaupt kein gutes Display besitzt – besonders kein helles. Ich war damit eigentlich stets zufrieden, jedenfalls ist das Pixel XL im Direktvergleich eindeutig heller.

Am Display gibts nichts zu meckern.

Wo das Zusammenspiel von Software- und Hardwarehersteller besonder auffällt, ist bei der Leistung. Das Pixel flutscht so richtig. Egal wie viele Prozesse geöffnet sind: Apps starten blitzschnell, Games laufen flüssig und nirgends irgendwelche Ruckler – bleibt zu hoffen, dass das auch in ein paar Monaten noch so bleibt.

Was sind die Pixel-exklusiven Features?

Die Pixel setzen die Nexus-Tradition fort, jeweils als erste neue Android-Versionen zu erhalten. Wobei gesagt werden muss, dass ich auf dem Nexus 6P bereits Version 7.1.1 habe und auf dem Pixel XL erst 7.1, aber lassen wir das.

Nebst der aktuellen Android-Version verfügen die Pixel über einige (vorerst) exklusive Features gegenüber den Nexus-Geräten. Kleiner Hinweis: Einiges davon ist über Umwege oder mit Third-Party-Apps auch auf anderen Geräten möglich.

Erleichtertes Einrichten

Der Einrichtungsprozess wurde weiter verbessert.

Beim Aufsetzen des Pixel hat man drei Möglichkeiten zur Auswahl. Von einem anderen Android-Gerät, aus der Cloud oder von einem iPhone. Mit dem mitgelieferten Kabel erhält man die vollständigste und schnellste Wiederherstellung, inklusive aller Accounts und Daten. Funktioniert auch per Bluetooth oder Wifi. Die Musik (Google Play Music) hat es hingegen nicht übertragen und auch nicht alle Accounts. Bei Twitter musste ich mich neu einloggen, dafür klappte es bei Schweizer Apps wie SBB und Bring ohne Probleme. Typische Google-Inkonsistenz. Insgesamt war der Prozess aber sehr unkompliziert. Allerdings musste ich die Apps manuell wieder richtig anordnen. Über die zweite Möglichkeit via Cloud-Backup funktionierte das bisher immer einwandfrei. Die dritte und letzte Möglichkeit zum Einrichten ist von einem iPhone. Auch hier kann man Nachrichten, Fotos, Musik und Kontakte übertragen, in dem man die Geräte per Kabel verbindet und der Anleitung folgt.

Google Assistant

Der Assistant kann Befehle ausführen und Fragen beantworten.

Das wohl interessanteste Feature dürfte der intelligente Assistent sein. Von jedem Bildschirm aus lässt er sich durch Gedrückthalten des Home-Buttons aktivieren und mit Fragen und Befehlen bombardieren. Die englische Variante ist deutlich umfangreicher als die deutsche, was die Funktionen anbelangt. Die Sprache ist die gleiche wie die Systemsprache und anders als bei der Sprachsuche in Google Now (die parallel existiert), kann man nicht zwei verschiedene Sprachen gleichzeitig benutzen. Abgesehen davon ist der Google Assistent deutlich cleverer und weiss auf die meisten Fragen eine Antwort. Er erlaubt auch Folgefragen. Wenn man beispielsweise fragt: «Wann kommt der neue Star-Wars-Film im Kino?» Dann kann man anhängen: «Wer spielt die Hauptrolle?» und der Google Assistant weiss, dass man noch vom gleichen Film redet.

Wenn man den Home-Button lange drückt und nichts sagt, dann agiert der Assistant wie das abgelöste Feature Now on Tab. Dabei wird der Inhalt auf dem Bildschirm analysiert und passende Infos dazu geliefert.

Smart Storage

Smart Storage löscht automatisch Bilder und Videos und speichert sie in der Cloud, wenn der Platz knapp wird. Oder man legt selbst Hand an und löscht ungenutzte Apps. Das Pixel listet dabei praktischerweise alle Apps auf, die man 90 Tage oder länger nicht benutzt hat.

Unlimitierter Foto- und Video-Speicher

Alle Käufer eines Pixel-Phones erhalten unlimitierten Speicher in Google Photos für Fotos und Videos in Originalgrösse.

Gesten

Zweimal kurz den Power-Button drücken, um die Kamera zu starten und dort mit einer schnellen Drehung des Handgelenks in den Selfie-Modus wechseln. Das konnte auch mein Nexus 6P. Die Pixel können zusätzlich das Benachrichtigungsfenster hoch- und runterziehen, indem man mit dem Finger über den Fingerabdruckscanner wischt. Konnte ich mir bisher noch nicht so richtig angewöhnen, funktioniert aber relativ zuverlässig.

Pixel Launcher

Der neue Launcher bietet weniger Platz für Apps.

Der Pixel Launcher unterscheidet sich vom bisherigen Google Launcher nicht radikal. Er verfügt über runde App-Icons und übersichtlichere Ordneransichten. Der App-Drawer, der kein eigenes Icon mehr besitzt, lässt sich vom Homescreen mit einer Wischbewegung öffnen und wenn man gewisse Apps lange gedrückt hält, erscheinen Kurzbefehle. Bei YouTube lassen sich auf diese Weise direkt abonnierte Kanäle anschauen, Chrome öffnet einen neuen Tab und Google Maps navigiert nach Hause. Die prominente Google-Suchleiste am oberen Bildschirmrand wurde durch ein schmales G-Symbol sowie ein Wetter- und Datums-Widget ersetzt, welches sich weder verschieben noch löschen lässt. Hierbei stört mich, dass ich eine ganze Reihe für Apps verliere. Unverständlich.

Night Light

Kann manuell, zu einer gewünschten Zeit oder automatisch bei Sonnenuntergang eingeschaltet werden und versetzt das Display mit einem Rotstich, was Abends die Augen schonen soll. Schade, ist der Übergang so abrupt und nicht graduell.

Wallpapers

Die App dazu gibt es mittlerweile auch im Google Play Store und ist vollgepackt mit wunderschönen Hintergrundbildern. Pixel-Exklusiv sind die Live-earth-Wallpaper, die Bilder aus verschiedenen Perspektiven zeigen, wenn man über die Homescreens wischt.

24/7 Support

In den Einstellungen findet man einen zweiten Tab, bei dem man rund um die Uhr Unterstützung direkt von Google einholen kann. Bei Bedarf kann man auch den Screen mit dem Support teilen.

Daydream Support

Die Pixel sind bis auf Weiteres die einzigen Smartphones, die mit der Daydream-Brille kompatibel sind. Googles Antwort auf die Gear VR.

Ist die Kamera wirklich so gut?

Ich verlasse mich beim Fotografieren zwar lieber auf richtige Kameras, muss aber sagen, dass das Google Pixel ein richtig guter Knipser ist. Diverse Vergleiche von Bloggern und die Bestnote auf der Kamera-Vergleichsseite DxOMark loben Googles Smartphone-Kamera in den Himmel. Smartphone-Kamera bleibt nun mal Smartphone-Kamera, aber beim Google Pixel hab ich wirklich nichts zu meckern. Den fehlenden optischen Bildstabilisator habe ich nie vermisst. Die Kamera ist unglaublich fix und Fotos lösen selbst mit HDR+ so schnell aus, dass man die Funktion immer aktiviert lassen kann. Das zahlt sich besonders bei schlechten Lichtverhältnissen aus. Schnell, schön und scharf. Was will man mehr von einer Smartphone-Kamera?

Fazit: Lohnt sich der Kauf?

Google geht den Weg von Apple und verabschiedet sich mit der Pixel-Serie von den Nexus-Preisleistungskillern, die sich in erster Linie an Entwickler und Technik-Affine gerichtet haben. Das Pixel und das Pixel XL zielen auf die breite Masse ab, aber ob die bereit ist, iPhone-Preise für ein Google-Phone zu bezahlen, wird sich zeigen müssen. Ich bin der Meinung, dass kein Handy 1000 Franken wert ist. Egal ob ein Apfel oder ein G drauf prangen. Das Pixel hab ich mir dennoch gekauft, weil ich eben doch ein Konsumopfer bin und gerne das Neuste und Beste besitze. Diese beiden Ansprüche erfüllt das Pixel XL zu 100 Prozent. Mir gefällt das Design, es fühlt sich hochwertig an, liegt gut in der Hand, der Akku ist ausdauernd, die Performance über alle Zweifel erhaben und die Kamera knipst zuverlässig. Dazu erhalte ich immer die neuste Android-Version und Sicherheitsupdates. Der Google Assistant ist eine praktische Dreingabe. All das ändert nichts daran, dass man einen Arm und ein Bein dafür hergeben muss, obwohl es günstigere Geräte gibt, die fast so gut sind. Ich bin trotzdem fast wunschlos glücklich (einzig die fehlende 64GB-Version nervt).

Das Pixel

Google Pixel (128 GB, Quite Black, 5", Single SIM, 12 Mpx, 4G)
Smartphone

Google Pixel

128 GB, Quite Black, 5", Single SIM, 12 Mpx, 4G

Google Pixel (32 GB, Quite Black, 5", Single SIM, 12 Mpx, 4G)
Smartphone

Google Pixel

32 GB, Quite Black, 5", Single SIM, 12 Mpx, 4G

Google Pixel (32 GB, Very Silver, 5", Single SIM, 12 Mpx, 4G)
Smartphone

Google Pixel

32 GB, Very Silver, 5", Single SIM, 12 Mpx, 4G

Google Pixel (128 GB, Very Silver, 5", Single SIM, 12 Mpx, 4G)
Smartphone

Google Pixel

128 GB, Very Silver, 5", Single SIM, 12 Mpx, 4G

Das Pixel XL

Google Pixel XL (32 GB, Quite Black, 5.50", Single SIM, 12 Mpx, 4G)
Smartphone

Google Pixel XL

32 GB, Quite Black, 5.50", Single SIM, 12 Mpx, 4G

Google Pixel XL (128 GB, Quite Black, 5.50", Single SIM, 12 Mpx, 4G)
Smartphone

Google Pixel XL

128 GB, Quite Black, 5.50", Single SIM, 12 Mpx, 4G

Google Pixel XL (32 GB, Very Silver, 5.50", Single SIM, 12 Mpx, 4G)
Smartphone

Google Pixel XL

32 GB, Very Silver, 5.50", Single SIM, 12 Mpx, 4G

Google Pixel XL (128 GB, Very Silver, 5.50", Single SIM, 12 Mpx, 4G)
Smartphone

Google Pixel XL

128 GB, Very Silver, 5.50", Single SIM, 12 Mpx, 4G

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Als Game- und Gadget-Verrückter fühl ich mich bei digitec und Galaxus wie im Schlaraffenland – leider ist nichts umsonst. Wenn ich nicht gerade à la Tim Taylor an meinem PC rumschraube, oder in meinem privaten Podcast über Games quatsche, schwinge ich mich gerne auf meinen vollgefederten Drahtesel und such mir ein paar schöne Trails. Mein kulturelles Bedürfnis stille ich mit Gerstensaft und tiefsinnigen Unterhaltungen beim Besuch der meist frustrierenden Spiele des FC Winterthur. 


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