Saurvival: Dinosaurier aus Schlieren
Hintergrund

Saurvival: Dinosaurier aus Schlieren

Jessica Dolman und Marc Tanner aus Schlieren sind Eltern von zwei kleinen Kindern und haben in den letzten drei Jahren «Saurvival» entwickelt. Eine Mischung aus Brett- und Kartenspiel dessen Ziel es ist, den T-Rex zu besiegen.

Ich bin leicht verschwitzt, als mir an diesem ersten, schönen Juni Nachmittag die Schweizer Spieleentwickler Jessica Dolman und Marc Tanner die Türe zu ihrer Privatwohnung öffnen. Die Begrüssung mit der Faust ist etwas unbeholfen. Seit eineinhalb Jahren ist es mein erster Einsatz draussen. Ich wollte auf jeden Fall mit eigenen Augen sehen, in was das Paar Hunderte von Stunden ihrer Freizeit investiert hat. Ihr Erstlingswerk «Saurvival» liegt vor uns auf dem Tisch.

Der Prototyp von «Saurvival».
Der Prototyp von «Saurvival».

In «Saurvival» tauchst du in eine Welt voller wilden Dinosaurier ein und versuchst darin zu überleben. Zu Beginn des Spiels erhältst du ein paar Spielkarten mit einfachen Gegenständen. Doch um den T-Rex zu besiegen – was das Ziel im Spiel ist – musst du dir weitere Gegenstände und Dinos in Form von Spielkarten suchen, erkämpfen oder herstellen.

Wir lieben es, kreativ zu sein

Ihre Küche ist übersät mit Kinderartikeln. Hochstuhl, Babyflaschen, Spielzeuge. Doch weit und breit ist kein Kind in Sicht. «Damit wir ungestört reden können, hat die Oma unsere beiden Söhne auf einen Spaziergang nach draussen genommen. Sie besuchen zusammen den Spielplatz um die Ecke», beantwortet mir Marc meine Frage. Die kleine Unordnung in der Wohnung liegt wohl einerseits an den gemeinsamen Kindern, lässt aber auch auf die Kreativität der beiden schliessen.

T-Rex. Der gefürchtete Endboss in «Saurvival».
T-Rex. Der gefürchtete Endboss in «Saurvival».

«Wir lieben es, uns kreativ auszutoben. Da wir selber oft Spiele spielen, offline oder am Computer, kamen wir vor drei Jahren auf die Idee, unser eigenes Brettspiel zu machen», erklärt mir Jessica den Ursprung von «Saurvival». Auf die Frage, wieso sie sich für Dinosaurier entschieden haben, sagen beide wie aus der Kanone geschossen: «Weil Dinos cool sind!» «Zudem sind Dinos zeitlos und machen auch Erwachsenen noch immer Spass», ergänzt Jessica. «Sie geben dem Spiel den von uns gewollten Abenteuer-Vibe. Dinos tauchen während des Spiels plötzlich auf und müssen bekämpft werden. Dabei kannst du sie in dein Deck integrieren, um wieder andere Dinos oder auch Mitspieler mit ihnen zu bekämpfen.»

«Saurvival» ist zwar ein Brettspiel, wird aber lediglich mit Karten gespielt. Der Grund hinter dieser Entscheidung erklärt mir Marc: «Wir haben viele verschiedene Spielmechaniken ausprobiert. So wurde die Bewegung vom T-Rex am Anfang noch gewürfelt. Auch machten wir uns Gedanken über Münzen, mit welchen am Marktplatz im Spiel gehandelt werden können. Wir finden aber simple Spiele, die trotzdem in die Tiefe gehen und komplex sind lässig und haben uns deshalb gegen diese Materialschlacht entschieden. Wie viele Felder der T-Rex pro Runde läuft und in welche Richtung er sich bewegt definieren verschiedene Zahlenwerte auf den Karten. Auch der Wert jeder Karte ist mit einem bestimmten Betrag gekennzeichnet, mit welchem du auf dem Marktplatz andere Gegenstände handeln kannst.»

Die Zahlen auf den Karten haben grossen Einfluss auf das Spielgeschehen.
Die Zahlen auf den Karten haben grossen Einfluss auf das Spielgeschehen.

Eine spielbare Version stand bereits im Sommer 2019

Nach dem Entscheid, sich in «Saurvival» auf Spielkarten zu fokussieren, ging es für das Paar aus Schlieren zuerst mal an den Zeichnungsblock. «Wir haben uns bei jeder Karte lange Gedanken darüber gemacht, ob sie ins Spiel passen oder nicht. Uns war sehr wichtig, dass keine Karte doppelt vorkommt und jeder Dino und jeder Gegenstand ein Einzelstück ist», erinnert sich Jessica an den kreativen Prozess. Weit über 1000 Stunden investierten Jessica und Marc in die Entstehung von «Saurvival». Im Sommer 2019 hatten die zwei schlussendlich eine spielbare Version mit 165 unterschiedlich gestalteten Karten.

«Dann ging es ans Testen», ergänzt Marc. «Viele Kollegen, Freunde und Familienmitglieder halfen uns über etliche Stunden hinweg, die Spielmechanik und Karten auf Herz und Nieren zu prüfen. «Saurvival» haben wir in dieser Zeit stetig weiterentwickelt.» Da Hersteller von Brettspielen nur eine Serienproduktion anbieten, mussten Jessica und Marc ihre Prototypen von verschiedenen Quellen zusammentragen. «Die Karten machte uns Firma A, das Spielbrett Firma B und die Figuren kauften wir ebenfalls woanders ein. Dadurch stiegen die Kosten für einen Prototyp auf ungefähr 150 Franken», rechnet mir Jessica vor. Ein hoher Betrag für ein Spiel, das hauptsächlich aus Karten besteht.

Jessica und Marc mit ihrem Brettspiel «Saurvival».
Jessica und Marc mit ihrem Brettspiel «Saurvival».

«Immer mehr Freunde wollten das Spiel von uns kaufen, wir besassen aber lediglich ein paar wenige Prototypen», sagt Marc. «Unser Spiel einem Verlag zu übergeben kam für uns jedoch nie infrage. Wir wollen die Idee nicht aus der Hand geben und selbstbestimmt entscheiden können, was mit «Saurvival» passiert.»

Professionelle Produktion erst ab 300 Exemplaren

Als Privatperson ein Brettspiel in der Schweiz zu vertreiben ist sehr aufwendig, wenn nicht gar unmöglich. Denn ohne Kontakte zu Lieferanten und Verkaufsstellen kriegt man fast keinen Fuss in den Markt. Auch das wollte das Paar aus Schlieren nicht: «Uns macht die kreative Arbeit an einem Brettspiel Spass. Vertrieb und Marketing hingegen nicht. Wir haben zwei kleine Kinder und einen Job. «Saurvival» soll für uns ein Hobby bleiben, das uns Spass macht.»

Also bleibt Jessica und Marc nur noch eines übrig: Crowdfunding.

«Die meisten Hersteller haben eine Mindestmenge von 1000 Exemplaren. Wir haben aber eine kleine Produktionsfirma gefunden, die uns «Saurvival» bereits ab 300 Stück herstellt. Dafür müssen wir mindestens 12 000 Franken übers Crowdfunding einnehmen», erklärt mir Jessica die Finanzierung. «Erreichen wir das, sind erst die Produktionskosten gedeckt. Den Versand würden wir aus eigener Tasche bezahlen.»

Aktuell fehlen noch ein paar Franken, bis das Finanzierungsziel erreicht ist. In ein paar Tagen ist das Crowdfunding zu Ende. Falls du auf der Suche nach einem lokalen Brettspiel sein solltest, das vermutlich nie im Handel erscheint, solltest du auf ihrer Crowdfunding-Seite vorbeischauen und dir ein Exemplar sichern. Willst du das Spiel vor dem Kauf erst noch testen, kannst du das im Brettspielkaffee «DuBischDra» in Zürich Altstetten tun. Dort liegt ein Exemplar von «Saurvival» zum Spielen bereit. Und falls du Glück hast, triffst du vor Ort Jessica und Marc, die dir ihr Spiel gerne näher erklären und mit dir eine Partie spielen.

Während der Stunde bei Jessica und Marc schenkten sie mir nicht nur einen Einblick in die Entstehung ihres Erstlingswerks, sondern gaben mir ihre Philosophie mit. Nicht aus jedem Hobby muss ein gewinnbringendes Business entstehen. Die beiden haben Spass und stecken andere Menschen damit an. Sie sind der Beweis, dass auch du mit genügend Kreativität und Ausdauer dein eigenes Brettspiel erfinden kannst. Weil bald das Grosi mit den Kleinen vor der Tür steht, verabschiede ich mich von den zweien wieder mit der Faust. Diesmal so gar nicht unbeholfen.

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Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.


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