Smartphone-Nutzung
Weisst du, wie das Thema in deiner Badi geregelt ist?
Smartphones sind in Badis so verbreitet wie Sonnencreme und Glacé. Das kann unangenehm sein, weil überall Kameras sind – und schnell gefährlich werden, wenn Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzen.
Sofern du in den letzten Jahren Zeit zwischen Frosch-Rutschen, Wasserfontänen und halb versunkenen Plastikeimern verbracht hast, wirst du solche Situationen kennen: Die Planschbecken-Bevölkerung ist in zwei Lager gespalten. Auf der einen Seite die Eltern, die ihr Kind an der Hand halten und eng begleiten. Auf der anderen Seite diejenigen, die etwas abseits sitzen – und ihr Smartphone mindestens so häufig im Blick haben wie die Lage im Pool.
Sie nähern sich, wenn überhaupt, zum Fotografieren und Filmen. Das ist nicht nur für Badegäste ein Problem, die sich in ihrer Privatsphäre gestört fühlen. Sondern auch für Badmeisterinnen und Badmeister, die im Zweifel schlichten müssen und in unangenehme Diskussionen verwickelt werden.
So entsteht zusätzlicher Stress fürs Personal und lenkt von dessen wichtigster Aufgabe ab, für Sicherheit am und im Wasser zu sorgen. Dabei gäbe es auch ohne die allgegenwärtigen Bildschirme in der Badi genug zu tun, denn die Gefahr mit kleinen Kindern am Wasser wird von vielen Erwachsenen immer noch stark unterschätzt. Nur acht Prozent der Männer und 22 Prozent der Frauen sind sich bewusst, dass Kleinkinder lautlos und schnell ertrinken können. Selbst in nur wenige Zentimeter tiefem Wasser. Einmal stolpern genügt, damit die Lage lebensgefährlich werden kann.
«Der schwere Kopf zieht ein kleines Kind automatisch nach vorne und unten», schreibt die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG und nennt das Handy ebenfalls als potenzielle Gefahrenquelle Nummer eins: «Behalten Sie Ihr Kind stets unter Aufsicht und lassen Sie sich nicht durch Ihr Smartphone oder Gespräche ablenken.» Diese vermeintliche Selbstverständlichkeit gebetsmühlenartig zu wiederholen, ist wichtig. Denn Ertrinken ist immer noch die zweithäufigste Unfall-Todesursache bei Kindern.
Mit dem Aufkommen von Smartphones und mobilem Internet stiegen die Unfallzahlen bei Kleinkindern generell an. Anders als auf Spielplätzen lässt sich der direkte Zusammenhang bei Vorfällen am Wasser besser erkennen. Weil Badmeisterinnen oder andere Gäste eingreifen müssen, um Kleinkinder zu retten. Die Eltern finden sie nicht selten in der Nähe sitzend – und in ihr Smartphone vertieft.
«Wegen Handys haben wir mehr Rettungseinsätze als früher», zitiert «Der Bund» Michael Kunz, inzwischen Ehrenpräsident des Schweizerischen Badmeister-Verbands. Ein generelles Smartphone-Verbot in Badis gibt es trotz entsprechender Forderungen nicht. Die Regeln sind unterschiedlich, häufig schwammig formuliert und schwer durchzusetzen.
Zwei Beispiele: In der Verordnung über die städtischen Bäder Bern sind Handys nicht erwähnt, dafür steht dort: «Die Badegäste und die weiteren Benutzerinnen und Benutzer der Anlage nehmen Rücksicht aufeinander und unterlassen alles, was die andern Gäste belästigt oder sie selber oder andere gefährdet.»
Für die Badeanlagen der Stadt Zürich heisst es explizit: «Es gilt ein Foto- und Videoverbot. Aufnahmen von Sonnenuntergängen sind aber in Ordnung, solange keine (fremden) Personen darauf zu sehen sind.» Beide Ansätze zeigen schon, wie schwer die Regeln zu überwachen sind und wie viel Fingerspitzengefühl das Personal dafür benötigt.
Weisst du, wie das Thema in deiner Badi geregelt ist?
Ein schnelles Foto für die Grosseltern, per WhatsApp erreichbar sein, die Pommes am Kiosk bezahlen – das Smartphone gehört nun mal zu unserem Alltag und ist inzwischen längst wasserdicht. Das verbessert die Lage für Badmeister nicht. Wie sollen wenige Personen im Blick behalten, was im Getümmel mit den Geräten alles passiert? Häufig können sie nur an die Vernunft der Badegäste appellieren. Auch der Verband Hallen- und Freibäder setzt in seiner Plakat-Kampagne notgedrungen auf Eigenverantwortung.
Ein Tag in der Badi kann mit Kleinkindern so anstrengend sein, dass Eltern heilfroh sind, wenn der Nachwuchs aus dem Gröbsten raus ist. Können die Kinder dann erste Schwimmzüge machen, überschätzen die Eltern oft deren Fähigkeiten und wiegen sich in trügerischer Sicherheit. Eine Sicherheit, die auch Schwimmhilfen nur begrenzt erhöhen. Die Eltern bleiben in der Pflicht – obwohl manche zu glauben scheinen, dass sie die Verantwortung an der Kasse abgeben.
Auch wenn die Nichtschwimmer-Bereiche in meinem Leben keine grosse Rolle mehr spielen, werden mir einige heikle Situationen in Erinnerung bleiben. Von Kleinkindern, die für einen kurzen, langen Moment mit dem Gesicht nach unten im flachen Wasser liegen. Oder strahlend und angstfrei ins tiefe Becken springen, um von Fremden wieder an die Oberfläche gezerrt zu werden. Zum Glück haben viele immer noch einen Blick dafür, wo eine gefährliche Situation entstehen könnte – und lassen Smartphone, Bücher und Zeitschriften dort, wo sie beim Baden mit Kleinkindern hingehören: in der Tasche.
Was beobachtest du beim Badi-Besuch? Fühlst du dich durch Smartphones gestört oder hast du ebenfalls schon unangenehme Situationen erlebt? Wie nimmst du die Arbeit der Badmeisterinnen und Badmeister wahr? Erzähle davon in einem Kommentar.
Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.