Sony MDR-1000X im Test: Die neue Referenz für Audiophile mit Lärmallergie?
Hintergrund

Sony MDR-1000X im Test: Die neue Referenz für Audiophile mit Lärmallergie?

Der Sony MDR-1000X ist ein hochwertiger Over-Ear-Kopfhörer mit Headsetfunktion, der sowohl am Kabel wie auch via Sonys hauseigenem LDAC-Bluetooth betrieben werden kann. Oben drauf verfügt er auch noch über Noise Cancelling. Ist Sony der grosse Wurf gelungen?

Der MDR-1000X, macht im Neuzustand nicht nur optisch, sondern auch beim Anfassen eine gute Figur. Dies obwohl der Hörer, abgesehen vom hochflexiblen Stahlbügel mehrheitlich aus Kunststoff gefertigt ist. Beim offenbar schon gebrauchten beige-farbigen Exemplar, das avguide.ch zum Test erhielt, war bereits an zwei Stellen die edle Metallfarbe vom Kunststoff abgesplittert und ein rein optisch billig wirkender, dunkler Kunststoff trat hervor. So sollte man den Hörer, um seine Schönheit auch über längere Zeit zu bewahren, sorgfältig behandeln und ihn im mitgelieferten Case aufbewahren.

Die angenehm anzufühlenden Ohrpolster, die laut Sony einmal aus echtem Leder, ein andermal aus weichem Kunststoff bestehen, sind scheinbar etwas schmal ausgefallen. Doch das täuscht, denn sie sind teilweise hinter einem Schallschutzring versteckt. Wer den Hörer aufsetzt staunt, wie stabil und auch auf die Dauer angenehm dieser 275 Gramm leichte Hörer am Kopf sitzt.

Der MDR-1000X kennt drei Betriebsarten:

  • 1: Passiv via Kabel, wenn zum Beispiel der Akku leer ist
  • 2: Aktiv am Kabel, wo der Klang elektronisch linearisiert wird.
  • 3: Ohne Kabel via Bluetooth.

Natürlich ist der mobile Hörer mit einer Freisprecheinrichtung ausgerüstet und spielt, nachdem er mindestens 4 Stunden geladen wurde im ungünstigsten Fall, also mit Bluetooth und Noise Cancelling rund 20 Stunden.

Raffiniert einfach und dennoch komfortabel

Die Bedienung des Hörers ist raffiniert und komfortabel. Die drei Drucktasten an der linken Ohrmuschel, die zu Beginn etwas schwierig zu erfühlen sind, haben folgende Funktionen:

  • 1: On-Off - Pairing
  • 2: Noise Cancelling On-Off / NC - Optimierer,
  • 3: Ambient Sound in zwei Stufen.

Audiophile Hörer sollten sich bewusst sein dass, wenn der Hörer aktiv geschaltet wird, automatisch das leider doch etwas klangvermindernde Noise Cancelling hinzugeschaltet wird. Wer in ruhiger Umgebung so richtig audiophil Musik hören will, schaltet das NC mit Vorteil ab.

Die rechte Ohrmuschel ist berührungsempfindlich. Zweimal antippen und die Musik beginnt, stoppt oder man nimmt Anrufe entgegen. Wischt man mit dem Finger von unten nach oben, wird die Lautstärke erhöht, beim Wischen von oben nach unten, erniedrigt. Einen Track vor, oder zurückgehen, kann man durch Wischen nach vorne oder hinten.

Das Noise Cancelling hat immer volle Wirkung, egal ob Lärm vorhanden ist oder nicht. Man erinnere sich an den Sennheiser PXC 550 dessen Noise Cancelling nur dann eingreift, wenn Lärm vorhanden ist. Besonders sensible Hörern/Hörerinnen klagen ab und zu über einen gewissen Druck auf das Trommelfell, das sie beim Einschalten des Noise Cancellings verspüren. Das kann beim MDR-1000X durchaus der Fall sein, nicht aber bei einem PXC 550. So probiert das jeder am besten selbst mal aus, ob ihn das stört. Meine Wenigkeit gehört offenbar zu den «nicht sensiblen» Personen, die den gewissen unangenehmen Druck aufs Trommelfell nicht verspüren. Das kann bei mir aber auch als «Deformation professionell» bezeichnet werden....

Der nicht gerade kleine MDR-1000X lässt sich elegant im Case verstauen.

Wer das Noise Cancelling kurz mal ausschalten will, kann hier ganz einfach die Hand auf die recht Ohrmuschel zu legen und schon hört man was da draussen vor sich geht. Drückt man zwei Sekunden lang auf die NC-Taste, wird ein Optimierer gestartet, der das NC optimal an den Gehörgang und den Lärm der Aussenwelt anpasst, um die bestmögliche Lärmvernichtung zu erzielen.

Um auch beim Musikhören noch etwas von der Umgebung mitzubekommen sind die beiden Modi «Ambient Normal» und «Ambient Voice» vorhanden. Dieser geschlossene Hörer benimmt sich dann etwa so wie ein Kopfhörer in halb- oder ganz- offener Bauweise, der noch Umgebungsgeräusche zum Gehör lässt, was gerade bei Durchsagen in Bahnhöfen oder beim Überwachen von Kleinkindern sinnvoll sein kann. Die Stellung «Ambient Normal» lässt praktisch alle Umgebungsgeräusche zum Gehörgang, während auf Stellung «Ambient Voice» nur Frequenzen oberhalb 200 Hz durchgelassen werden.

High-End Bluetooth

Obwohl der MDR-1000X auch das Bluetooth mit aptX unterstützt, hat man ihm auch das hauseigene LDAC-System spendiert, das eine Übertragungsrate von bis zu 990 kbit/s erreichen soll. Das liegt dann schon sehr nahe bei einer CD-Qualität, noch nicht aber bei echtem HighResolution.

Die interne DSEE HX-Klangverbesserung soll zudem die bei einer Datenreduktion (MP3, AAC etc. ) herausgetrennten Klanganteile wieder hinzufügen und den Klang auf ein HighResolution-Niveau bringen. Doch dies ist eine kühne Behauptung, die nicht nur ich stark anzweifle.

Achtung Kratzer. Die mit Metallfarbe versehenen Kunststoffteile der beige-farbigen Ausführung müssen sorgfältig behandelt werden.

Wer misst, misst nicht immer Mist

Im Audiolabor von avguide.ch wurde der DRM-100X zusammen mit Kopfhörern wie dem Bose QC 35 und dem Sennheiser PXC 550 ausgemessen. Gemessen wurden Frequenzgang, Wirkung der Ambient-Modi und der Wirkung des Noise Cancellings.

Der Frequenzgang im passiven Betrieb, also dann wenn der Akku leer wäre, ist beim MDR-1000X sehr unausgeglichen und zeigt neben einer Anhebung bei 100Hz bei 2 kHz eine drastische Delle. Wie das dann klingt, zeigt der Hörtest. Ganz anders präsentiert sich der Frequenzgang im aktiven Modus. Hier wird der Frequenzgang dermassen linearisiert, dass von der vorhin erwähnten Anhebung und der Delle rein gar nichts mehr festzustellen ist.

Erfreulich ist, dass sich die Frequenzgänge am Kabel und via Bluetooth kaum unterscheiden. Dies sagt allerdings noch wenig über die feinen Klangunterschiede im HiRes-Bereich aus. Die Messung des «Ambient Sound» zeigt, dass auf der Stellung «Normal» ausser einer Mittenabsenkung das volle Spektrum des Umgebungsschalles zum Gehört geschickt. Bei der Stellung «Voice» jedoch werden die tieferen Frequenzen unterhalb 200 Hz zurückgehalten. So sind vor vor allem Stimmen hörbar, aber kein tieffrequenter Motorenlärm. Die Messergebnisse des Noise Cancelling weisen den Hörer klar zur Spitzenklasse zu. Hier ergab sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Bose QC35 und dem MDR-1000X das keiner für sich entscheiden konnte. Je nach Frequenzlage dämpfte mal der eine, mal der andere Hörer, den Umgebungslärm besser ab.

Den Sony MDR-1000X gibt es in beige oder schwarz.

Passiv mässig - aktiv sehr gut

Der MDR-1000X kann, auch wenn der Akku leer ist, munter weiter spielen. Allerdings ist dann der Klang topfig und kraftlos. Wie unsere Messungen im avguide.ch-Audiolabor zeigten, ist der Frequenzgang hier nicht sehr ausgewogen und dementsprechend ist auch der Klang. Im aktiven Modus, ohne eingeschaltetes Noise Cancelling, klingt der Hörer wie verwandelt - ausgewogen, räumlich und brillant ohne jedoch durch irgendwelche aufgeblähte Tonlagen zu nerven. So reicht der Bass bis in den tiefsten Frequenzkeller ohne diesen jedoch, wie es gewisse trendige Hörer so tun, zum Dröhnbass aufzublähen. Nein hier fehlen billige klangliche Tricks, da herrscht ein sauberer HiFi-Klang.
So lässt sich ein Violinkonzert, eine BigBand oder auch mal knallharter Rock mit Genuss anhören. Durch seine Ausgewogenheit ist der Hörer ein echter Hansdampf in allen Gassen, der in allen Musik-Stilrichtungen lustvoll aufspielt.

Effizienter Lärmkiller

Aktiviert man das Noise Cancelling, verschlechtert sich der Klang kaum merklich. Bei klassischer Musik verringert sich die Klangdefinition der feinen Cembalo-Zupferchen und die Klangfarben der Streicher büssen an Klangfarbe ein. Dasselbe Spiel dann bei Beckenschlägen und anderen perkussiven Instrumenten die geringfügig an Brillanz und Vitalität verlieren. Der grosse Gewinn an Klarheit des Klangbildes in lärmiger Umgebung steht jedoch einem keinem Verhältnis zur doch recht geringen Klangverschlechterung.

Was die Messungen ja schon antönten, zeigt sich beim Vergleich des bisherigen Noise Cancelling - Klassenprimus Bose QC 35 und dem MDR-1000X: Je nach Art des Lärmes hat mal der eine und mal der andere Hörer punkto Lärmvernichtung die Nase vorne. Beide Hörer zeigen das heute Mögliche in Sachen Lärmvernichtung.

Auch in belebter und lärmiger Umgebung Musik in hoher Qualität geniessen: Sony MDR-1000X.

KO-Schlag für iPhone

Ein höchst brisanter Vergleich besteht nun darin, die im WAV-Format gerippte CD mit Vivaldis Violinkonzerten mit Andrew Manze und dem Ensemble «The English Concert» einmal ab iPhone und einmal über den Sony NW-A35 HiRes-Player via Bluetooth anzuhören. Das iPhone, das ja aptX nicht unterstützt, lässt die Streicher zwar nicht gerade hässlich erklingen, unterschlägt jedoch ziemlich viele klangliche Details und erinnert an eine datenreduzierte MP3- oder AAC-Wiedergabe. So ist das audiophile Musikvergnügen doch sehr begrenzt.

Ganz anders dann via dem NW-A35 mit seinem LDAC-Bluetooth-System. Ja hier ist die ganze herrliche Stimmung dieser barocken Streicherwerke vom tiefsten Kontrabass über die Celli und Bratschen bis zur höchsten Violine deutlich zu vernehmen. Die Klangqualität entspricht in etwa der ursprünglichen CD! Dieselben Ergebnisse dann bei anspruchsvollem Jazz, Folk und Pop. Die Kombination von NW-A35 um dem MDR-1000X darf als ideales Gespann bezeichnet werden und stellt die Wiedergabe ab vielen Smartphones in den tiefsten Schatten.

Die Grenzen von LDAC

Nun kommt jedoch der härteste Test für das LDAC: Der Vergleich einer HiRes Aufnahme, einmal via Kabel und das andere mal über Bluetooth mit LDAC. Das Resultat ist rasch beschrieben. Bei MacLeods Blues Aufnahme «There's a time» (Reference Recording in Hires), wird die fantastische Live-Stimmung doch deutlich geschmälert. Zudem verliert MacLeods raue Stimm klar an Charakter. Bei Bach Violinwerken kommt die volle Schönheit Joshua Bells Stradivari nur übers Kabel voll und ganz zur Geltung. Via Bluetooth ist der Klang klar weniger gut definiert, es fehlt die zauberhafte, geheimnisumwitterte Aura Bells Stradivari.

Doch Hand auf's Her(t)z: Auch wenn man HiRes-Aufnahmen mit Vorteil über's Kabel anhört, auch via Bluetooth mit LDAC kommt Freude auf...

Fazit

Der Sony MDR-1000X gehört ohne Zweifel momentan zu den absolut besten ohrumschliessende Kopfhörern mit Noise Cancelling und einem ausserordentlich gut klingenden LDAC-Bluetooth. Allerdings ist er nicht gerade ein Schnäppchen und die beige-farbige Ausführung mit ihrer mit Metallfarbe versehenen Kunststoffteilen verlangt eine sorgfältige Behandlung.

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Als dipl. Musiker, EL. Ing. HTL und Gündungsmitglied der Internetplattform <a href="http://www.avguide.ch/" target="_blank">www.avguide.ch</a>, interessiert mich Elektronik vor allem dann, wenn sie Musik in höchster Qualität macht. So ist das Testen – sprich anhören, ausmessen und beschreiben von Lautsprechern, Verstärkern, Kopfhörern, HighResolution-Audio-Playern etc. – meine Leidenschaft. Daneben gilt für mich als aktiver Bass-Player: Ohne Bass keine Spass! 


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