
Hinter den Kulissen
Mehr KI und noch mehr Preistransparenz – das «Hackfest» liefert Ideen und Ergebnisse
von Martin Jungfer
Wo früher die Einkäufer die Lagerbestände manuell auffüllen mussten, macht das seit kurzem ein Programm namens AutoBuy. Hinter dem Projekt steht das Engineering Team Skyfall. Sie lassen sich in ihre Karten blicken.
«Mich allein ins Rampenlicht zu stellen, finde ich daneben», sagt Oliver Streuli, Teamleader Skyfalls. Team Skyfall ist eines der Engineering Teams, mit denen du als Leser oder Kunde nicht direkt etwas zu tun hast. Denn der Job des Teams ist dann getan, wenn du unsere Seite aufrufst. So geschehen mit AutoBuy, dem neuesten Streich des Teams.
AutoBuy macht das Leben der Einkäufer einfacher. Sprich: Die Leute, die dafür verantwortlich sind, dass die Lagerbestände mit deinen liebsten Produkten immer hoch sind, haben mehr Kapazität, um sich um Sonderfälle und dergleichen zu kümmern.
Hinter AutoBuy steckt viel Arbeit, viel Diskussion. Denn Skyfall pusht sich selbst. Die sieben Coder probieren stets neue Dinge aus. Während des Projekts AutoBuy haben sie aufgehört, als einzelne Entwickler an einzelnen Agile-Stories zu arbeiten, also Teile des Projektes in Einzelarbeit zu erledigen und dann zusammenzuführen.
«Ziel war es, dass jedes Teammitglied möglichst mit allen Stories in Berührung kommt», sagt Oliver, «denn so hinterfragen mehr Entwickler die Arbeit.»
So kommen mehr Ideen und mehr Wissen zusammen. Am Ende ist das Wissen breiter im Team verteilt. Das erfordert eine leicht abgeänderte Organisationsweise, die jede Story vertikal schneidet und dann in Tasks auftrennt. Und dann war da Mob Programming.
Dabei sitzt das ganze Team um einen einzelnen Bildschirm und nur ein Entwickler, Driver genannt, schreibt Code an der Tastatur, während die anderen Teammitglieder diskutieren. Alle paar Minuten wechselt der Driver, was dazu führt, dass sich automatisch jeder beteiligte Entwickler Gedanken zu einem Feature macht.
«Dabei haben wir gemerkt, dass wir viel voneinander lernen können», sagt Oliver. Das betreffe unter anderem den Programmierstil der einzelnen Teammitglieder. «Wenn jeder Entwickler individuell programmiert, sieht er zwar am Schluss das Resultat der anderen Entwickler, aber nie den Gedankenprozess, der dazu geführt hat.»
AutoBuy erleichtert den Job der Einkäufer. Vor einigen Tagen hat die Backend-Komponente eine grosse Marke überschritten: 75 Prozent aller Bestellungen werden über AutoBuy abgewickelt. Das lässt den Einkäufern mehr Zeit, sich auf Sonderfälle und andere Aufgaben zu konzentrieren. Denn AutoBuy errechnet, basierend auf einer Vielzahl von Daten aus allen Ecken des Gesamtsystems, Bestellvorschläge für die Einkäufer. Dabei unterscheidet die Arbeit Skyfalls zwei Vorschlagarten:
Die Bestellvorschläge werden für einen Zeitraum von sieben Tagen errechnet und können entsprechend im in-house hergestellten ERP angezeigt werden. Dort können die Einkäufer, auch Planner oder Buyer genannt, die Bestellmengen manuell anpassen. Und sie können Sonderfälle manuell von AutoBuy ausschliessen. Ein Feature aber macht dir als Kunde Freude. Wenn du etwas bestellst, das digitec oder Galaxus nicht an Lager hat, dann bestellt AutoBuy das Produkt einfach. Früher musste ein Planner auch das manuell erledigen, sofern der Lieferant keine Direktlieferung anbietet.
Vor AutoBuy hatten die Planner einen Einkaufsassistenten als Hauptwerkzeug. Dieser hat eine einfache lineare Rechnung angestellt, Regression und Ausreisser basierend auf den Verkäufen der vergangenen acht Wochen berechnet. AutoBuy ist intelligenter. Die Data Scientists bei Digitec Galaxus haben einen Algorithmus entwickelt, der die Verkäufe über die kommenden Wochen prognostiziert. Dieser berücksichtigt unter anderem:
Doch damit fängt die Berechnung des Vorschlages erst an. Es folgen dann andere Einflussfaktoren wie zum Beispiel:
«Einfach nur diese Faktoren miteinzubeziehen, hätte aber nicht ausgereicht», sagt Oliver.
Dem Team Skyfall war klar: Wenn AutoBuy effektiv und effizient sein soll, dann müssen die End User des Programms schon von Beginn an dabei sein. Denn Planner beachten beim Einkauf eine ganze Reihe von Faktoren, die in der Konfiguration reflektiert werden sollten.
Wie diese Faktoren zusammenspielen, wie sie funktionieren und eingestellt werden sollen, das wissen aber nur die Planner selbst, die bisher viel in Kopf- und Handarbeit erledigt hatten.
Sobald die Planner mit den Mitgliedern Skyfalls an einen Tisch gesessen waren, fiel den Engineers auf, was AutoBuy nicht kann und nicht sieht: Der Faktor Mensch.
«Die Planner haben enorm viel Wissen über die einzelnen Lieferanten. Sie kennen die Menschen, wissen, wie was läuft. Das ist im System nirgends abgebildet und daher kann AutoBuy nicht damit arbeiten.»
Damit kämpft Skyfall auch noch nach dem Launch. Einige Händler können noch nicht von AutoBuy erfasst werden, da der Bestellprozess bei ihnen komplexer oder ungewöhnlich abläuft. Doch Skyfall streckt hier nicht die Waffen: «Hier ist noch viel Potenzial für die Zukunft vorhanden», schreibt Oliver in einem internen Dokument.
Das ist aber noch nicht alles:
Skyfall aber war von der Idee überzeugt und hat mit der Arbeit angefangen. Doch 21 200 Zeilen Code, unzählige Sitzungen und Stunden später war AutoBuy so weit, dass das Programm produktiv werden konnte.
AutoBuy macht seine ersten offiziell produktiven Bestellungen Anfang Juli 2018. Noch sind Skyfall und das Produktmanagement in Alarmbereitschaft, für den Fall, dass AutoBuy einen Fehler macht oder abschmiert. Doch schnell können Planner und Engineers aufatmen: AutoBuy funktioniert. Erste Bestellungen werden reibungslos erledigt, Vorschläge kommen verlässlich und überprüft richtig rein und bestellte aber nicht lagernde Produkte werden automatisch bestellt.
Skyfall ist stolz.
«AutoBuy erspart mir etwa 45 Minuten Arbeit pro Tag», sagt Plannerin Chantal Stössel, zuständig für Fun Sport bei Galaxus.
Bisher musste sie zweimal pro Tag Lieferrückstände ausgleichen. Dies geschieht nun automatisch. Dazu verhindert AutoBuy, dass sie Lagerleichen einkauft, da das Programm auch Empfehlungen zum Nichteinkauf abgibt. Doch sie schwärmt vor allem für die kleinen Details: «AutoBuy erinnert sich einfach an mehr, als ich mich erinnern kann.» So denkt AutoBuy auch an die kleinen Dinge, Nischenprodukte und Zubehör, an das sie sich früher erst im Nachgang noch erinnert hat, und auch eher zufällig als systematisch.
Am Ende gewinnst du, als Kunde und als Leser. Die Einkäufer haben mehr Zeit, sich um anderes zu kümmern – immerhin fast vier Stunden mehr pro Woche – und das Lager wird strategischer, intelligenter und vollständiger gefüllt.
Heute, wenige Monate nach den ersten Tests kann Skyfall stolz verkünden, dass AutoBuy mehr als zwei Drittel aller Einkäufe tätigt. Das heisst zwar nicht, dass das Programm all das selbständig einkauft, aber AutoBuy überwacht drei Viertel aller Positionen – eine Position kann zum Beispiel «10 iPhones» sein – und schlägt den Plannern Einkäufe vor.
Apropos: Team Skyfall will dich wissen lassen, dass unser Engineering Verstärkung sucht. Wenn du mitmischen willst, dann sieh dir doch bitte folgende offene Stellen an:
Zusätzlich gibt es noch weitere Stellen im Product Development.
Wenn du noch mehr darüber erfahren möchtest, wie bei uns entwickelt wird, dann schau doch noch hier rein.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.