Deine Daten. Deine Wahl.

Wenn du nur das Nötigste wählst, erfassen wir mit Cookies und ähnlichen Technologien Informationen zu deinem Gerät und deinem Nutzungsverhalten auf unserer Website. Diese brauchen wir, um dir bspw. ein sicheres Login und Basisfunktionen wie den Warenkorb zu ermöglichen.

Wenn du allem zustimmst, können wir diese Daten darüber hinaus nutzen, um dir personalisierte Angebote zu zeigen, unsere Webseite zu verbessern und gezielte Werbung auf unseren und anderen Webseiten oder Apps anzuzeigen. Dazu können bestimmte Daten auch an Dritte und Werbepartner weitergegeben werden.

Hintergrund

Telegrafie – das Internet des 19. Jahrhunderts

David Lee
27.5.2025

Per Telegrafie konnten bereits vor über 150 Jahren Nachrichten und Bilder übertragen werden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen die Fotoübertragung und drahtlose Übermittlung hinzu. Die weltweite Datenvernetzung ist gar nicht so neu.

Die Vernetzung der Welt geschah nicht erst mit dem Internet. Zuvor gab es das Telefonnetz, das auch für die Datenübertragung genutzt werden konnte, etwa durch Faxgeräte. Aber auch das Telefonnetz war nicht das erste weltweite Kommunikationsnetz. Bereits im 19. Jahrhundert wurde ein weltweites Netz gebaut – das Telegrafennetz.

Mit Telegrafie meine ich in diesem Beitrag übrigens immer elektrische Telegrafie. Andere Formen der Telegrafie kannte die Menschheit schon lange: Nachrichten können mit codierten Lichtsignalen oder akustisch mit Trommeln übertragen werden. Die Reichweite solcher Methoden ist allerdings vergleichsweise bescheiden.

Wie funktioniert Telegrafie?

Telegrafie basiert darauf, dass sich Elektrizität in einem Draht fortbewegt. Am einen Ende der Leitung befindet sich ein Eingabegerät, am anderen ein Empfangsgerät. Das Eingabegerät in seiner ursprünglichen Form ist maximal simpel: Es besteht aus einer Taste. Durch Drücken wird der Stromkreis geschlossen und Strom durch die Leitung geschickt. Beim Loslassen der Taste erhebt sie sich und unterbricht damit den Stromkreis.

Ähnlich wie bei Klopfzeichen lässt sich durch die Abfolge von Signal und Signalpause ein Code erzeugen und so kann Information übermittelt werden. Dafür etablierte sich als Standard der Morse-Code. Er besteht aus kurzen Signalen, notiert als Punkt, langen Signalen, notiert als Strich, und Pausen. Mit dem Morse-Alphabet lassen sich Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen in elektrische Signale codieren und anschliessend wieder decodieren.

..-. ..- -. / ..-. .- -.-. - ---... / -.. . .-. / -- --- .-. ... . -.-. --- -.. . / ... - .- -- -- - / .. -. / ... . .. -. . .-. / .... . ..- - .. --. . -. / ..-. --- .-. -- / --. .- .-. / -. .. -.-. .... - / ...- --- -. / ... .- -- ..- . .-.. / -- --- .-. ... . .-.-.- / -.. . .-. / . .-. ..-. .. -. -.. . .-. / -.. . ... / ... -.-. .... .-. . .. -... - . .-.. . --. .-. .- ..-. . -. / .-.. . .. ... - . - . / .- -... . .-. / -.. .. . / ...- --- .-. .- .-. -... . .. - .-.-.-

Am anderen Ende der Leitung befindet sich ein Stift, der diese Signale als Ausschläge auf einen laufenden Papierstreifen zeichnet – ein sogenannter Schreibtelegraf. Später konnten diese Signale auch in ein Piepsignal umgewandelt werden. Für einen geübten Telegrafisten war dies einfacher, da er in der Lage war, den Morsecode schon beim Hören zu übersetzen und die Nachricht aufzuschreiben.

Die Anfänge des Telegrafennetzes

Die Leitungen wurden gerne entlang der Eisenbahnstrecken verlegt. So konnten auch Informationen über die Züge übermittelt werden. Eine Zeitlang war für Räuber die Eisenbahn eine sichere Fluchtmethode, da nichts schneller war als ein fahrender Zug. Mit Telegrammen änderte sich das. An den Bahnhöfen war man bereits über die Kriminellen informiert und erwartete sie mit Handschellen.

Unterseekabel: ein Abenteuer

Leitungen unter Wasser waren eine besondere Herausforderung. 1850 wurde zwischen Frankreich und England das erste Seekabel verlegt. Trotz der kurzen Distanz hielt es nur wenige Stunden. Es fehlte an einem geeigneten, widerstandsfähigen Isoliermaterial.

Die Welt wird vernetzt

Diese Karte vom Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt, wie viele Unterseeverbindungen es bereits gab. Selbst kleine Inseln mitten im Ozean waren erschlossen. Es gab sogar eine Verbindung durch den Pazifik von Australien nach Vancouver.

Auch konnte zu Beginn nur eine Nachricht gleichzeitig durch eine Leitung geschickt werden, später dank des Multiplex-Verfahrens ein paar wenige. So gelangten viele Nachrichten über Umwege ans Ziel, weil die direkte Route belegt war. Die beschränkte Kapazität und das manuelle Weiterleiten machten Telegramme sehr teuer. Gewöhnliche Menschen nutzten sie nur in besonders dringenden oder wichtigen Ausnahmefällen.

Bildtelegrafie

Das Telegrafennetz diente auch zur Übertragung von Bildern. Bereits 1855 liess der italienische Physiker Giovanni Caselli ein Gerät patentieren, das er Pantelegraph nannte. Es konnte einfache Bilder bis zu einer Grösse von 10x15 cm übertragen. Benutzt wurde es ab 1860 hauptsächlich in Frankreich, unter anderem zur Prüfung von Unterschriften bei Bankgeschäften.

Die Bilder mussten mit Tinte auf eine Zinkfolie gezeichnet werden. Zink ist elektrisch leitfähig, Tinte nicht. Eine Maschine tastete die Folie ab. Erkannte sie Zink, sendete sie ein Stromsignal, ansonsten nicht. So übermittelte sie ein Negativ zum Empfänger.

Drahtlose Telegrafie

1886 konnte Heinrich Hertz die Existenz von Radiowellen nachweisen. Dies bildete die Grundlage zur Entwicklung von Rundfunk und Funktelegrafie. 1897 gelang beim Bristolkanal die erste Übertragung über das offene Meer, über eine Distanz von knapp fünf Kilometern. Danach wurden schnell wesentlich grössere Distanzen erreicht. 1901 gelang Funkpionier Guglielmo Marconi die erste drahtlose Übermittlung über den Atlantik.

Die Funktelegrafie war wichtig für die Schifffahrt. Schiffe konnten zuvor nicht mit der Aussenwelt kommunizieren, wenn sie in Seenot gerieten. 1906 wurde der Notruf «SOS» eingeführt. Die Buchstabenkombination bedeutete nichts Bestimmtes, sondern wurde gewählt, weil sie eine besonders einfache Morsezeichenabfolge hatte: Dreimal Punkt, dreimal Strich, dreimal Punkt.

Die Titanic, die 1912 einen Eisberg rammte und sank, konnte andere Schiffe per Funktelegrafie verständigen. Nur dadurch überlebte ein Teil der Passagiere.

Tontelegrafie (besser bekannt als Telefon)

Das Telegrafennetz diente den ersten Gehversuchen der Telefonie, war fürs Telefon aber nur bedingt geeignet. Telefonie braucht eine höhere Übertragungsqualität und so begann der Ausbau des Telefonnetzes vor allem lokal, über kurze Strecken.

Das allmähliche Ende

In der Schweiz wurde der Staatsbetrieb PTT – Abkürzung für Post, Telefon, Telegraf – 1998 in Post und Swisscom aufgeteilt. Der praktisch bedeutungslos gewordene Telegrammdienst wurde im Zuge dieser Aufteilung 1999 eingestellt. In Deutschland konnten noch bis Ende 2022 Telegramme verschickt werden, allerdings nur innerhalb des Landes.

105 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


Hintergrund

Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Hintergrund

    Nicht mehr Glamour, sondern Staub: «Mafia 4» und der harte Alltag Siziliens um 1900

    von Kim Muntinga

  • Hintergrund

    Heute ist alles besser! 7 Gründe, warum Familienferien mit dem Auto immer angenehmer werden

    von Michael Restin

  • Hintergrund

    Wie «Half-Life 2» vor 20 Jahren Geschichte geschrieben hat

    von Philipp Rüegg