Tiger Rome: Wieso ich mich von einer Smartwatch nerven lasse
Produkttest

Tiger Rome: Wieso ich mich von einer Smartwatch nerven lasse

Livia Gamper
12.10.2017

Obwohl es zugegebenermassen schöne Smartwachtes auf dem Markt gibt, bin ich noch nie auf die Idee gekommen, mir eine zuzulegen. Aber jetzt hat meine letzte Smartwatch-freie Stunde geschlagen: Ich schnalle mir die Tiger Rome ums Handgelenk.

An immer mehr Handgelenken sehe ich die smarten Uhren um die Wette glitzern. Auch vermehrt bei Frauen. Trotzdem will ich keine. Es reicht mir komplett wenn ich meine Nachrichten auf dem Handy sehe. Mit der Smartwatch telefonieren kommt mir nicht in den Sinn. Sieht meiner Meinung nach einfach doof aus. Ich meine, stell dir jemand vor, der mit seinem Handgelenk spricht: Bist du vom Geheimdienst oder doch eher ein bisschen verwirrt?

Jetzt laufe ich auch mit einer Smartwatch durch die Gegend. Und ich kann euch jetzt schon sagen: Ich mag Smartwatches auch nach dem Test nicht.

Mein Testmodell heisst Tiger Rome. Meine Begeisterung hält sich in Grenzen, als Senior Editor Dominik Bärlocher, der auch die Bilder für den Artikel geschossen hat, mit der Schachtel an meinem Tisch steht. Er wäre nicht Dominik, wenn er nicht noch einige Worte verlieren würde. Dieses Mal sagt er aber nur: «Ich sage nichts zu der Uhr.»

Challenge accepted. Googlen können wir ja alle.

Was ist das für eine Uhr?

Bevor ich mich ins Internet stürze, überlege ich zuerst kurz selber. Der Name Tiger und das Logo sagen mir von irgendwoher etwas. Ein paar Stunden später kommt es mir in den Sinn: Die Geräte der Navigations-Marke Falk heissen Tiger Geo und das Logo sieht sehr ähnlich aus. Zugegeben, das ist jetzt nicht etwas, das der Durchschnittsnutzer weiss, aber wir bei digitec kennen unsere Pappenheimer schon.

Vom Produktmanager erfahre ich später, dass die Tiger Smartwatch von der Firma DASQ Electronics GmbH hergestellt werden. DASQ Electronics ist eine Tochterfirma von United Navigation GmbH, zu der auch die Marke Falk gehört.

Hat Dominik mir also eine Outdoor-Uhr in die Hand gedrückt? Fände ich toll.

Die Uhr sieht aber weniger toll aus. Ich finde die Uhr sieht aus wie eine Männeruhr. Eine kurze Diskussionsrunde in der Redaktion ergibt, dass Männer finden, die Uhr sieht aus wie eine Frauenuhr und Frauen finden, die Uhr sieht aus wie eine Männeruhr.

Was aber sicher ist, die Uhr sieht gross und recht klobig aus und es ist leider keine Outdoor-Uhr, wie ein Blick auf die Funktionen der Uhr zeigt.

Ein Problem bevor die Uhr überhaupt am Handgelenk ist

Die Uhr hat ein silbriges Metallarmband. Das ist viel zu gross eingestellt für mein Handgelenk. Von anderen Uhren kenne ich es so, dass sich der Verschluss relativ einfach verstellen lässt, dafür hat es so ein kleines Teil unten am Verschluss. Nicht so bei der Tiger Rome. Der Verschluss macht keinen Wank. Bin ich zu blöd?
Ein kurzer Blick in die Bedienungsanleitung (ja es gibt Leute, die Bedienungsanleitungen lesen) offenbart Schlimmes: Die Uhr muss von einem Uhrmacher angepasst werden.

Zum Glück haben wir einen ehemaligen Uhrmacher im Büro. Ich bringe ihm die Uhr und er lacht mich aus. Mit einem Sackmesser kann er den Verschluss einfach anheben und dann anpassen.

Mit dem Ziffernblatt sieht die Uhr weiblicher aus, es gibt aber noch vier andere Zifferblatt-Ansichten

Das nächste Problem

Gut, die Uhr ist an meinen Handgelenk. Das Armband fühlt sich nicht besonders gut an. Es ist auch nicht auswechselbar.

Die Uhr muss via Bluetooth mit dem Smartphone verbunden werden. Super, nochmal etwas, dass den sowieso schon schwachen und ständig leeren Akku meines iPhones aussaugt.
Das Betriebssystem ist übrigens nicht von Android sondern ein eigenes System von Tiger. Die Software ist dabei offensichtlich für ein eckiges Display gemacht. Leider ist das der Smartwatch aber rund. Das Problem äussert sich beim Antippen auf die Icons. Schade hat daran niemand gedacht.

Kaum verbunden klingelt die Uhr. Es ist ein lauter und nerviger Klingelton wie man ihn von den uralten Telefonen kennt. Ein Blick auf mein Handy zeigt: Es ruft mich gar niemand an. Mein Blick geht zurück auf die Smartwatch, die zeigt an: Bluetooth Verbindung verloren. Achso. Das Handy liegt zwar gleich neben der Uhr, aber kann’s mal geben.

«Livia, deine Uhr ruft schon wieder an»

Die Uhr klingelt immer wieder mal. Auch wenn ich sie auf lautlos gestellt habe. Ich gebe für den Moment auf und nutze die Uhr vorerst ohne Verbindung zum Smartphone. Im Büro ist das einfach zu nervig für meine Kollegen. Für mich auch.

Am Wochenende gehe ich mit einer Kollegin wandern. Es geht auf den Pilatus. Die Uhr kommt mit. Ich will die Uhr richtig testen und schalte die Bluetooth-Verbindung wieder ein. Was passiert, war klar: Die Uhr klingelt immer wieder. Vorallem im Zug scheint überhaupt keine Verbindung mehr möglich zu sein. Da wir nicht alleine im Zug sind, ist meine Kollegin bald etwas genervt. Gemeinsam versuchen wir das Klingeln auszuschalten. Es gelingt uns erst mit der App (hier im App Store oder im Google Play Store erhältlich), die man sich zur Auswertung der Daten auf das Handy laden kann.
Die Uhr hat eine Anti Lost Funktion, das heisst, es wird ein Alarm ausgelöst, sobald das Handy sich zu weit von der Watch entfernt. Der Radius lässt sich dabei sogar einstellen. Erst als wir diese Funktion komplett deaktivieren, gibt die Smartwatch endlich Ruhe. Finde ich schade, da mir mal mein Handy geklaut worden ist, hätte ich die Anti Lost Funktion gerne genutzt.

Der Schrittzähler läuft imfall nicht von alleine

Wir fangen an zu wandern. Es geht steil bergauf. Ich frage mich, wieviele Schritte ich wohl schon gemacht habe. Die Uhr zeigt null Schritte an. Super. Die Schrittzählerfunktion muss manuell gestartet werden. Darauf muss man auch erst mal kommen.

Als wir vier Stunden später endlich auf dem Gipfel des Pilatus ankommen nimmt es mich wunder, was für ein Puls ich habe. Die Uhr gibt mir bei jeder Messung unterschiedliche Werte an, pendelt sich dann beim dritten und vierten Versuch ein.

Die Sache mit dem Akku

Laut Hersteller soll der Akku drei Tage halten. Wie jemand auf diesen Wert gekommen ist, ist mir schleierhaft. Nutze ich die Uhr mit Bluetooth-Verbindung, muss ich sie jeden Tag laden. Ohne hält sie knapp zwei Tage durch.

Die Uhr hat eine Funktion die sich Smart Activate nennt. Sie dient dazu, dass sich das Display bei Bewegung einschaltet. Ich habe die Funktion gleich deaktiviert. Sie braucht Akku wie gestört und als ich die Uhr in der Nacht getragen habe hat mich das Display ständig geblendet.

Was mich sonst noch alles nervt

Die Uhr hat einen Schlaf-Monitor. Tönt erstmals toll. Ist es aber nicht. Das einzige was der Monitor macht ist, er stoppt die Zeit, in der du auf Start und Stop drückst. Und sagt dir dann immer dass du gut geschlafen hast. Ich habe einmal vergessen Stop zu drücken. Die Uhr hat mir gesagt, das ich 17 Stunden gut geschlafen habe, obwohl ich wach war und mich normal im Alltag bewegt habe. Schlaf-Monitor? Ich nenne das Stoppuhr.

Die Bedienung der Uhr ist relativ einfach und der Menüaufbau logisch. Was aber sehr störend ist, meistens nützt einmal tippen nichts. Das Display reagiert nur mit Nachdruck. Ich habe keine dicken Finger aber so oft wie ich am falschen Menüpunkt gelandet bin, könnte man meinen ich hätte riesige Wurstfinger.

Zur Uhr gibt es die App. Sie ergänzt die Uhr mit einigen Funktionen, macht aber auch nicht mehr, wie die Daten, die die Uhr sammelt grafisch darzustellen. Die Uhr errechnet den Kalorienverbrauch. Als Grundlage für die Berechnung nimmt sie aber nur die Schritte. Dass ich jeden Tag mit dem Velo ins Büro fahre, ist der Smartwatch total egal.

Die Ansicht der App. Mit der Aktivität sind die Schritte gemeint. Der Schlafmonitor liefert leider in der App falsche Zahlen, auf der Smartwatch wurden sie aber richtig aufgezeichnet

Der Lautsprecher der Uhr

Ist die Uhr mit dem Smartphone verbunden kann ich ein Telefongespräch mit der Uhr annehmen und dann mit der Uhr telefonieren. Ich habe das einmal zum Testen gemacht. Hat gut funktioniert. Es würde mir aber im Traum nicht einfallen ernsthaft mit der Uhr zu telefonieren. Das Handy muss ja sowieso immer dabei sein. Vielleicht wenn ich das Handy in der Handtasche nicht finden kann, wenn mich jemand anruft. Nein, wahrscheinlich auch dann nicht. Ich will nicht mit meinem Handgelenk sprechen und die anrufende Person auf Lautsprecher haben. Einfach nicht.

Als ich mit dem Handy im Büro Musik hören will, hat die Uhr einfach ungefragt meine Musik scheppernd und laut abgespielt. Das ist wohl passiert, weil ich zuvor Bluetooth-Kopfhörer mit dem Handy verbunden habe. Fand ich trotzdem eine unnötige Aktion der Uhr.

Das Wenige was an der Uhr gut ist

Ich will fair sein mit der Uhr. Sie hat ein paar Sachen, die mir gefallen haben:

  • Kabelloses Aufladen
  • Ladezeit nur ca 35 Minuten
  • Wecker mit angenehmen Klingeltönen
  • Alle Nachrichten vom Handy werden zuverlässig auf der Uhr angezeigt

Würde der Hersteller einige Punkte wie Schrittzähler, Schlafmonitor, Bluetooth-Verbindung, Bedienung und Kalorienberechnung verbessern, wäre die Uhr deutlich besser. Es ist also ein softwareseitiges Problem. Die Hardware der Uhr ist in Ordnung. Nach meinen zweiwöchigen Test hat die Uhr nur einen kleinen Kratzer am Bildschirm. Ich bin froh ist nicht mehr kaputt gegangen, da die Uhr so gross ist, bin ich öfters irgendwo angestossen. Das Gehäuse ist genug stabil.

Mein Fazit

Ich würde mir die Uhr nicht kaufen.

Das anfängliche Läuten der Uhr hat dermassen genervt. Der Akkuverbrauch sobald die Uhr mit dem Handy verbunden ist, hat mich gestört. Auch das fummelige Display enttäuscht.
Die Uhr ist zwar im erschwinglichen Preissegment, für mich geben die Funktionen aber deutlich zu wenig her.
Von einer Smartwatch kann ich erwarten, dass sie smart ist. Das ist diese Uhr aber leider nicht.

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Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival. 


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