
Ratgeber
Günstig und gut? Oder nur günstig? Die Galaxus-Thermosflasche im Test gegen die Konkurrenz
von Martin Jungfer
Thermosflaschen sind beliebt. Beim Kauf schaust du dir an, wie lange sie ein kaltes Getränk kühl hält und wie lange der Tee darin heiss bleibt. Doch Angaben der Hersteller sind mit Vorsicht zu geniessen.
An die 5000 Isolierflaschen warten bei Galaxus darauf, von dir gekauft zu werden. Wie also findest du die richtige Flasche für dich?
Damit eine Isolierflasche als solche bezeichnet werden darf, gibt es die Europäische Norm (EN) mit der Nummer 12546-1. Sie regelt, wie «Isolierbehälter zum Gebrauch im Haushalt» beschaffen sein müssen. Konkret steht dort auch, wie Warmhaltung und Wärmeverlust überprüft werden.
Das Isoliergefäß muss für (5 ± 1) min mit heißem Wasser (≥95 °C) bis zum Nenn-Füllvolumen vorgewärmt werden, dann ausgeleert und sofort bis zum Nenn-Füllvolumen mit siedendem Wasser (≥95 °C) gefüllt werden. Der Verschluss ist zu schließen. Das Isoliergefäß ist für 6 h ± 5 min bei Raumtemperatur (20 ± 2) °C stehenzulassen. Danach wird die Wassertemperatur gemessen.
Nun liefern die Hersteller aber in den seltensten Fällen eine Angabe, wie heiss das Wasser in ihren Flaschen nach der EN-Messung war. So schön das wäre, weil du dann einen fairen Vergleich machen könntest.
Stattdessen bekommst du von den Marken eine Information, wie viele Stunden ihre Flaschen ein Getränk «heiss» oder «warm» halten. Und das ist ein Problem. Wer nämlich definiert hier, was immer noch heiss oder nur noch warm ist? Richtig geraten: die Marke selbst.
So macht es sich 24 Bottles zum Beispiel ganz leicht. Für das komplette Portfolio ihrer Isolierflaschen mit dem Namen «Clima» steht da einfach:
Clima Bottle ist unsere Thermosflasche, die Ihr Getränk 12 Stunden lang heiss und 24 Stunden lang kalt halten kann.
Es gibt da aber noch die Schweizer Marke Sigg. Sie ist seit 2016 in chinesischen Händen, aber ich erhalte von dort die Auskunft, die ich mir gewünscht habe. Stefan Marusic ist bei Sigg Product Development Engineer. Er sagt, dass sie die Warmhaltefähigkeit der Isolierflaschen gemäss der in der EN 12546-1 definierten Methode messen.
Sie hören aber nicht nach sechs Stunden auf, sondern verlängern die Messreihe. Fällt die Temperatur der Flüssigkeit unter 60 Grad, ist sie für Sigg nicht mehr «heiss», erklärt Stefan. Und ergänzt: «Das ist aber kein Standard. Wenn ein Mitbewerber bis zu 45 Grad prüfen will, weil er der Meinung ist, dass das für ihn auch noch heiss ist, dann erhält er ein besseres Resultat – auf dem Papier.»
Sigg ist auch hier exakt. Eingefüllt wird Wasser mit einer Temperatur von 2 Grad. Ist es wärmer als 15 Grad, wird die Zeit gestoppt. Stefan Marusic betont, dass es bei allen Tests darum geht, ein standardisiertes und transparentes Verfahren zu haben. Hinter den Ergebnissen könne man dann auch guten Gewissens stehen, wenn die Kundinnen und Kunden fragen.
Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.
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Eine gute Isolierflasche sollte vor allem eine Sache gut können: isolieren. Also das, was du kalt oder heiss eingefüllt hast, sollte möglichst lange auf der Ausgangstemperatur bleiben. Dazu setzen so gut wie alle Hersteller auf das Prinzip Vakuumisolierung. Eine Isolierflasche ist doppelwandig. Zwischen innerer und äusserer Schicht gibt es ein Vakuum. So wird Wärmeleitung verhindert, weil zum Beispiel kalte Aussenluft nicht direkt auf die durch Tee oder Kaffee erwärmte Wand der Flasche einwirkt. Zusätzlich ist eine glatt polierte oder verspiegelte Innenwand hilfreich, um Wärmestrahlung zu reflektieren.
Und die gemessene Temperatur muss dann einen Wert erreichen, der ebenfalls in der EN definiert ist. Er richtet sich nach dem Volumen der Isolierflasche. So muss zum Beispiel das einst kochende Wasser aus einer 500-Milliliter-Flasche nach sechs Stunden noch mindestens 70 Grad heiss sein. Bei einer 1-Liter-Flasche sind es sogar 78 Grad. Das ist physikalisch übrigens fair, weil mehr Wasser mehr Wärmeenergie enthält und somit langsamer auskühlt. Magst du also heissen Tee, musst du schneller trinken – oder zumindest mehr mit dir herumtragen.
Egal, ob die Flasche für einen halben, ganzen oder für anderthalb Liter ist. Die 12/24-Angabe dient der Vereinfachung und wird sogar auf den Flaschenboden gedruckt. Auf meine Frage an den Kundenservice in Norditalien, wie 24 Bottles «heiss» definiert, habe ich auch nach vielen Tagen und einer Nachfrage bisher keine Antwort erhalten. Aber die simple Angabe ist auch nachvollziehbar: Ein Hersteller weiss ja nicht, ob du die Flasche durch die Sahara schleppst oder ob du dir für die Matterhorn-Tour ein Tässchen Tee vorstellst.
Konkurrent Chilly’s mit Sitz in London ist auskunftsfreudiger als 24 Bottles. Die freundliche Mitarbeiterin schreibt mir, dass mein Getränk in einer Flasche von Chilly’s «bis zu 12 Stunden lang auf einer warmen und trinkbaren Temperatur» gehalten wird. Sie erklärt mir aber, dass die genaue Temperatur variieren kann. Ist die Flasche zum Beispiel nicht oder nicht mehr voll, kühlt sich der Inhalt schneller ab. Häufiges Öffnen ist auch nicht förderlich für langes Warmhalten. Das ist so banal wie richtig, aber eben nicht sehr konkret.
Bei Sigg führt die selbst gesetzte strenge Grenze von 60 Grad dazu, dass sie im Vergleich zur Konkurrenz bei einigen Flaschen schlechter aussehen. So hält eine Thermosflasche für Kinder mit 0,5 Litern Inhalt «nur» fünf Stunden «heiss», dagegen übertrifft die gleich grosse «Meridian» mit 13 Stunden die Konkurrenz um eine Stunde. Und die für Outdoor-Abenteuer gemachte «Gemstone IBT» in der 1,1-Liter-Version schafft es sogar 18 Stunden lang, den Tee heiss zu halten.
Jetzt weisst du, dass eine Isolierflasche mindestens eine genormten Test bestehen muss, um als solche zu gelten. Wenn es allerdings darum geht, wie lange eine Flasche ein Getränk kühlt, dürfen die Marken machen, was sie wollen. Es gibt weder eine Norm noch eine Definition. Einige sprechen von «iced», andere von «cold», ohne das als Grad-Celsius-Zahl zu benennen. Man scheint sich irgendwie verständigt zu haben, dass «24 Stunden» cool klingt und zumindest einigermassen meistens erreicht wird.