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Hintergrund

Wird die Musik immer eintöniger? Teil 3: Der Beweis

David Lee
29.10.2019

Gibt es einen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass in den Charts je länger je mehr alles gleich klingt? Teil 3 der Serie liefert endlich klare Antworten.

Wird die Mainstream-Musik immer eintöniger? Viele rufen auf diese Frage sofort laut: «Ja!» Aber wie lässt sich das objektiv belegen, so dass ich weiss: das ist nicht nur mein persönlicher Eindruck, das ist eine Tatsache?

Dieser Frage gehe ich in einer mehrteiligen Serie nach. Der erste Teil befasst sich mit den Songtexten. Im zweiten Teil geht es um die harmonische Struktur, also um Akkordfolgen.

Beide Folgen haben die Frage nicht eindeutig beantworten können. Bei den Texten zeichnet sich zwar ein klarer Trend ab zu mehr Repetition. Aber nachweisbar gilt das nur für innerhalb eines Songtexts. Es ist nicht klar, ob sich die Gesamtheit der Songtexte auch immer ähnlicher wird.

Die Akkorde geben noch weniger Aufschluss. Maschinell ermittelte Akkorde sind oft fehlerhaft oder zumindest seltsam notiert. Akkordstrukturen von Hand zu untersuchen ist sehr aufwändig. Ich kenne nur eine Studie, die das getan hat. Sie zieht jedoch keinen historischen Vergleich und untersucht relativ wenige Songs.

Ich habe daher nach weiteren Kriterien und Studien gesucht, mit denen die Vielfalt der Songs gemessen werden kann. Und bin fündig geworden.

Automatische Ermittlung der Klangfarbe

Ein weiteres Kriterium, um die Vielfalt der Songs zu messen, ist die Klangfarbe. Dieser wird zu einem grossen Teil durch die eingesetzten Instrumente bestimmt. Zum Beispiel gibt es den typischen 80er-Jahre-Sound, der durch den exzessiven Einsatz von Synthesizern zustande kommt. Oft werden auch Bass und Schlagzeug von Synthesizern übernommen, mit jeder Menge künstlichem Hall.

Das Ergebnis dieser Studie ist eindeutig: Zwischen 1955 und 1965 gibt es einen Anstieg in der Klangfarben-Vielfalt, danach einen kontinuierlichen Niedergang.

Der Loudness War

Und das wird auch gemacht, seit vielen Jahrzehnten schon. Das ist vergleichsweise einfach messbar und dementsprechend gibt es zahlreiche Belege dafür.

Melodien und Harmonien – alles Millennial Whoop oder was?

Schliesslich behandelt die Studie auch den «Pitch», zu Deutsch die Tonhöhe. Nimmt man alle Tonhöhen zusammen, die gleichzeitig gespielt werden, lassen sich Akkorde ermitteln. Pitch bezieht sich also sowohl auf die Melodien als auch auf die zugrundeliegenden Harmonien.

Die Forscher haben ermittelt, dass es eine Entwicklung hin zu wenigen, häufigen Übergängen gibt im Vergleich zu früher. Im Klartext: Es gibt eine Tendenz zu immer gleichen Melodien und Harmonien.

In diesem Video führt Katy Perry bei 1:05 den «Millennial Whoop» mustergültig vor.

Den Begriff Milliennial Whoop hat Patrick Metzger in seinem viel beachteten Blog-Eintrag geprägt. Mit Hilfe seiner Leser hat er am Ende eine eindrückliche Liste mit Beispielen angefügt.

Hier ist eine Art Song, der ausschliesslich aus zusammengemixten Millennial Whoops besteht.

Klassifizierung mit der Spotify-Methode

Es gibt eine weitere Studie, die automatisch eine grosse Zahl Chart-Songs verglichen hat. Und ihre Methode hört sich vielversprechend an: Sie wird von Spotify benutzt, um den Usern ähnliche Songs vorzuschlagen.

Das Startup «The Echo Nest» hat eine Methode entwickelt, mit der Songs automatisch auf acht Kriterien analysiert, die zusammengenommen beschreiben, wie ein Song klingt. Echo Nest wurde 2014 von Spotify aufgekauft. Die Kriterien sind:

Das heisst aber noch lange nicht, dass heute alles gleich klingt und früher alles verschieden geklungen hat. Denn zu jeder Zeit gab es sehr ähnliche Nummer-1-Hits, aber auch sehr unterschiedliche. Zumindest gemäss der EchoNest-Berechnung.

Die zwei ähnlichsten Nummer-1-Hits stammen aus der ältesten Phase, 1958–1961:

Die zwei unterschiedlichsten Nummer-1-Hits von 2007 und 2011 klingen doch sehr verschieden:

Fazit: Ja, es ist tatsächlich so

Die hier vorgestellten Studien zeigen ein eindeutiges Bild: Die Chart-Musik wird immer uniformer. Das heisst nicht, dass die Musik insgesamt auch eintöniger wird, aber für den Mainstream trifft das sicher zu.

Der nächste Teil dieser Serie dürfte der spannendste werden, denn da geht es um die Gründe, warum das so ist.

Folge mir als Autor, um über weitere Artikel benachrichtigt zu werden. Und hier nochmal der Link zur Spotify-Playlist mit allen Beispielsongs dieser Serie.

Titelbild: 10,000 Hours von Dan + Shay/Justin Bieber

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


Hintergrund

Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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