Yaroslav Shuraev/Pexels
Hintergrund

Ausprobiert: Morgens kalt duschen – not!

Anna Sandner
22.5.2025

Begonnen habe ich diese Ausprobiert-Woche schon vor geraumer Zeit. Beendet habe ich sie immer noch nicht. Warum? Weil die Überwindung einfach zu groß ist.

Über zwei Monate ist es inzwischen her, dass ich aus der Community einen Vorschlag für eine neue gesunde Herausforderung bekommen habe:

Hallo Anna, ich lese oft, dass kalte Duschen extrem helfen sollen, sich besser zu fühlen. Der Effekt bleibt längere Stunden bestehen. Wäre doch was zum ausprobieren :) Liebe Grüsse
Communitymitglied Damiano93

«Super», dachte ich, «eine leicht schaffbare Challenge. Das probiere ich unbedingt aus.» Völlig naiv war diese Einschätzung, wie ich mittlerweile weiß. Denn Stand jetzt bin ich an dieser Aufgabe kläglich gescheitert. Wie das sein kann? Ich schaffe es partout nicht, mich zu überwinden. Nach unzähligen Anläufen, gefühlten Stunden unter der abgestellten Dusche, in denen ich es einfach nicht übers Herz gebracht habe, das kalte Wasser anzustellen, muss ich wohl vorerst konstituieren: Kalt zu duschen ist gar nicht so leicht. Also zumindest für mich ganz offensichtlich nicht.

Was also tun? Genau: Verzweifelt nach Argumenten suchen, warum kalte Duschen sowieso total ungesund und schädlich sind und ich sie deshalb natürlich nicht ausprobiere. Das Ergebnis ist niederschmetternd. Denn was ich herausgefunden habe, hilft mir denkbar wenig in meiner Ausreden-Argumentation. Zwar ist die Studienlage zum kalten Duschen eher dünn, trotzdem sind die Hinweise für ihre positive Wirkung nicht von der Hand zu weisen.

Warum eine morgendliche kalte Dusche viele Vorteile bringt

Durchblutungsförderung und Kreislaufanregung: Durch die Kälte verengen sich die Blutgefäße in den Extremitäten. Dadurch wird das Blut zu den lebenswichtigen Organen gelenkt. Das regt den Kreislauf an und führt zu einer besseren Durchblutung der Organe.

Stärkung des Immunsystems: Regelmäßige kalte Duschen können das Immunsystem anregen. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die regelmäßig kalt (und abwechselnd heiß) duschen, weniger anfällig für Erkältungen sind.

Wachmacher-Effekt: Die plötzliche Kälte wirkt wie ein natürlicher Weckruf – Müdigkeit schüttelst du schnell ab, und du fühlst dich frischer und konzentrierter.

Förderung der mentalen Stärke: Eine kalte Dusche erfordert Überwindung, besonders am Morgen. Konfrontierst du dich regelmäßig mit dieser kleinen Herausforderung, stärkst du deine Willenskraft und das Durchhaltevermögen.

Na toll. Das will ich alles haben, aber scheitere im Vorfeld am letztgenannten Punkt: Eine kalte Dusche erfordert Überwindung. Ach ne, als ob ich das nach all den Wochen nicht wüsste …

Gibt es denn keine Gegenargumente, die ich vorschieben kann?

Es muss doch auch Nachteile geben. Ich suche weiter. Jetzt mit der Frage «Welche Nachteile haben regelmäßige kalte Duschen für eine gesunde und körperlich fitte Frau?» Die Hauptwarnung, auf die ich stoße, ist logischerweise die vor dem Kälteschock. Allerdings bezieht sie sich in der Regel aufs Eisbaden – und soweit will ich nun ja gar nicht gehen. Trotzdem: Um das Herz-Kreislaufsystem nicht plötzlich zu überlasten, sollte ich mich langsam an die Kälte heran tasten. Fair enough, das reicht aber nicht als Gegenargument.

Dass kalte Duschen den Blutdruck erhöhen können, hilft mir ebenfalls nicht weiter. Denn das könnte bei Personen, die zu Bluthochdruck neigen, problematisch sein, nicht aber bei mir. Mein Blutdruck ist glücklicherweise völlig in Ordnung.

Auch der plötzliche Anstieg des Stresshormons Cortisol, der durch den Kälteschock ausgelöst wird, eignet sich für mich nicht als Gegenargument. Denn schädlich ist der nur bei Personen mit chronischem Stress. Andernfalls aktiviert der Cortisolanstieg den Körper und kann auch wieder zu den Vorteilen gezählt werden. Wie in meinem Fall.

Was bleibt? Mich auf eine zu dünne Studienlage und unterschiedliche Auslegbarkeit der Ergebnisse zu berufen. Das wäre eine Möglichkeit. Aber nein. Jetzt will ich es doch selbst wissen. Studien, Expertinnen und Erfahrungsberichte hin oder her – ich will meine eigenen Eindrücke sammeln. Wie reagiert mein Körper auf die Kälte? Was macht das mit meiner Psyche? Und so oder so, wach wird sie mich definitiv machen, die kalte Morgendusche.

Der Sommer soll’s richten

Es hilft alles nichts, ich muss nochmal ran. Doch diesmal will ich wenigstens einen Unterstützer an meiner Seite: den Sommer. Das wird der Gamechanger. Ganz bestimmt. Also, hoffentlich … Schließlich sollte es mir wesentlich leichter fallen, mich auf die morgendliche Abkühlung einzulassen, wenn ich gerade eine überhitzte Nacht hinter mir habe und nicht schon fröstelnd aus dem Bett steige. Und ich brauche eine bessere Strategie, als einfach nur mit der kalten Dusche in der Hand mit meiner Selbstbeherrschung zu kämpfen.

Wenn es draußen erst einmal warm genug ist, sollte eigentlich auch die kalte Dusche kein Problem sein … hoffentlich.
Wenn es draußen erst einmal warm genug ist, sollte eigentlich auch die kalte Dusche kein Problem sein … hoffentlich.
Quelle: NoemiEscribano

Der ultimative Kaltdusch-Plan steht

Beim nächsten Anlauf will ich es mir also leichter machen. Und zwar so:

  • Ich reguliere die Wassertemperatur stufenweise runter. Zum einen drehe ich das Wasser, während ich unter der Dusche stehe, immer wieder minimal etwas kälter. Zum anderen beginne ich jeden Tag schon mit etwas kälterem Wasser im Vergleich zum Vortag. Mit ein wenig Geduld könnte ich auf diese Weise ohne allzu große Überwindung zur Kaltduscherin mutieren.
  • Ich setze mich nur winzigen Kaltwasserdosen aus. Sprich: Ich drehe das Wasser nur für wenige Sekunden auf kalt und dann gleich wieder warm. So ist die Überwindung geringer, weil ich weiß, dass es schon fast wieder vorbei ist, bevor ich die Kälte überhaupt wahrnehme. Und damit bin ich schon auf halbem Wege zur kalt-warmen Wechseldusche (ohnehin schlauer als rein kaltes Duschen).
  • Ich mildere den gefühlten Kälteschock durch kontrolliertes, tiefes Atmen ab. Außerdem sollte das Fokussieren auf die Atmung vom kalten Wasser ablenken.
  • Wenn das alles nichts hilft, kann ich es noch mit aufputschender Musik oder Ablenkung durch einen spannenden Podcast versuchen. Und mir immer fleißig all die vielen Vorteile meiner Mission vorsagen.

Mit diesen Ratschlägen im Gepäck bin ich nun wieder etwas optimistischer gestimmt und werde bald (wenn es endlich warm genug ist) den nächsten Anlauf wagen.

Hast du noch weitere Tipps für mich, wie ich den Schritt zur Kalt- oder Wechselduscherin schaffen kann? Dann schreib es gerne in die Kommentare.

Und wenn du mir die Chance geben willst, meinen Ruf als «erfolgreiche Ausprobiererin» zu retten, kannst du hier meine Erkenntnisse aus geglückten Ausprobiert-Wochen nachlesen:

  • Hintergrund

    Ausprobiert: Gesunde Gewohnheiten im Selbstversuch

    von Anna Sandner

Titelbild: Yaroslav Shuraev/Pexels

5 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Hintergrund

    Ausprobiert: Wach und bestens gelaunt dank Tageslichtlampe?

    von Anna Sandner

  • Hintergrund

    Ausprobiert: Schneller und länger fit dank lauwarmem Wasser am Morgen

    von Anna Sandner

  • Hintergrund

    Der Weltrekord-Halter im Pumpfoilen: Das fasziniert ihn am neuen Sport

    von Siri Schubert

1 Kommentar

Avatar
later