Blackmagic Pocket Cinema: Die günstigste Cinema-Kamera im Einsatz
Produkttest

Blackmagic Pocket Cinema: Die günstigste Cinema-Kamera im Einsatz

Manuel Wenk
29.5.2019

Die handliche und bezahlbare Profi-Cinema-Cam ist endlich angekommen. Um den Test so realistisch wie möglich zu machen, habe ich sie bei einem echten Videoprojekt ausprobiert.

Ich habe monatelang auf die Blackmagic Pocket Cinema Kamera gewartet. Jetzt liegt sie endlich auf meinem Tisch. Ich fühle mich wie ein kleiner Junge an Weihnachten. Die Kamera verspricht viel für wenig Geld. Sehr viel sogar. Wir testen die Handheld-Cinema Kamera bei einem Dreh im Tessin zusammen mit einem Kletterprofi.

Wir, das sind Hauptdarsteller und Kletterprofi Kevin Huser, Kumpel Vladek Zumr, Patrick Bardelli von der Galaxus-Redaktion, Luca Steiner, der mich immer wieder bei Filmarbeiten unterstützt, und ich. Wir treffen uns am Abend vor dem eigentlichen Dreh, alle mit ihren Campern, auf einem Parkplatz in Brione TI. Lernen uns bei einem Bier und feiner Pasta besser kennen. Besprechen den nächsten Tag. Wir haben einiges vor. Vladek ist Kletterfotograf und schlägt vor, ein paar Nachtaufnahmen an einem nahegelegenen Fels zu machen. Kevin ist dabei und wir begleiten das Schauspiel als Zuschauer.

Kevin wärmt sich schon einmal auf
Kevin wärmt sich schon einmal auf
Quelle: Vladek Zumr / vladekzumr.com

Jetzt nochmals von vorne

Die Lieferfristen der Kamera sind unerträglich lange. Meine ist erst rund vier Monate nach Bestellung eingetroffen. Dafür hab ich mich dann um so mehr gefreut. Ein Firmware-Update liegt auch schon auf den Servern von Blackmagic bereit. Neu ist es möglich, Blackmagic RAW aufzuzeichnen. Dieses Format lässt sich sehr stark komprimieren. Sehr hohe RAW-Qualität kann bei vergleichsweise geringem Speicherplatzbedarf aufgenommen werden. Mit meinen 64-GB-Speicherkarten kann ich bei einer 1:12-Kompression und 4k mit 25 fps knapp 40 Minuten RAW-Footage aufzeichnen. Bei bester RAW-Qualität liegen rund neun Minuten drin.

Blackmagic Pocket Cinema (8 Mpx, 60p)
1248,17 EUR

Blackmagic Pocket Cinema

8 Mpx, 60p

Blackmagic Pocket Cinema (8 Mpx, 60p)
Videokamera
1248,17 EUR

Blackmagic Pocket Cinema

8 Mpx, 60p

Eigentlich müsste die Kamera in ein Cage gesteckt werden, um alles Zubehör nutzen zu können. Nicht einmal ein Blitzschuhadapter ist integriert. Ich bestelle mir also einen Adapter, den ich oben in die Gewindeschraube drehen kann, um dann über einen Blitzschuh ein Mikrofon oder einem Bildschirm anbringen zu können. Cages für die Blackmagic haben wir leider keine im Sortiment.

Mit dem Kauf der Kamera ist es also noch nicht getan. Einige Hundert Franken solltest du dir für diverses Zubehör mindestens noch zur Seite legen.

Blackmagic mit Blitzschuhadapter und Bildschirm
Blackmagic mit Blitzschuhadapter und Bildschirm

Die Kamera saugt unglaublich viel Strom. Mit der einen, mitgelieferten Batterie kann ich nur 30 Minuten lange filmen. Daher will ich die Kamera mit Powerbanks über den USB-C-Eingang laden. Eine Stunde vor Abfahrt in Richtung Tessin probiere ich es aus und stelle mit Schrecken fest, dass die Kamera nicht gespiesen wird. Ein aufgeregtes Telefonat später bin ich beruhigt. Luca hat eine Lösung – seine Powerbanks haben bis zu 12V Ausgangsspannung. Damit funktioniert es.

Der Wecker klingelt

Es ist Morgen früh auf dem Parkplatz in Brione. Alle sind noch am Schlafen. Nur Luca und ich stehen bereits an aufgeklappter Heckklappe, montieren die Kamera auf den Gimbal DJI Ronin S, machen einige Aufnahmen der bereits von der Sonne angestrahlten Gipfel und starten die Drohne. Das Licht ist wunderschön. Man weiss ja nie - vielleicht können wir die Aufnahmen gebrauchen.

Morgenstimmung, wie sie Vögel und Drohnen erleben
Morgenstimmung, wie sie Vögel und Drohnen erleben

Endlich kommen auch die anderen drei aus den Bettdecken gekrochen. Kevin schnappen wir uns sofort und starten mit dem Filmen. Patrick und Vladek kochen währenddessen Kaffee und bereiten das Frühstück vor.

Dieser Gimbal muss erst noch stabilisiert werden
Dieser Gimbal muss erst noch stabilisiert werden

Stabilisierte Aufnahmen und deren Tücken

Die ziemlich grosse und breite Kamera auf dem Ronin-S-Gimbal zu platzieren, stellt sich als schwieriger heraus als gedacht. Zum Glück hab ich alles bereits im Büro getestet. Ich muss die Stativ-Schnellwechselplatte über eine zweite Platte umlenken, um die Kamera auf dem Gimbal platzieren zu können. Anders hat sie keinen Platz. Beim Dreh gestaltet es sich als sehr schwierig, den Fokus auf dem gewünschten Objekt zu behalten. Das Focus Wheel funktioniert zusammen mit der Blackmagic leider nicht. Ein externes, nicht über die Software gesteuertes Focus Wheel wäre die Lösung. Bedient am besten von einem zusätzlichen Focus Operator. Bei den Kletteraufnahmen verzichten wir auf den Gimbal und filmen aus der Hand. Die Sicht auf den Bildschirm ist so komplett frei und es ist ein Leichtes, den Fokus auf das entsprechende Objekt zu setzen.

DJI Ronin S Standard Kit (Systemkamera, Spiegelreflexkamera, 3.60 kg)

DJI Ronin S Standard Kit

Systemkamera, Spiegelreflexkamera, 3.60 kg

DJI Ronin S Standard Kit (Systemkamera, Spiegelreflexkamera, 3.60 kg)
Gimbal

DJI Ronin S Standard Kit

Systemkamera, Spiegelreflexkamera, 3.60 kg

Ein nahezu perfektes Gesamtpaket

Mit der Blackmagic Kamera gehst du nicht raus und schiesst Fotos. Sie ist auf Film ausgelegt. Das zeigt sich auch an den verschiedenen Anschlüssen (Mini-XLR Eingang inklusive Phantomspeisung, Full-HDMI Ausgang etc.), dem riesigen Touchscreen auf der Hinterseite oder daran, dass die Kamera Dual-ISO fähig ist.

Bei einem Kletterfilm, wie wir ihn gedreht haben, ist es extrem wichtig, schnell agieren zu können und flexibel zu sein. Diese Flexibilität erreichen wir auch dank einer sehr vielseitigen Linse. Das Objektiv Olympus 12-100mm f4 (entspricht Full-Frame 24-200mm) ist der perfekte Begleiter.

Olympus ED 12‑100mm f/4 IS PRO (Micro Four Thirds, Micro Four Thirds)
1252,86 EUR

Olympus ED 12‑100mm f/4 IS PRO

Micro Four Thirds, Micro Four Thirds

Olympus ED 12‑100mm f/4 IS PRO (Micro Four Thirds, Micro Four Thirds)
Objektiv
1252,86 EUR

Olympus ED 12‑100mm f/4 IS PRO

Micro Four Thirds, Micro Four Thirds

Der Sensor der Blackmagic ist nicht stabilisiert. Zum Glück ist es das Objektiv und so gelingen auch voll gezoomte Einstellungen aus der Hand. Ohne Bildstabilisator müsste in jedem Fall ein Stativ, Slider oder Gimbal her. Für einen gescripteten Film mag das funktionieren. In unserem Szenario nicht.

Zudem hat die Blackmagic einen einfachen Autofokus integriert. Mit diesem kann ich ein statisches Objekt fokussieren. Einen kontinuierlichen Autofokus, wie ich ihn mir von meiner Sony a7s ii gewohnt bin, gibts nicht. Manuelles Fokussieren ist in unserem Fall nötig. Auch alle anderen Einstellungen wie ISO, Blende oder Verschlusszeit setzt man von Hand.

RAW-Aufnahmen sind ganz schön datenhungrig. Im Format mit der besten Qualität (Blackmagicraw 3:1) passen auf eine 64-GB-Karte rund 9 Minuten Film in 4k und 25 fps. Bei einer 12:1-Kompression passen knapp 40 Minuten auf die Karte. RAW wird entsprechend komprimiert. Ein in 12:1 aufgezeichnetes Video hat eine Bitrate von 46 MB/s - bei 3:1 sinds immerhin 183 MB/s und ein unkomprimiertes RAW-File hat eine Bitrate von 548 MB/s (bei 4.6k und 30 fps) Die Vorteile und Freiheiten von RAW hast du aber bei allen Kompressionsraten.

Mavic 2 Pro: funktioniert auch bei starkem Wind

Am Nachmittag kommen immer stärkere Winde auf. Die Mavic Pro starten wir trotzdem – und werden nicht enttäuscht. Auch bei starkem Wind bleibt die Drohne stabil in der Luft. Nur der Akku geht so etwas schneller zur Neige. Anstelle der rund 25 Minuten Flugzeit bei ruhigen Bedingungen liegen bei starkem Wind noch rund 20 Minuten drin.

Die Mavic 2 Pro lässt sich dank ihrer geringen Grösse ohne Probleme auch über weitere Strecken, zum Beispiel zum Boulder transportieren. Auch die Bildqualität überzeugt. Sie kann zwar keine RAW-Aufnahmen machen wie die Blackmagic – aber immerhin filmt sie mit einer Farbtiefe von 10 bit. Damit ist mehr Spielraum in der Farbnachbearbeitung möglich. Andere Drohnen in dieser Preisklasse können maximal 8 bit respektive 16 Millionen Farben darstellen (10 bit ca. eine Milliarde). Dank diesen Eigenschaften lassen sich die beiden Kameras später besser miteinander abgleichen.

DJI Mavic 2 Pro (31 min, 907 g, 20 Mpx)

DJI Mavic 2 Pro

31 min, 907 g, 20 Mpx

DJI Mavic 2 Pro (31 min, 907 g, 20 Mpx)
Drohne

DJI Mavic 2 Pro

31 min, 907 g, 20 Mpx

Postproduction

Normalerweise bearbeite ich Videos mit Premiere Pro von Adobe. Mit den von der Kamera produzierten Files und deren Endung .braw kann Premiere leider nicht umgehen. Ein Plugin für 29 Dollar schafft Abhilfe. Die Gratisalternative heisst DaVinci Resolve und kommt von Blackmagic selbst. Ein mächtiges Tool, mit dem auch Profis ihre Filme schneiden und Farben bearbeiten.

Dieses Projekt schneide ich also ausnahmsweise nicht in Premiere Pro, sondern in DaVinci Resolve. Nach kurzer Eingewöhnungszeit komme ich mit dem Programm klar. In den Einstellungen stelle ich meine Tastaturbelegung auf Premiere Pro um – so finde ich mich schnell zurecht.

Verschiedenste Parameter können dank RAW im Nachhinein noch angepasst werden
Verschiedenste Parameter können dank RAW im Nachhinein noch angepasst werden

Dank den RAW-Files der Blackmagic sind die Möglichkeiten in der Farbbearbeitung fast unendlich. Weissabgleich, ISO-Werte, Farbprofil etc. können im Nachhinein ohne Qualitätsverlust verändert werden. Mehr Informationen zu DaVinci gibt es in diesem Artikel:

  • Ratgeber

    Video schneiden und graden für lau: DaVinci Resolve

    von Manuel Wenk

Fazit: Preis und Leistung stimmen

Hier ist das Ergebnis: Das Video für diesen Galaxus-Beitrag. Es wurde komplett mit der Blackmagic Pocket Cinema Kamera und der Mavic 2 Pro gefilmt. Die Nachbearbeitung erfolgte wie beschreiben ausschliesslich mit DaVinci Resolve.

Sei dir bewusst, dass es mit dem Kauf der Kamera noch nicht getan ist. Lege einige Hundert Franken mehr zur Seite für Zubehör. Dann aber kann ich dir die Kamera auch für ambitionierte Video-Projekte empfehlen. Dank dem genialen Blackmagic-RAW, dem grossen Bildschirm und den vielen Einstellungsmöglichkeiten bist du damit gut bedient. Solch technischen Eigenschaften findet man sonst nur in fünf bis zehn Mal teureren Kameras von Red, Arri und dergleichen.

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Als Multimedia-Produzent ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, Inhalte auf vielfältige Art und Weise aufzubereiten. In meiner Freizeit zieht es mich in die Berge, sei es zum Skifahren, Mountainbiken oder Wandern. Und natürlich habe ich meine Kamera immer griffbereit, genauso wie meine FPV-Drohne. 


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