Fitbit Versa: Die Tech-Industrie entdeckt die Frauen. Netter Versuch.
Produkttest

Fitbit Versa: Die Tech-Industrie entdeckt die Frauen. Netter Versuch.

Livia Gamper
7.6.2018
Bilder: Thomas Kunz

Schön, dass Fitbit an Frauen denkt: Die Fitbit Versa macht als erste Smartwatch das Perioden-Tracking möglich. Doch haufenweise Apps machen genau dasselbe. Was macht Fitbit besser?

Apps fürs Menstruations-Tracking gibt’s schon lange. Fitbit ist nun der erste Smartwatch-Hersteller, der eine eigene Tracking-Funktion in einer Smartwatch integriert. Ich habe den Periodenüberwacher während knapp zwei Zyklen getestet.

Fitbit denkt an Frauen. Und zwar nicht, weil Fitbit ihre Smartwatches in der Farbe Pink oder Rosa produziert, oder weil die Uhren kleiner sind und damit nur an Frauenhandgelenke passen sollen – so wie das bei anderen Herstellern der Fall ist. Beim Gesundheitshype, wo wir alles mögliche mit Smartwatches und Activity Trackern erfassen, überwachen und analysieren, blieb der weibliche Zyklus bis zuletzt aussen vor. Und das, obwohl der Menstruationszyklus viel Einfluss auf die Gesundheit und die sportliche Performance hat. Und sowieso: Jede Frau sollte ihren Zyklus kennen und irgendwo dokumentieren.

Das Perioden-Tracking heisst bei Fitbit «Gesundheit für Frauen». Dass Frauen ab einem gewissen Alter gar keine Periode mehr zu tracken haben, lässt Fitbit mit dem Namen aber ausser Acht.

Fitbit hat den Zyklusüberwacher mit dem Launch der Versa Smartwatch am 23. März vorgestellt, die Funktion ist für iOS- und Windows-Nutzerinnen aber erst seit dem 7. Mai verfügbar. Android-Nutzerinnen mussten noch länger warten. Für sie ist das Tracking mit einem Update Ende Mai gekommen. Mit der Fitbit Ionic kriegst du die Funktion übrigens auch.

Die Uhr zeigt dir natürlich auch die Uhrzeit an. Mit schönen Designs, die du selbst auf die Uhr laden kannst.

Die Funktion «Gesundheit für Frauen» aktiviert sich, wenn du dich bei der Kontoeinrichtung in Fitbits App als Frau einträgst – das ergibt natürlich Sinn. Die Eintragung musst du in deinem Fitbit Konto unter dem Punkt «Persönlich» vornehmen.

Parallelen zu anderen Apps und keine Verhütung

Apps, die den Periodenzyklus tracken, gibt’s wie Sand in der Sahara. Bei iOS sind es über 220 Apps, in Androids Playstore werden 250 Ergebnisse für Period Tracker angezeigt. Die am meisten genutzte App ist die App Clue. Fitbits Periodenaufzeichnung gleicht ihr. Clue kenne ich. Nach sechs Monaten Perioden-Tracking habe ich die etwas mühsam zu bedienende App zwar gut im Griff, denke aber, dass das einfacher geht. Ich möchte nicht eine halbe Stunde mit der App verbringen müssen nur um meine Periode zu dokumentieren. Fitbit macht das besser. Die Eingabe geht schnell, einfach und ist selbsterklärend.

Fitbits Perioden-Tracking ist nicht als Verhütungsmethode gedacht. Fitbit errechnet dir nämlich einfach nur die Tage, an denen du fruchtbar bist und zeigt diese Zeitspanne an. Im Vergleich zu zuverlässigen Verhütungsmethoden nimmt die Versa viel zu wenige Daten auf und wertet diese wenn überhaupt, nur ungenügend aus.

Tracking ohne Zusammenhänge

Neben deiner Periode lassen sich Symptome aufzeichnen und laut Fitbit wird der Zyklus mit anderen Gesundheitsstatistiken, also zum Beispiel deinem Schlaf, deinen sportlichen Aktivitäten oder deinem Körpergewicht verglichen. Das musst du aber selbst tun und in der App oder auf der Watch in den einzelnen Statistiken nachschauen. Was der Bezug mit deinen anderen Daten schlussendlich bringt, verrät dir Fitbit in der jetzigen Version nicht.

Diese Daten trägst du in der App ein:

  1. Deine letzte Periode
  2. Die Intensität deiner Blutungen und Flüssigkeiten
  3. Dein Zustand im Zyklus
  4. Letzter Sex
  5. Pille danach

Diese Daten errechnet dir die App:

  1. Fruchtbare Zeit
  2. Tag des Eisprungs
  3. Prognostizierte Periode
Links siehst du den Zyklus in der Übersicht. Rot: Die eingetragene Periode, rosa: errechnete Periode, blau: fruchtbare Zeit

In den Einstellungen musst du für die Berechnung deine durchschnittliche Periodenlänge sowie die durchschnittliche Zykluslänge eintragen.

Die Daten kannst du nur in Fitbits App erfassen, nicht direkt auf der Uhr. Auf der Smartwatch siehst du dafür eine Art Countdown für den Zeitpunkt, an dem die App deine Periode errechnet und wo du im Zyklus gerade stehst. Die App errechnet anhand deiner Angaben deinen Zyklus. Das könntest du auch mit jeder anderen Tracking-App oder sogar mit einer Excel-Tabelle selbst tun. Dein Zustand, also ob du Krämpfe, Kopfschmerzen, empfindliche Brüste oder Akne hast, kannst du als andere Art des Tagebuches eingeben. Für die Fitbits Berechnung sind die Daten nicht von Relevanz und Fitbit gibt dir auch keine Angaben, was die Symptome im Zyklus bedeuten.

Ein Vorteil gegenüber anderen Apps ist, dass du alle deine Gesundheitsdaten auf einen Blick auf der Uhr hast. Es ist auch möglich, sich für die nächste Periode eine Erinnerung einzurichten.

Einmal auf der Uhr nach oben wischen und du weisst, wo du in deinem Zyklus bist.

Das sollte besser sein

Das Perioden-Tracking mit Fitbit ist rechnerisch gesehen korrekt und funktioniert soweit. Aber es gibt Dinge, die ich bei Fitbits Perioden-Tracking vermisse. Die Zusammenhänge deiner Daten musst du dir selbst zusammenreimen. Hast du schlecht geschlafen, gibt dir die App keinen Hinweis darauf, dass das vielleicht passiert ist, weil du bald deine Periode kriegst. Und wie gesagt, du kannst zwar eintragen, dass du Krämpfe hast, aber eine Info oder einen Zusammenhang mit deinem Zyklus zeigt dir Fitbit nicht auf. Auch Akne oder Ausfluss kannst du zwar erfassen, die App macht aber nichts ausser die Daten einfach zu speichern. Somit unterscheidet sich Fitbits Tracker nur wenig von anderen Tracking-Apps.

Bei anderen Apps lässt sich auch die Körpertemperatur erfassen, die viel über den Zyklus aussagen kann. Das ist bei Fitbit nicht möglich. Dabei hast du doch eine Uhr direkt am Handgelenk, die allerlei Biowerte misst.

Den Zyklus siehst du in Fitbits Übersicht neben deinen anderen Daten. Aber leider ohne Bezug zu den anderen Werten.

Schade ist auch, dass die Daten sich nicht auf der Uhr erfassen lassen, nur in der App auf dem Smartphone. Ist wohl so, weil das Ganze etwas fummlig wäre auf der kleinen Smartwatch.

Wieso Frau über ihren Zyklus Bescheid wissen soll

Kennst du deinen Zyklus und hast diesen sauber dokumentiert, fallen dir allfällige Unregelmässigkeiten auf. Das ist wichtig. Denn so bemerkst du Anzeichen für eine Erkrankung oder eine Schwangerschaft viel schneller.
Dass der Zyklus direkt auf der Smartwatch angezeigt wird, ist praktisch. Willst du das übrigens nicht, kannst du die Kachel auch einfach im Menü verstecken. Bei einem Arztbesuch wird Frau meist gefragt, wo im Zyklus sie sich gerade befindet. Mit der Versa am Handgelenk kannst du die Frage wie aus der Pistole geschossen beantworten. Auch für die Ferienplanung ist der Kalender praktisch. Badeferien während der Periode sind, gelinde ausgedrückt, unpraktisch.

Die App zeigt dir deine Zyklen in der Übersicht

Der Countdown auf der Uhr zeigt dir, wann du am Morgen Tampons einpacken musst. Und wer an PMS, (Prämenstruelles Syndrom) leidet, sieht anhand des Countdown, wann Schmerzen auftreten könnten. Das ist einige Tage bevor die Periode einsetzt der Fall. Symptome des PMS, also Krämpfe, Brustspannen, Kopfschmerzen und so weiter kannst du in der App erfassen und wenn du magst in deinem nächsten Zyklus wieder anschauen. So weisst du mit der Zeit ungefähr, wann du mit Schmerzen, beziehungsweise den ungeliebten Symptomen rechnen musst.

Fazit: Braucht Frau Perioden-Tracking am Handgelenk?

Die Fitbit Versa bietet als Smartwatch natürlich noch viel mehr Funktionen als das Perioden-Tracking. Nur um deinen Zyklus zu tracken brauchst du aber keine Smartwatch. Da tun es die vielen Gratis-Apps auch, auch wenn diese komplizierter sind. Wenn du aber sowieso deine Gesundheitswerte gerne trackst, ist es ein schönes Feature, dass mit der Versa auch die Periode aufgezeichnet werden kann.

Ende Jahr soll laut Fitbit eine neue Zyklusfunktion auf die Uhr kommen. Die soll Tipps geben für die einzelnen Zyklusphasen. Das tönt vielversprechend.

Schön, das in der Technologieszene endlich mehr Wert auf einstige Tabuthemen wie die Periode gelegt werden und dass Frauen endlich auch eine Zielgruppe für Gadgets sind.

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Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival. 


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