Tobias Schär verschenkt Laptops: «Dankbarkeit ist auch Lohn»
Hintergrund

Tobias Schär verschenkt Laptops: «Dankbarkeit ist auch Lohn»

Über 300 gebrauchte Laptops hat der 26-jährige Tobias Schär seit Beginn der Coronakrise wieder flott gemacht und sie an Bedürftige verschenkt. Warum er das macht, erklärt er im Interview.

Die jungen Leute, was haben die schon im Kopf? Party, Selfies, Reisen? Natürlich! Was sonst? Eben nicht alle. Wenn ihr das Interview mit Tobias Schär gelesen habt, glaubt ihr vielleicht etwas mehr an eine gute Zukunft. Denn der 26-Jährige aus Merenschwand im Aargau packt an, wo andere nur jammern oder – noch schlimmer – ein Problem gar nicht erkennen. Tobias packt in diesen Tagen zusätzlich auch Kisten, um aus dem Haus seiner Eltern in seine erste eigene Wohnung zu zügeln. Ausserdem hat er einen 70-Prozent-Job als Berater und studiert Wirtschaftsinformatik. Und dazwischen schaut er bei Digitec in Zürich vorbei und erzählt mir im Interview von seinem Projekt «Wir lernen weiter» (WLW). Ziel des Projekts: gebrauchte Laptops an Familien mit schulpflichtigen Kindern oder an Lernende zu verschenken, die zu arm sind, sich selbst Hardware anzuschaffen.

Was war der auslösende Moment für Dich, um Dein Hilfsprojekt zu starten?
Tobias: Es war eine sehr spontane Idee. Als wegen Corona im März die Massnahmen verhängt und somit für die Schulen Distance Learning wichtig wurde, habe ich überlegt, dass vielleicht viele Leute gar keinen Zugang zur digitalen Welt haben, weil einfach die Geräte fehlen. Und die Zahl der Anfragen, die ich jetzt habe, spricht dafür, dass ich nicht so falsch lag.

Und wie ging es konkret los?
Ich habe einfach losgelegt. Es gibt keine romantische Erzählung dazu. Es war ein spontaner Einfall bei einem Online-Bier mit Kollegen. Am gleichen Abend habe ich die Website gebaut und ein paar Tage später war sie live.

Wie gross ist Dein Team eigentlich?
Team … ich bin aktuell noch alleine (lacht). Neben Job und Studium. Aber ich bereue nichts, auch wenn ich in diesem Semester nicht so gute Noten hatte - auf Level «vier gewinnt» bin ich glücklicherweise nicht ganz angekommen. Aber ich glaube, ich mache für meinen CV etwas zehnmal Wichtigeres mit dieser kleinen Nebenbeschäftigung.

Wie muss ich mir den Aufbereitungsprozess der Laptops vorstellen?
Mir war von Anfang an klar, dass die Prozesse skalieren müssen - speziell da ich ja alleine agiere. Am Anfang habe ich pro Stunde drei oder vier Geräte geschafft, mittlerweile sind es zwölf. Ich habe ganz viele USB-Sticks mit Datenbereinigungstools, Betriebssystemabbildern - Zorin OS und Windows 10 - und verschiedenen Dienstprogrammen. In meinem Zimmer stelle ich dann bis zu 16 Laptops auf den Boden und mache dann als Erstes eine komplette Datenbereinigung. Zum Glück habe ich genügend Steckerleisten und Strom in der Hütte. Der Bereinigungsprozess läuft dann abhängig von den Speichermedien im Mittel zwei bis drei Stunden autonom. Diese Zeit kann ich natürlich auch anders nutzen. Danach setze ich die Laptops komplett neu auf. Aber das schaffe ich in etwa fünf Minuten pro Rechner. Am Ende teste ich noch Mikrofon, Lautsprecher, Kamera und Akku. Falls etwas nicht geht, notiere ich das auf dem Beiblatt entsprechend.

Ein Stapel gebrauchter Laptops wartet auf die Bearbeitung. Foto: Dalia Bohn
Ein Stapel gebrauchter Laptops wartet auf die Bearbeitung. Foto: Dalia Bohn

Und wer bekommt dann welches Gerät?
Natürlich gibt es Laptops in verschiedenster Güte - ich achte hierbei auf den Kontext der Hilfesuchenden. So haben Lernende aus dem Software-Entwicklungsbereich andere Anforderungen zu erfüllen, als beispielsweise jemand in der 6. Klasse. Mir ist es wichtig, dass die Empfänger gleich loslegen können. Und darum gibt’s zu jedem Laptop eine vierseitige Betriebsanleitung, die betriebssystemabhängige Tipps und Tricks aufzeigt. Grundsätzlich muss man nur das Standard-Passwort eingeben und los geht’s. Installiert wird standardmässig LibreOffice, eine Alternative zu Microsofts Office, Skype und Zoom. Die Hilfeempfänger dürfen natürlich danach auf den Geräten installieren, was sie wollen.

Für das Projekt habe ich momentan den obersten Stock im Haus meiner Eltern beschlagnahmt. Aber jetzt ziehe ich um. An dieser Stelle auch ein herzlichstes Dankeschön an die beiden. Denn ohne diesen Platz wär das ein organisatorischer und logistischer Albtraum!
Tobias Schär

Was ist der typische Laptop, den Du gespendet bekommst? Ist da auch Schrott dabei?
Am Anfang war viel Unbrauchbares dabei, so beispielsweise Rechner mit zu wenig Rechenleistung. Inzwischen evaluiere ich vorher, ob ein angebotener Laptop noch taugt und habe aktuell eine Verwertungsquote von etwa 80 Prozent.. Wenn ich denke, dass der Grossteil der gespendeten Geräte sonst auf dem Elektroschrott gelandet wäre, finde ich das schon toll. Ab zwei Gigabyte Arbeitsspeicher sind die Laptops für die Weitergabe interessant; das heisst, ich kann dann das schlanke Zorin OS installieren, welches sich auch grafisch sehr stark an Windows 10 orientiert. Windows 10 funktioniert erfahrungsgemäss ab drei Gigabyte RAM einigermassen gut. Ein noch leichteres Betriebssystem als Zorin will ich aber niemandem zumuten. Da ist das gleichzeitige Ausführen mehrerer Programme nicht mehr so prickelnd. Natürlich spielt auch das Speichermedium und der Prozessor eine Rolle. Der Knackpunkt ist bei vielen Geräten aber definitiv der RAM. Schlussendlich kann ich auch nur Windows 10 auf Geräten installieren, die eine gültige Windows 10-Lizenz bereits drauf haben. Hier bin ich leider bei Microsoft abgeblitzt, da Lizenzen über die Partnergeschäfte verteilt werden - und wenn dort kein Umsatz generiert werden kann, ist es für sie uninteressant. Aber vielleicht wird sich Microsoft doch noch mit medialer Hilfe dazu bewegen können, diesen guten Zweck zu unterstützen? Ein Volumenschlüssel mit Windows 10 Home würde hierfür bereits ausreichen.

Beim Interview hat Tobias zwei Laptops dabei, die er bereits fertig gemacht hat für die Weitergabe. Er erzählt, dass er zeitgleich bis zu 120 Geräte zuhause hatte und wie er durch gute Ordnung trotzdem den Überblick behalten hat. Ein fertiger Laptop bekommt von ihm einen kleinen Aufkleber mit einer Nummer. Diese ist die Referenz zum Jira Service Desk, mit der er alle Anfragen verwaltet. Wenn er erzählt, wie organisiert er ist, spüre ich, wie viel Luft in Sachen Organisation ich noch hätte.

Und wie kommen die Laptops dann zu den Empfängern?
Ich habe selbst schon etwa 80 Postsendungen gemacht - am Anfang sogar völlig kostenlos. Aber das ginge «on the long run» natürlich monetär nicht auf. Zwischenzeitlich habe ich jetzt einen kleinen Unkostenbeitrag verlangt für Porto, Karton und Verpackungsmaterial. Lieber ist mir, wenn die Leute die Geräte selbst abholen - dann ist auch alles gratis und ich spare mir den Aufwand beim Verpacken. Die Laptops für den Versand vorzubereiten ist mühsam - muss ja auch dort den Überblick behalten, wo was hingeht. Stichwort «Track & Trace». Ein weiterer Vorteil der Direktabgabe ist es natürlich, dass ich die Dankbarkeit der Empfänger ungefiltert erhalte - und dies ist für mich der schönste Lohn an der ganzen Sache.

Dankeskarten von den Empfängern der Laptops. Foto: Tobias Schär
Dankeskarten von den Empfängern der Laptops. Foto: Tobias Schär

Das kannst Du aber ja trotzdem nicht auf Dauer so machen, oder?
Stimmt. Ich arbeite gerade daran, dass das Handling über Gemeinden oder Hilfswerke läuft. Die Entscheidung, ob eine Person ein Gerät erhält, würde dann dort getroffen werden. Und ich würde einen kleinen Beitrag fürs Handling erhalten. Kann ja in diesem Sinn als eine Art «Service Public» verstanden werden, für den Gemeinden auch etwas in die Hände nehmen könnten.

Bisher verdienst Du gar nichts?
Nein - aktuell passiert alles ehrenamtlich. Wenn Gemeinden auf diese Dienstleistung aufspringen würden, könnte aber sehr einfach sehr viel bewirkt werden. Denn wenn man das Ganze finanziell betrachtet, könnte es dem Sozialstaat enorm helfen, wenn digital gut gebildete Arbeitskräfte daraus entstehen können. Mit IT-Skills und -Ausrüstung wird auch die Eingliederung in die Arbeitswelt vereinfacht; so beispielsweise bei der Stellensuche, die heute hauptsächlich digital erfolgt. Die hohe Anzahl an Anfragen nach Laptop zeigt mir, dass wir in der Digitalisierung der Bildung ein Problem haben, was später dazu führen kann, dass Menschen im Berufsleben keine Chance mehr haben. Ich bin deshalb auch dabei, mich politisch dafür zu engagieren. So kann ich versuchen, die Ursache zu bekämpfen und nicht nur die Symptome. Wichtig ist hierbei aber, dass der Unterschied klar gemacht wird. Es gibt Tobias Schär als Gründer von «Wir lernen weiter», welches politisch neutral ist, und dann gibt’s den Tobias Schär als politische Person. Als Gründer helfe ich Menschen in Not, als politische Person versuche ich langfristige Lösungen zu erreichen. Gibt ja viele Leute, die in ihrer Freizeit ein wenig politisch aktiv sind. Sehe da kein Problem - denn hinter dem Projekt steht der gute Zweck, der hoffentlich für alle als sinnvoll erkannt wird.

Wie bekommst Du das eigentlich alles unter einen Hut?
Ich weiss genau, welche Stunde vom Tag ich effizient nutze und welche nicht. Wenn ich am Gamen bin, dann mache ich das dediziert. Beim Arbeiten, Lernen und Zeit mit meiner Freundin genauso: auf das fokussieren, was man macht. Das gelingt vielen heute nicht, weil man eben leicht verlockt wird, beispielsweise den Notifications auf dem Handy nachzugehen - und dieser Kontextwechsel ist nicht produktiv. Weil ich dies verhindere, habe ich mehr Zeit; und deshalb denken die Leute von mir, dass ich extrem viel mache. Dabei organisiere ich mich vielleicht nur etwas besser und bin auch diszipliniert dabei. So plane ich eigentlich alles im Voraus und versuche bei meiner zeitlichen Organisation nicht den Fokus auf Flexibilität zu setzen, wie in anderen Bereichen. Für mich funktioniert das so perfekt. Agil bin ich dort, wo’s zählt. Also beispielsweise bei meinem Projekt.

Und was treibt Dich an?
Für viele bedeutet die fortlaufende Digitalisierung nicht ein Mehrgewinn, sondern Abschottung. Das schlimme ist, dass niemand hilft. Wer einen PC nicht grundlegend bedienen kann, hat schon heute in der Arbeitswelt eine kleinere Auswahl an möglichen Stellen. Ich bin der Meinung, dass es künftig immer weniger solcher Arbeitsplätze geben wird. So arbeiten heute auch schon viele im handwerklichen Bereich mit computergestützten Systemen- nur ist das vielen nicht bewusst. Wir müssen bei der Grundbildung anfangen, damit der Umgang von Anfang an Freude macht - und hier spielt die eigene Ausrüstung eine grosse Rolle. Der Zugang zu eigenen digitalen Mitteln sollte ein Grundrecht sein in unserem Land. Umsetzen könnten wir das allemal.

Den Zugang haben nicht alle?
Leider nicht, alleine im Kanton Aargau gehe ich von einem Bedarf von ungefähr 30’000 Geräten aus, um alle Haushalte abzudecken - und das ist ein defensiver Wert. Auf die Zahl komme ich anhand der Armutsquote und der Bevölkerungsgrösse - und dann noch ein paar Insiderinformationen aus dem Projekt. Aber genau ist der Fehlbedarf noch nie erhoben worden, und das ist Teil des Problems. Die Schulen, Gemeinden oder kantonalen Behörden kümmern sich nicht um eine zentralisierte Lösungsfindung - zumindest soweit ich das im Kanton Aargau überblicken kann. Dort habe ich beim Departement für Bildung, Kultur & Sport vorgeschlagen, dass ich eine entsprechende Studie machen könnte. Das wurde dann mit der Begründung abgelehnt, dass die IT-Ausrüstung nicht ein prioritäres Problem im Kanton sei. Man wolle sich auf die Ausarbeitung der didaktischen Konzepte fokussieren. Wie realitätsnah diese Beurteilung ist, überlasse ich aber gerne jedem selbst. Ich werde nun die gleiche Bachelorarbeit für die Hochschule Luzern schreiben. Denn jetzt weiss ich umso mehr, dass kantonsseitig keine saubere und objektive Analyse gemacht werden wird. Natürlich führt auch der Föderalismus «ad extremis» dazu, dass die gesamte Entscheidungsgewalt und Verantwortung bei den Gemeinden liegt; und ich bin mir ziemlich sicher, dass dort vielerorts das Knowhow fehlt, um zukunftsträchtige IT-Konzepte zu erstellen - speziell mit Fokus auf die Ausrüstung armutsbetroffener Familien.

Im Gespräch wird klar, dass für Tobias die digitale Grundbildung ein Herzensanliegen ist. Er erzählt von einer Gemeinde, in der Schülerinnen und Schüler ohne eigenen Computer zuhause iPads ausleihen können. Aber besser wäre es, glaubt Tobias, wenn jede Schülerin und jeder Schüler ein eigenes Notebook hätte zum Experimentieren und Ausprobieren - denn soweit ihm ist, sind Schulgeräte oftmals nur eingeschränkt benutzbar und haben ein ganz klar definiertes Setup. Ihn selbst hat die Lust am Thema Computer früh gepackt. Als Zehnjähriger hat er die Kindersicherung geknackt, die seine Eltern für ihn am Familiencomputer eingerichtet hatten - durch die Installation eines Keyloggers.

Wie soll sich Dein Projekt denn weiterentwickeln? Du kannst das ja nicht ewig so weitermachen.
Ich habe einen Plan gemacht bis Mitte 2021, aber den kann ich eigentlich schon wieder über den Haufen werfen. Mit der Aufmerksamkeit der Medien entwickelt sich das alles gerade sehr schnell. Meine Vision wäre, dass sich das Projekt selbst trägt und auch jemand für diese Arbeit einen Lohn erhalten darf. Wenn ich 100 Prozent für dieses Projekt arbeiten könnte, wären 500 Laptops pro Monat möglich - vorausgesetzt ich kann so viele Geräte auftreiben. Und dann bliebe auch mehr Zeit für wichtige strategische Themen, wie die Zusammenarbeit mit Gemeinden und Hilfswerken. Die Finanzierung einer Stelle müsste doch möglich sein. Es wäre schlussendlich eine kleine Investition, die langfristig Millionen im sozialen Bereich einsparen kann. Sicher ist aber, dass ich bald weitere ehrenamtliche Unterstützung erhalten werde. Diese wird auch dringend benötigt, so etwa im Marketingbereich, beim Aufsetzen der Geräte und bei der strategischen Wegfindung.

Wie geht es weiter mit dem Projekt? So sieht - derzeit - Tobias' Plan aus.
Wie geht es weiter mit dem Projekt? So sieht - derzeit - Tobias' Plan aus.

Und hast Du auch für Dich persönlich ein Ziel? Was kommt nach dem Studium?
Ich weiss es noch nicht. Ich möchte auf jeden Fall etwas machen, hinter dem ich hundertprozentig stehen kann. Mit diesem Projekt würde etwas Sinnvolles auf sozialer, ökologischer und bildungstechnischer Ebene bewirkt werden. Ich müsste aber auch vergütet werden. Dass ich eine kostenlose Dienstleistung erbringe für Kantone und Staat, sehe ich nicht als sinnvoll an - denn eigentlich wären ja genug Steuergelder vorhanden - und soweit ich weiss, interessiert es den Steuerzahler schon auch, wie sich die Steuerfüsse entwickeln.. Sicher ist, dass ich weiterhin wissbegierig bleibe.

Was würdest Du anderen jungen Leuten mit auf den Weg geben?
Vielleicht, dass wir auch etwas anstrengend sein sollten für andere, ältere Leute. Das können wir ja gut (lacht). Und etwas machen! Mit meinem Projekt kann ich ja zeigen, dass es geht. Ich habe es aus dem Nichts gestartet. Das Einzige, was ich investiert habe, ist Zeit. Und die Opportunitätskosten bestehen höchstens darin, vielleicht eine Folge Netflix zu verpassen. Ich bin aber klar ein Gegner der jungen Leute, die meinen, dass mit verächtlichen Parolen auf den sozialen Medien der Generationenwechsel automatisch kommt; und somit eben dieser fast schon ein Geburtsrecht ist.

Sind das viele?
Ja, von diesem Klientel gibt es leider genug, die mir ehrlich gesagt extrem auch auf den Sack gehen, weil es sich meist nur um haltloses Gerede, umrahmt mit hippen Events, handelt. Respekt muss man sich meiner Meinung nach verdienen - und zwar nicht mit Likes und Engagement auf Posts, sondern mit Taten, die objektiv sinnvoll sind. Das Wichtigste ist immer noch das «Tun». Und ich hoffe, dass mein Projekt auch zeigen kann, dass es eigentlich nur Mut und ein bestimmtes Mass an Selbstreflexion braucht, um etwas Sinnvolles zu erschaffen.

Tobias zu interviewen, ist eine dankbare Aufgabe. Mir antwortet ein sehr reflektierter junger Mann mit klaren Vorstellungen und Werten. Jemand, der darüber nachgedacht hat, welchen Teil er zur Verbesserung der Welt beitragen kann und will. Jemand, der sich des Privilegs bewusst ist, in der wohlhabenden Schweiz zu leben. Und jemand, der nicht die Augen davor verschliesst, dass es trotz des Wohlstandes Ungerechtigkeiten und Ungleichheit gibt. 450 Stunden hat er in sein Projekt WLW nach eigenen Angaben bisher gesteckt. Deutlich mehr als zum Beispiel in seine Profile in Sozialen Netzwerken. Dort kritisiert er Oberflächlichkeit und findet wenig Substanz in vielem.

Ist es ein Problem, dass einige Leute nicht wissen, was es auslöst, wenn man anderen hilft?
Ja, wahrscheinlich auch. Zu wissen, dass man jemanden mit einem Laptop Perspektiven eröffnet, das motiviert. Kürzlich habe ich einige Laptops an eine Schule in Bassersdorf gegeben. Und als Dank habe ich von der Klasse eine ganze Kiste mit Basteleien und Briefen bekommen, sogar ein eigenes Zertifikat für ausserordentliche Hilfestellung in der Krise. Und es gibt oft auch noch Kuchen und Schoggi, was mittel- bis langfristig gefährlich für meinen Ranzen ist (lacht).

Davon kannst Du aber auf Dauer nicht leben.
Schon klar - von Dank kann man sich nichts kaufen. Aber wegen dem Projekt fragen mich jetzt schon Firmen an, ob ich später einmal für sie arbeiten will. Ich bin aber sehr glücklich bei meinem momentanen Arbeitgeber und erhalte sehr viel Unterstützung und Flexibilität; etwas, dass für mich ein Vertrauensbeweis und nicht selbstverständlich ist. Kein einziges Argument also, um etwas an der IST-Situation zu ändern. Zumindest aus meiner Sicht. Insofern hoffe ich aber auch, dass mein Engagement eines Tages zu etwas Grösserem heranwachsen darf. Indem ich auf diese Missstände aufmerksam mache, schaffe ich auch Transparenz für entstehende Opportunitätskosten. Und wenn diese von den richtigen Stellen erkannt werden, werde ich auch den nötigen Support erhalten. Ich glaube nämlich auch fest daran, dass Karma keine Bitch ist.

Das Projekt «Wir lernen weiter» hat Tobias Schär für alle ins Leben gerufen, «denen aufgrund finanzieller Not der Anschluss in die digitale Welt verwehrt bleibt». Wer selbst einen nicht mehr benötigten Laptop spenden will oder auch finanziell das Projekt unterstützen will, findet auf der Website die entsprechenden Informationen und Formulare.
Titelbild: Tobias Schär macht alte Laptops wieder fit. Foto: Dalia Bohn

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Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln. 


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