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Hintergrund

Von der Rückkehr der Zeit: grössere Kinder, grössere Freiheit

Wenn die Kinder selbständiger werden, kehrt ein kaum gekanntes Gefühl zurück. Ich habe Zeit für mich. Und auf einmal wird die ersehnte Ruhe fast ein wenig beängstigend.

Die Uhr tickt. Das ist mir schon lange nicht mehr aufgefallen. Ich sitze auf dem Sofa, es ist ein sonniger Nachmittag, und da ist: nichts. Ausser Ruhe. Die sofort eine gewisse Unruhe in mir auslöst. Es braucht mich offensichtlich gerade niemand. Und die Zeit, wertvolle Tagesfreizeit, gehört ganz allein mir.

Sie muss nicht sofort genutzt werden, um einzukaufen, Wäsche zu falten oder anderweitig den Alltag am Laufen zu halten. Das kann ich auch in zwei Stunden noch erledigen – und vorher einfach selbst eine Runde laufen gehen. Doch erstmal betrachte ich noch ein wenig die Schatten an der Wand.

Warum fühlt sich die Ruhe so seltsam an? Dafür muss ich ein paar Jahre zurückspulen. Denn so radikal und umfassend, wie die Geburt eines Kindes den Alltag auf den Kopf stellt, so langsam schleichen sich manche Aufgaben wieder aus dem Leben.

Keine Zeit – und die Zeit deines Lebens

Von jetzt auf gleich ist alles anders: Was früher Freizeit war, ist nun Familienzeit. In den ersten Jahren als Eltern füllt sie praktisch jede wache Sekunde vor und nach der Arbeit. Du lernst, auch dann zu funktionieren, wenn dein Körper nach einer Pause schreit. Raus aus dem Büro, rein in die Kita. Eintauchen in die Lebenswelt des Kindes fühlt sich bald so normal an, wie zu atmen.

Oft gehetzt und mit schlechtem Gewissen, dass du es mal wieder nicht früher geschafft und auch bei der Arbeit dies und das liegen gelassen hast. Du wachst auf, wenn es schreit, du schläfst auf dem Fussboden ein, mit einer Hand im Gitterbett, die von fünf kleinen Fingern umkrallt wird.

Die Bindung ist da und wird zum roten Faden deines Alltags. Du überlegst, wie du fünf Minuten duschen oder in Ruhe aufs WC gehen kannst. Du trägst Jogginghose und hast trotzdem nicht die Kontrolle über dein Leben verloren, sondern nur die logische Wahl getroffen.

Nie hattest du so viel Kontrolle über dein Leben und noch ein, zwei oder drei weitere. Diese sind mit deinem eng verwoben und entflechten sich so langsam, dass du es zunächst gar nicht wahrnimmst. Zeit für dich? Hast du nicht. Und gleichzeitig die Zeit deines Lebens.

Manche Kinder harmonieren prächtig, manche Eltern harmonieren prächtig. Andere Spiel-Konstellationen treiben dir schon im Vorfeld den Angstschweiss auf die Stirn. Du weisst, dass du keine fünf Minuten Ruhe haben wirst. Und du hast nicht den leisesten Schimmer, warum die Kinder immer wieder miteinander abmachen wollen, obwohl Streit vorprogrammiert ist.

«Bei uns oder bei euch?» wird zur entscheidenden Frage für dein Nervenkostüm und jeder Konflikt zur Zerreissprobe: Schaffst du es, neutral zu bleiben, wenn dein Kind oder sein Gast mal wieder heulend vor dir steht? Je mehr es den Kleinen an Selbstregulation fehlt, desto mehr musst du dich am Riemen reissen.

Die Zeit dehnt sich wie Kaugummi, du kaufst dir fünf Minuten Frieden durch Glacé, hast ständig die Uhr im Blick und antwortest doch «kein Problem 🙂», wenn per WhatsApp die Frage kommt, ob eine Stunde später abholen auch okay wäre. Doch auch diese Zeit geht vorbei, wie sie gekommen ist. Schleichend.

Aus dem Gröbsten raus – und rein ins Schulsystem

Planbare Zeit auf der einen kostet Freiheit auf der anderen Seite. Sie kommt Stück für Stück zu dir zurück, je mehr die Kinder selbst in einen getakteten Alltag geraten.

Wenn aus der Kita täglich ein paar Stunden Chindsgi werden und aus dem weit geöffneten Zeitfenster der Bring- und Holzeiten fixe Termine. In einem Alter, in dem dein Kind völlig kalt lässt, ob der lange Zeiger der Uhr gerade nach oben oder unten und der kurze auf acht oder neun zeigt, bist du als motivierender Part gefordert.

Und fühlst dich oft überfordert, weil dieser kleine Mensch seinen eigenen Kopf und im Grunde Recht hat. Es gäbe Schöneres und Besseres zu tun, als durch den Alltag zu hetzen. Dein Kind nimmt sich alle Zeit der Welt, um die Ameise am Wegesrand zu betrachten und interessiert sich nicht dafür, dass die Ampel schon drei mal grün war.

Nur du hast keine Zeit. Und keine Zeit zu haben heisst oft, mit Scheuklappen durch die Welt zu laufen. Schon komisch, dass wir Zeit oft nicht haben, sondern sie uns nehmen müssen.

Während dein Kind nach und nach in einem ganz neuen Alltag ankommt, verblassen andere Orte. Irgendwann sind die Spielplätze, auf denen du so viele Stunden verbracht hast, Lost Places für dich. Du nimmst sie gar nicht mehr wahr. Und du kannst nicht mal sagen, wann genau sie sich aus deinem Leben geschlichen haben. Eines Tages musstest du nicht mehr mit ausgestreckten Armen neben dem Klettergerüst stehen – und schliesslich gar nicht mehr mitgehen.

Freiheit aushalten – und selbst gestalten

Die Erkenntnis, dass die intensive, zähe, zauberhafte Zeit der frühen Kindheit bald schon verflogen sein wird, trifft dich irgendwann, wenn die Zimmertür immer häufiger verschlossen bleibt. Wenn niemand mehr zum Spielen nach Hause kommt, sondern die Kinder nach draussen verschwinden oder gleich in Rudeln in der Bude einfallen. Statt konstantem Trubel hast du nun entweder Ruhe oder Sturm.

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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