500 km iXS ST-Plus: Leichter Handschuh, der das Wetter draussen lässt
Produkttest

500 km iXS ST-Plus: Leichter Handschuh, der das Wetter draussen lässt

Der iXS ST-Plus ist ein Touring-Handschuh, der kaum etwas falsch macht. Er hält warm und trocken, hat aber mit Schweiss seine liebe Mühe.

Das Wetter. Es nervt. Da willst du mit dem Töff raus, wenn der Himmel blau ist oder so blaugrau, aber der Blick aufs Thermometer zeigt: 8 Grad Celsius. Die Jacke hält das aus, vielleicht mit etwas Base Layer drunter, aber die Finger. Die Finger sind kalt, sobald du länger als etwa eine halbe Stunde unterwegs bist.

Die iXS ST-Plus versprechen da Abhilfe. Und die Touring-Handschuhe liefern.

Das Problemchen kommt dann, wenn dir als Person warm wird.

Das Design: Funktional, grobschlächtig

Die Schweizer Töffmarke iXS hat sich beim Design des ST-Plus allem Anschein nach an einen Grundsatz gehalten: Funktion ist alles, Design kann später kommen. Es kommt dann noch so bitzli, weil urhässlich ist der ST-Plus nicht. Aber er wird auch nie einen Schönheitswettbewerb gewinnen. Er besteht aus Polysester mit strategisch platziertem Leder und Wildleder auf dem Handrücken, den Fingerkuppen und der Handfläche. So, dass er so bequem wie möglich sein soll. Denn der ST-Plus ist ein Touring-Handschuh, den du im Extremfall am Morgen anziehst und am Abend ausziehst.

Wenn ich den Handschuh anziehst, merke ich als Erstes, dass er leicht enger ist als andere Handschuhe derselben Grösse. Ich trage ein XL. Bei den meisten Handschuhen ist das etwas locker, sowohl beim An- als auch beim Ausziehen. Die Manschette des ST-Plus muss ich mit etwas mehr Kraft über meine Hand ziehen. Dann sitzt der Handschuh angenehm und lässt sich sauber verschliessen, ohne dass ich am Handgelenk viel Stoff umfalten muss. Der feste Abschluss soll verhindern, dass Wasser eindringen kann.

Am eng geschnittenen Handgelenk wird nur wenig Stoff eingefaltet
Am eng geschnittenen Handgelenk wird nur wenig Stoff eingefaltet

Die etwas engere Enge führt dann zu einem sehr angenehmen Sitz. Dass da keine Nähte auf der Fingerspitze sind, tut dann seinen Rest für den Komfort. Der Handschuh krümmt meine Finger leicht. So in etwa wie, wenn du deine Hand entspannt auf dem Lenker und dem Hebel davor ablegst.

Warum nur ein Scheibenwischer?

Ich verstehe nach wie vor nicht, warum der Scheibenwischer nicht an beiden Zeigefingern vorhanden sein kann. Wenn sich ein Hersteller schon die Mühe macht, eine Gummilippe an einen Handschuh zu montieren, warum dann nicht gleich an beiden Händen? Beim ST-Plus, genau wie bei so vielen anderen, ist dieses unendlich nützliche und potenziell lebensrettende Gummiding nur am linken Handschuh. Dabei gibt es im Verkehr genau zwei Gelegenheiten, zu denen ich das Visier abwische:

  1. Wenn ich eine lange Gerade entlang fahre
  2. Wenn ich an einer Kreuzung oder Ampel stehe
Der Scheibenwischer ist nur links angebracht. Warum?
Der Scheibenwischer ist nur links angebracht. Warum?

Auf der langen Geraden ist das kein Problem. Ich kann die Kupplung und den Lenker loslassen und das Visier wischen. Aber an der Kreuzung oder der Ampel soll es mal vorkommen, dass ich im ersten Gang dastehe und die Kupplung gedrückt habe. Freilich, ich kann ins N schalten, aber wenn da jetzt ein Gummi am rechten Handschuh wäre, dann wäre das Problem hinfällig. Ich brauche dann kein Gas, kann also die Rechte vom Lenker nehmen.

Warum also ist da nur ein Scheibenwischer? Der linke Zeigefinger ist nicht weniger mobil durch die Gummilippe. Der linke Handschuh ist nicht weniger wasserdicht und nicht merklich schwerer als der rechte. Das macht doch keinen Unterschied, oder doch? Ich frage mich, ob ich da etwas übersehe oder mich in etwas verkopft habe. Oder ist laut der Handschuhindustrie und der Motorradwelt der Neutralgang an der Kreuzung die Lösung?

Wind und Wasser: Kein Problem

Dort, wo der Wind auf den Handschuh trifft, findest du dicken Stoff, isolierte Polster oder Leder. Isoliert ist mit Solto Tex, also zweilagig. Das hält Wind auch bei 225 km/h auf der deutschen Autobahn ab. Spannenderweise hat es während der 500-Kilometer-Testfahrt nie länger als ein paar Minuten geregnet. Deshalb: Labortest mit Wasser. Und mit Labor meine ich «Badezimmer» sowie «Küche». Zuerst halte ich den Handschuh unter das laufende Wasser, was mir nach einer Minute zu langweilig wird. Dann versenke ich meine Hand ganz im Lavabo, was nach fünf Minuten immer noch keine nassen Finger bringt.

Aber ich merke, wie nach fünf Minuten im kalten Wasser die Temperatur im Handschuh anfängt, zu sinken. Kalt war es während der Testphase öfter. Kalte Finger hatte ich nie. Selbst bei Temperaturen, bei denen Wasserrohre in Barracken über Nacht gefrieren. Und auch eine Fahrt bei Schneefall mit Temperaturen um den Gefrierpunkt hat der ST-Plus easy weggesteckt.

Jetzt frage ich mich doch: Wie lange hält der ST-Plus unter Wasser aus? Küchenschale, Wasser, Klebeband und eine Dose Thunfisch als Gewicht. Der ST-Plus schwimmt. Hätte ich auch nicht gedacht. Eine halbe Stunde später ist lediglich der Handrücken etwas feucht. Handtuchtrocken ist nasser als das, was ich auf meinem Handrücken finde. Die Finger sind trocken, selbst wenn sich das Futter und die Polster des Handschuhs vollgesaugt haben und ich sie wie ein Schwamm ausdrücken kann.

Ein hochprofessioneller Labortest. Mit Thunfisch.
Ein hochprofessioneller Labortest. Mit Thunfisch.

Der Test klingt absurd, aber wenn ich mit einer Harley-Davidson Pan America oder einer BMW 1250 GS unterwegs bin, dann habe ich ein Motorrad, das besser aussieht, wenn es dreckig ist. Aber keiner mag nasse Hände. Vor allem dann nicht, wenn du noch ein paar Stunden Fahrt vor dir hast. Ich habe wenig Bedenken, dass Wasser bei dem Handschuh ein Problem sind, sofern da kein Loch ist. Denn dort, wo ich einen feuchten Handrücken bekommen habe, ist in der Regel ein Jackenärmel, der zusätzlich schützt.

Als ich dann nach etwa acht Stunden den Handschuh wieder in die Hand nehme, ist er innen nass. Mehr als feucht, weniger als pflutschnass. Also irgendwann in der Zwischenzeit hat das Wasser durch das Solto-Tex-Gewebe durchgedrückt. Sprich: Wenn du am Morgen bei strömendem Regen, und zwar wirklich strömend, losfährst, dann hast du spätestens gegen Nachmittag feuchte Hände.

Ich lege die Handschuhe also in die Badewanne. Dort sollen sie austrocknen, – ohne, dass ich sie versuche zu trocknen. Gut 20 Stunden nach der halben Stunde unter Wasser sind die Handschuhe innen leicht feucht. Wenn du so losfahren müsstest, wäre das unangenehm, aber nicht unerträglich.

Fazit: Der iXS ist unter extremen Bedingungen nicht 100% wasserdicht, aber hält verdammt viel aus.

Hitze: Hier wirds schwierig

Die gute Isolation des iXS ST-Plus hat eine Schattenseite: Dein Schweiss. Als Faustregel gilt: Die Temperatur draussen bleibt draussen, die Temperatur drinnen bleibt drinnen. Dasselbe gilt für Feuchtigkeit. Wenn ich auf der Fahrt schwitze, dann wird der Handschuh innen feucht. Ist weniger ein hygienisches Problem, da der Handschuh innen antibakteriell ausgekleidet ist, sondern ein Feuchtigkeitsproblem. Und ein Stoffproblem.

Es ist schwierig, Motorradhandschuhe auf links zu drehen, da die meisten oben bei den Fingerknöcheln einen Protektor haben. Feuchtigkeit aus dem Innern herauszubringen geht also nur, wenn du die Handschuhe auf eine Heizung legst. Sprich: über Nacht bei einem mehrere Tage langen Trip. Easy. Das geht noch, selbst wenn es leicht unangenehm ist, nach einer Rast in einen feuchten Handschuh zu schlüpfen.

Viel nerviger aber ist, dass wenn du im Handschuh geschwitzt hast, dass der Innenhandschuh, sich in Richtung Handgelenk bewegt, wenn du ihn ausziehst. Vor allem bei den kleinen Fingern ist das ein Problem. Das Innenfutter kommt dann etwas mit und verdreht sich. Ich wurschtle deshalb zu lange herum, um das Innenfutter wieder an Ort und Stelle bringen. Das ist so in etwa so, wie wenn der Zug zwei Minuten Verspätung hat. Kein Riesendrama aber trotzdem lästig.

Apropos Schweiss: Von wegen Gestank wie bei einem Boxhandschuh musst du dir keine akuten Sorgen machen. Auch nach mehreren warmen Tagen rieche ich fast nichts. Und wenn es dann doch mal müfflig werden sollte, der ST-Plus kann handgewaschen werden. Oder mit Thunfisch versenkt.

Ein fester Platz in meinem Schrank

Nach dem Ende der Testphase, die doch schon einige Wochen her ist, bemerke ich, dass ich den ST-Plus immer wieder aus der Schachtel nehme. Wenn ich den Rucksack dabei habe und den ganzen Tag unterwegs bin,ahre ich am kalten Morgen mit dem ST-Plus los und wechsle dann am warmen Mittag auf den Five Stunt Evo.

Mit den ST-Plus fährt es sich recht entspannt
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    von Dominik Bärlocher

Der Touring-Handschuh braucht kein Touring Bike. Er eignet sich auch zum Fahren einer Harley nicht-Pan-America. Schockierend, ich weiss. Wenn du zu der Gattung Biker gehörst, die bei den ersten Sonnenstrahlen auf den Strassen unterwegs bist, ungeachtet der Temperaturen: Mit dem iXS ST-Plus bist du ziemlich gut beschieden und lässt nicht mal unendlich Geld liegen.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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