Eigenbau Tastatur GMMK Pro von Glorious im Review
Produkttest

Eigenbau Tastatur GMMK Pro von Glorious im Review

Kevin Hofer
22.10.2021

Glorious bringt mit der GMMK Pro ein Eigenbau-Tastaturkit. Damit wagt sich der Hersteller in einen Nischen-Bereich, der bislang von Enthusiasten geprägt wurde. Das Resultat ist eine Tastatur mit Macken, welche die meisten Fertigtastaturen dennoch in den Schatten stellt.

Die GMMK Pro ist für mechanische Tastaturen etwa das, was Stanislas Wawrinka und Andy Murray die letzten zehn Jahre für den Tenniszirkus waren: Ein guter Player, der für die Weiterentwicklung in seinem Bereich verdammt wichtig ist. Aber auch einer, der unter den Erwartungen zurückbleibt und nur zwischendurch seine Klasse aufblitzen lässt.

Glorious ist der erste grössere Hersteller von Gaming-Peripherie, der sich in den Bereich der Eigenbau-Tastaturen wagt. So steht GMMK für Glorious Modular Mechanical Keyboard. Das Resultat ist eine Tastatur, die bei weitem nicht perfekt ist, aber viel Spass beim Herumexperimentieren macht.

Die fertig zusammengebaute GMMK Pro.
Die fertig zusammengebaute GMMK Pro.

Das ist die GMMK Pro

Die GMMK Pro ist eine 75-Prozent-Tastatur. Das heisst, dass sie nur 75 Prozent der Breite einer Vollformat-Tastatur entspricht. Ihr fehlt der Zahlenblock und die Navigationstasten sind reduziert. Die Navigations- und Pfeiltasten sind bei der GMMK Pro durch eine Lücke von den anderen Tasten getrennt. Das wirkt etwas aufgeräumter, als wenn einfach alle Tasten zusammengequetscht wären. Zudem kann das auch helfen, damit du dich weniger vertippst. Weiter befindet sich oben rechts ein Drehknopf. Dessen Funktion kannst du per Software definieren. Standardmässig fungiert er als Lautstärkeregler und Stummschaltknopf. Diesen Drehknopf kannst du tauschen. Er steht entweder in schwarz, weiss oder messingfarben zur Verfügung.

Der Drehknopf und die Navigationstasten sind von den anderen Tasten abgesetzt.
Der Drehknopf und die Navigationstasten sind von den anderen Tasten abgesetzt.

Das Gehäuse der GMMK Pro ist vollständig aus CNC gefrästem Aluminium. Es kommt eloxiert entweder in schwarz oder weiss, obwohl das Weiss eher silbern ist. Ich habe die schwarze Version. Es wirkt sehr gut verarbeitet. Auf beiden Seiten hat es RGB-LED-Streifen. Die Unterseite ziert ein riesiger «Glorious»-Schriftzug. Ich find’s scheusslich, aber glücklicherweise sehe ich das beim Tippen nicht. Der USB-C-Anschluss ist hinten mittig angebracht.

Die Rückseite der GMMK Pro ziert ein riesiger «Glorious»-Schriftzug.
Die Rückseite der GMMK Pro ziert ein riesiger «Glorious»-Schriftzug.

Die GMMK Pro kommt als Barebones Kit. Das heisst, dass du alles Nötige zum Bau deiner Tastatur kriegst, ausser den Tastern/Switches und Tastenkappen/Keycaps. Die musst du dir separat kaufen. Das mag Neulingen von Eigenbau-Tastaturen seltsam vorkommen, ist aber bei Tastaturen Marke Eigenbau üblich. So kannst du die Tastatur nach deinem Gusto personalisieren. Glorious selbst bietet Keycaps und Switches an. Ich teste die Tastatur mit taktilen Glorious Panda Switches und dem Nebula Keycap Set von Glorious. Taktile Switches geben dir beim Auslösen des Signals ein haptisches Feedback.

In diesem Zustand inklusive Aluminium-Switch-Platte kommt die GMMK Pro aus der Verpackung.
In diesem Zustand inklusive Aluminium-Switch-Platte kommt die GMMK Pro aus der Verpackung.

Weiter werden ein textilummanteltes Kabel, sowie ein Switch- und Keycap-Zieher mitgeliefert. Mit denen entfernst du bei Bedarf entweder die Switches oder Keycaps. Ich würde dir empfehlen, einen Keycap-Zieher aus Draht zu kaufen, denn der mitgelieferte aus Kunststoff kann deine Keycaps verkratzen. Auch den Switch-Zieher würde ich ersetzen. Er funktioniert zwar, aber eher schlecht als recht – mehr als ein paar Switches möchte ich mit dem Teil nicht entfernen müssen. Stehst du auf fette Spiralkabel, hat Glorious solche in verschiedenen Farben im Zubehör-Angebot.

Von Platten und Gasket Mount

Die Tastatur kommt bereits montiert, du müsstest nur noch die Switches und Keycaps draufpacken. Das ist aber in meinen Augen nicht Sinn und Zweck einer Tastatur der Marke Eigenbau. Hier sollst du experimentieren. Glorious steht dem nicht entgegen: Die Garantie verfällt nicht, wenn du die Tastatur aufschraubst.

Falls du dich für das Innenleben und den Zusammenbau der GMMK Pro im Detail interessierst, schaust du dir am besten den Stream von mir und Kollege Philipp Rüegg an. Dort bauen wir zwei Keyboards zusammen. Nur soviel: Auseinandernehmen und Zusammenbauen gehen leicht von der Hand.

  • Produkttest

    Wir bauen zwei GMMK-Pro-Tastaturen im Livestream

    von Kevin Hofer

Ab hier wird es etwas technisch. Wenn du nur wissen möchtest, wie es sich auf der GMMK Pro tippt, dann scroll zum entsprechenden Zwischentitel.

Damit du noch weitere Möglichkeiten zur Personalisierung deiner GMMK Pro hast, bietet Glorious zwei weitere Switch-Platten als Option: Polycarbonat-Kunststoff- oder Messing-Platte. Standardmässig kommt die GMMK Pro mit Aluminium-Switch-Platte. Diese Platten verschraubst du mit der Platine der Tastatur – dem PCB – und steckst die Switches durch die Platte drauf. Das PCB ist Hotswap. Du kannst die Switches also einfach draufstecken und musst nicht löten.

Hier findest du alle Switch-Platten von Glorious.

Glorious bietet Messing-, Aluminium- und Polycarbonat-Switch-Platten an.
Glorious bietet Messing-, Aluminium- und Polycarbonat-Switch-Platten an.

Die Wahl der Switch-Platte beeinflusst das Tippgefühl und den Klang der Tastatur. Polycarbonat ist am weichsten. Das Material absorbiert Schall besser als Metall, weshalb sich diese Platte auch für Leute eignet, die eine leisere Tastatur möchten. Messing ist die härteste Platte. So fühlt es sich auch beim Tippen an. Messing erzeugt einen eher tiefen Klang beim Tippen und ist wohl das lauteste der drei Materialien. Aluminium ist der Mittelweg zwischen Polycarbonat und Messing.

Nebst der Switch-Platte, beeinflusst die Art der Befestigung der Platte-PCB-Combo das Tippgefühl. Hier setzt Glorious auf den sogenannten Gasket Mount, genauer: Sandwich Gasket Mount. Die GMMK Pro besteht im Wesentlichen aus drei Teilen: Ober- und Unterteil sowie Platte-PCB-Combo. Beim Sandwich Gasket Mount wird die Combo zwischen Ober- und Unterteil gelegt. Verschraubt werden nur Unter- und Oberteil miteinander. Die Combo wird mit sogenannten Gaskets dazwischen gequetscht, wie der Rohschinken im Sandwich. Die Gaskets sind Schaumstoff-Teile. Die sorgen einerseits dafür, dass der Schall aufgenommen wird. Andererseits sollen sie für ein flexibles Tippgefühl sorgen, also die Platte-PCB-Combo beim Tippen dämpfen.

Unter dem PCB befindet sich zusätzlich ein Dämmungsschaum und zwischen PCB und Switch-Platte ebenfalls. Die sollen den Schall beim Tippen ebenfalls mildern.

Schematischer Aufbau der GMMK Pro.
Schematischer Aufbau der GMMK Pro.
Quelle: Glorious

Schlecht umgesetzter Gasket Mount

Der Gasket Mount funktioniert bei der GMMK Pro nur bedingt. Das hat drei Gründe. Erstens werden beim vollständigen Verschrauben von Ober- und Unterteil die Gaskets zu stark zusammengedrückt. Sie können gar nicht mehr dämmen. Zweitens sind die Schaumstoff-Gaskets sowieso zu dünn, um tatsächlich für ein weiches Tippgefühl zu sorgen. Zuletzt verunmöglicht der Dämmungsschaum zwischen PCB und Gehäuseunterteil jegliche Bewegung.

Die Lösung dafür ist, dickere Gaskets zu nehmen oder mehrere Gaskets übereinanderzulegen und die Tastatur nicht ganz zu verschrauben. Zudem musst du den Dämmungsschaum zwischen PCB und Gehäuseunterteil weglassen. Das habe ich im Livestream mit Kollege Philipp Rüegg versucht. Es funktioniert, aber andere Tastaturen mit Gasket Mount federn mehr. Zudem schliesst die Tastatur auf den Seiten so nicht mehr bündig.

Not so GOAT

Ebenfalls bereits installiert sind die Stabilisatoren. Glorious nennt sie GOAT – das steht für Greatest Of All Time. Stabilisatoren stabilisieren deine langen Keycaps wie Leertaste, Enter, Shift und Backspace, damit sie sich beim Tippen gleichmässig senken. Bei Fertigtastaturen sorgen die Stabilisatoren meist für ein Klappergeräusch. Das ist bei den GOAT-Stabilisatoren auch der Fall. Aber sie klappern weniger als jene bei den meisten Fertigtastaturen. Ich würde sie aber nicht als die «besten aller Zeiten» bezeichnen. Es gibt definitiv bessere Stabilisatoren, beispielsweise von Durock.

Der Stabilisator unter der linken Shift-Taste.
Der Stabilisator unter der linken Shift-Taste.

Ich habe die GOAT-Stabilisatoren deshalb mit dem sogenannten Plumbers Mod gepimpt. So klappern sie kaum noch. Leider sind die Switch-Platten etwas eng, um Stabilisatoren anderer Hersteller zu verwenden. Ich habe es mit Stabilisatoren von Durock versucht. Die Polycarbonat-Platte habe ich mit etwas Druck noch knapp drauf gekriegt. Bei den metallenen Platten sind die Aussparungen für die Stabilisatoren jedoch zu eng. Hier müsste ich Material wegschleifen. Deshalb verwende ich für das Review die GOAT-Stabilisatoren.

So tippt es sich auf der GMMK Pro

Ich habe die GMMK Pro mit allen drei Switch-Platten getestet. Zurzeit bevorzuge ich es, wenn die Tastatur beim Tippen etwas nachgibt, also flext. Da der Gasket Mount bei der GMMK Pro auch mit dem Mod nicht viel Flex bietet, müsste ich eigentlich die weichste Switch-Platte bevorzugen. Das wäre die Polycarbonat-Platte. Jedoch gefällt mir vom Klang her eine andere Platte am besten.

Bei vielen Fertigtastaturen kritisiere ich, dass sie laut sind und beim Tippen hallen. Die GMMK Pro klingt im Gegenteil sehr gedämmt. Zu gedämmt für meinen Geschmack. Sie entwickelt wenig Charakter. Auch wenn ich den Dämmungsschaum zwischen Gehäuseunterteil und PCB für mehr Flex entferne, klingt die Tastatur eher dumpf. Die Polycarbonat-Platte dämpft den Schall zusätzlich. Die Aluminium-Platte erzeugt für meinen Geschmack einen zu hohen Ton. Die Messing-Platte bietet aufgrund ihrer Steifheit zwar am wenigsten Flex beim Tippen, erzeugt aber einen offenen, tiefen Klang. Das gefällt mir am besten. Da ich aber vor allem auf das Tippgefühl Wert lege, ist meine Lieblingskonfiguration dennoch jene mit der Polycarbonat-Platte.

Im folgenden Video hörst du Tippbeispiele mit jeder Platte. Die Switches sind geschmierte Glorious Panda und der Dämmungsschaum zwischen PCB und Gehäuseunterteil ist entfernt.

Bei meiner Lieblingskonfiguration mit Polycarbonat-Platte habe ich noch das sogenannte Tape Mod gemacht. Dabei wird die PCB-Unterseite mit nicht-leitendem Malerband abgeklebt. Ich habe drei Lagen übereinander geklebt. Dadurch verändert sich nochmal der Klang der Tastatur. So hört sich meine finale Konfiguration der GMMK Pro an.

Switches von Glorious: Luchse und Pandas

Dies ist zwar kein Switch Review, dennoch ein paar Worte zu den Glorious Panda und Glorious Lynx Switches. Die Pandas sind taktil, geben dir also beim Auslösen haptisches Feedback, die Lynx sind linear und geben dir kein haptisches Feedback. Egal, ob du auf Widerstand stehst oder gerne widerstandslos durchdrückst – beide Switches würde ich als gut bezeichnen. Es gibt definitiv bessere Switches, aber im Vergleich zu den häufig anzutreffenden und vergleichbaren taktilen Cherry MX Brown und linearen Cherry MX Red sind sie gut. Zumindest wenn du sie schmierst. Apropos schmieren: Beide Switches kannst du bereits geschmiert kaufen. Meine Test-Pandas kamen geschmiert. Dies jedoch inkonsistent weshalb ich es erneut gemacht habe. Spar dir den Aufpreis für geschmierte Taster also und mach es selbst. Dann lernst du auch noch etwas über deren Funktionsweise.

Links ein Glorious Panda und rechts ein Glorious Lynx Switch.
Links ein Glorious Panda und rechts ein Glorious Lynx Switch.

Nebulöses Keycap-set

Die Keycaps von Glorious selbst gibt es bislang erst im DE-, UK-, oder US-Layout. Das CH-Layout ist derzeit nicht geplant. Wenn du die Glorious Keycaps willst, bleibt dir als Schweizer:in also nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beissen und dich umzustellen. Oder ein anderes Keycap-Set zu verwenden. Hier musst du jedoch darauf achten, dass die rechten Alt-, Fn- und Ctrl-Tasten passen. Die sind nämlich kürzer als bei den meisten Vollformattastaturen.

Ich habe das Nebula-Set im US-Layout zum Testen. Dieses hat einen Farbverlauf von lavendelfarben, über violett bis pink. Die Keycaps sind aus PBT-Kunststoff und die Aufdrucke werden im Dye-Sublimationsverfahren gemacht. Dadurch sollten sie sehr lange halten. PBT zieht Fett weniger an als ABS-Kunststoff, aus dem Keycaps meistens gefertigt werden. Auch sonst gilt das Material als langlebiger. Die Farben der einzelnen Keycaps sind gleichmässig und wirken satt.

Die Farbübergänge sind nicht parallel zueinander.
Die Farbübergänge sind nicht parallel zueinander.

Der Farbverlauf des Sets wirkt auf mich von oben gesehen etwas seltsam. Dieser sollte meiner Meinung nach beim Farbübergang parallel diagonal über die Tastatur verlaufen, tut er aber nicht. Das irritiert mich. Im Grossen und Ganzen empfinde ich das Keycap-Set als gelungen.

Fazit: Gelungenes Erstlingswerk mit Verbesserungspotenzial

Wie Andy Murray und Stansilas Wawrinka ist die GMMK Pro verdammt gut, aber nicht gut genug, um es mit den ganz Grossen aufzunehmen – zumindest nicht überall. Sie ist nicht perfekt. Die Implementation des Gasket Mount ist schlecht umgesetzt und nur mit einem Mod ansatzweise brauchbar. Mit all dem Dämmungsschaum klingt die Tastatur derart gedämmt, dass ich ihren Klang als charakterlos bezeichnen würde.

Aber in ihrem Kern ist die GMMK Pro eine DIY-Tastatur. Als solche macht sie es dir leicht, sie zu modifizieren. Dank den Optionen mit unterschiedlichen Switch-Platten, Keycaps und Switches gibst du der Tastatur schnell und einfach deine eigene Note. Wenn du dir Zeit nimmst, kannst du aus der GMMK Pro eine gute, auf dich zugeschnittene Tastatur machen.

Statt dem Dämmungsschaum zwischen Gehäuseunterteil und PCB habe ich das PCB mit nicht-leitendem Malerband abgeklebt.
Statt dem Dämmungsschaum zwischen Gehäuseunterteil und PCB habe ich das PCB mit nicht-leitendem Malerband abgeklebt.

Diese Modifizierbarkeit hat mich zum Hobby der mechanischen Tastaturen gebracht. Auch die GMMK Pro schafft es, mich dafür zu begeistern, sie zu modifizieren und immer wieder etwas Neues und Anderes auszuprobieren. Und dann das auch ohne Group Buy, wo du jemandem Geld gibst, mit dem Versprechen, irgendwann ein Produkt in den Händen zu halten. So läuft das üblicherweise bei DIY-Tastaturen. Die GMMK Pro kannst du einfach so ab Lager kaufen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie noch einige neue Tastatur-Nerds wie mich schaffen wird.

Auch wenn du nach einmaligem Zusammenbauen nichts mehr an der Tastatur änderst, bekommst du eine gute Tastatur, welche die meisten Fertigtastaturen in den Schatten stellt. Falls dich Eigenbau-Tastaturen interessieren und du nicht monatelang auf ein Kit warten willst, dann kann ich dir die GMMK Pro empfehlen.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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