Lenovo Phab 2 Pro: Ein Tänzchen mit dem ersten Google-Tango-Phone
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Lenovo Phab 2 Pro: Ein Tänzchen mit dem ersten Google-Tango-Phone

Vergesst Virtual Reality. Augmented Reality ist der neuste heisse Trend. Naja, zumindest ein bisschen. Google sieht mit Project Tango enormes Potential in der verbesserten Realität und Lenovo hat das erste kompatible Smartphone dafür im Angebot. Zugreifen oder Abwarten?

Smartphones werden klüger. Oder zumindest vielseitiger. Google Daydream oder Samsung VR ermöglichen mit dem passenden Headset Virtual Reality für Einsteiger. Die nächste vielversprechende Entwicklung beeinflusst ebenfalls die Realität, allerdings nicht die virtuelle, sondern die erweiterte. Augmented Reality (AR) nennt sich die Technologie, die Google unter der Bezeichnung Projekt Tango aktuell fördert.

Augmented Reality? Das hab ich doch schon mal irgendwo gehört, werdet ihr euch jetzt vielleicht fragen. Genau: Zum Beispiel bei «Pokémon GO», beim Nintendo 3DS oder bei Microsofts Hololens. Ganz so ausgeklügelt wie die mehrere tausend Franken teure AR-Brille ist Projekt Tango zwar nicht, dafür ist es mit einem gewöhnlichen Smartphone möglich. Okay, nicht mit jedem Smartphone. Das Gerät muss dafür konzipiert sein, was primär mit der speziellen Kamera zusammenhängt. Das Lenovo Phab 2 Pro ist das erste im Handel erhältliche Gerät, das Tango offiziell unterstützt.

Auch «Pokémon GO» hatte AR-Elemente.

Ein normal solides Handy, nur halt riesig

Wenn ihr das Phab 2 Pro in die Hand nimmt, sieht es aus wie ein ganz gewöhnliches Smartphone. Ausser dass es riesig ist. 6.4 Zoll Bildschirmdiagonale. Für wen soll das sein? Für den Hulk? Aber es soll ja Menschen geben, die stehen auf Phablets. Abgesehen davon hat Lenovo ein absolut solides Gerät mit Top-Ausstattung produziert: Snapdragon 652, 64 GB Speicher (erweiterbar per microSD-Karte), 4 GB RAM, QHD-Display, Fingerabdrucksensor. Hier gibt es nichts zu meckern. Lediglich der fehlende USB-C-Anschluss enttäuscht etwas. Die Verarbeitung ist tadellos und das Aluminium Unibody-Gehäuse kann sich sehen lassen, auch wenn es eher auf der molligen Seite ist. Softwareseitig kriegt ihr Android 6.0.1 mit einer leichten Oberflächenanpassung, die sehr nahe an Googles-Vorlage bleibt. So mag ichs.

Was ich dagegen überhaupt nicht ausstehen kann, ist der nicht ausschschaltbare Startton. Warum bitte, lässt sich dieser nicht stumm schalten? Da ich das Gerät mindestens viermal neu starten musste, bis alle Updates installiert waren, warfen mir meine Kollegen schon böse Blicke zu.

Die Kameras sind die Stars

Das Phab 2 Pro besitzt vier Kameras beziehungsweise Sensoren für Projekt Tango: Eine 8-MP-Frontkamera, eine 16-MP-RGB-Kamera, einen Tiefenbereichsensor und eine Fischauge-Bewegungsmessungskamera. Das Ensemble ist Voraussetzung für Projekt Tango, weshalb normale Smartphones nicht mit der Technik kompatibel sind.

Anders als bei Virtual Reality müsst ihr für AR keine Brille aufsetzen. Ihr schaut sozusagen durch euer Phone hindurch. Die Kameras zeichnen die Umgebung auf, geben sie an euch übers Display weiter und erweitern eure Realität mit verschiedenen Elementen. Dank Bewegungs- und Distanzsensoren könnt ihr euch auch mit dem Smartphone bewegen und Objekte aus der Nähe oder anderen Winkeln ansehen.

Ich habe diverse der vorhandenen Apps aus dem Google Play Store heruntergeladen und ausprobiert. Fast alles fällt leider unter die Kategorie: nette Spielerei. Einzig einige Einrichtungs- und Mess-Apps sind fernab kurzweiliger Spielerei interessant. Perfekt funktionieren aber auch die nicht. Hier eine kurze Übersicht.

Einrichtungs-Apps

Davon gibt es gleich mehrere. WafairView, Lowe’s Vision oder Roomy sind alle dazu gedacht, dass ihr Möbel oder neue Teppiche in eure Wohnung projizieren könnt, um zu sehen, ob sie Platz haben und wie sie wirken. Das Problem ist, dass oft das Grössenverhältnis nicht stimmt oder sie nicht ganz am Boden aufliegen. Auch könnt ihr nur aus vorhandenen Produkten auswählen und somit nicht euer Wunsch-Sofa herzaubern.

Google Measure

Mit dieser App visiert ihr Punkte an und könnt anschliessend die Länge oder Breite des Objekts ablesen. Funktioniert erstaunlich gut.

Raise

Raise ist ein modernes Tamagotchi. Ein virtuelles Hündchen, das ihr füttern könnt, mit ihm spielen oder ihm ein neues Schlafkissen kaufen.

Track Builder Tango

Ein kleines Rennspiel in dem ihr Hot-Wheels-Autos über abgefahrene Strecken jagt, die ihr selber konstruieren könnt. Beim Fahren bestimmt ihr lediglich das Tempo und könnt anschliessend zuschauen, wie das Spielzeugauto durch verrückte Loopings und Steilwandkurven rast. Wie immer könnt ihr euch mit eurem Handy drehen und umsehen. Allerdings seht ihr dabei nicht eure echte Umgebung, sondern ihr befindet euch in einer virtuellen Spielwelt.

Dinos among us

Erschafft verschiedene Polygon-Dinos. Durch das Display könnt ihr sie in Originalgrösse betrachten. Ihr könnt auch ein paar virtuelle Bilder an die Wand hänge. Toll.

Woorld

Hier könnt ihr euch eine virtuelle Welt in eurem Wohnzimmer oder eurem Büro erschaffen.

Holo

Etwas witziger ist Holo. Damit könnt ihr diverse animierte Figuren, wie ein als Gorilla verkleideter Mann, einen Wrestler oder einen Trump-Imitator auf irgendeine Fläche in eurer Umgebung projizieren. Dabei stehen euch verschiedene Animationen zur Verfügung. Anschliessend könnt ihr Fotos und Videos davon machen, wie ein ein Meter grosser Donald Trump euren Kollegen auf dem Kopf herumtanzt. Achtet darauf, dass ihr das Handy parallel über der zu projizierenden Fläche haltet, sonst schweben die Figuren in der Luft.

Lenovo AR Camera

Ich wünschte, es wäre so grün bei uns.

Ist ähnlich wie Holo, aber bereits vorinstalliert. Hier könnt ihr statt Wrestler und Co. Kätzchen und Drachen inklusive passender Kulisse in eurer Umgebung erscheinen lassen. Der lauschige Dschungel, der zum Drachen dazukommt, würde unserem Büro definitiv gut stehen.

We-R Cubed

Ein simples Rätselspiel, das auch ohne AR gut funktionieren würde.

Crayola Color Blaster

In diesem Spiel beschiesst ihr Zombies mit Farbe bis sie fröhlich tanzen. Naja. Immerhin schön gestaltet.

Fazit: Potential, aber aktuell noch eine Spielerei

Das Lenovo Phab 2 Pro ist ein erstklassiges Smartphone mit einer Top-Ausstattung. Die überdimensionierten 6.4 Zoll sind für Normalsterbliche eindeutig zu gross. Für die AR-Funktion ist die Grösse aber durchaus praktisch, wenn auch nicht notwendig. Das gilt auch für die ganzen AR-Experimente. Die Spiele sind nicht mehr als kurzweilige Ablenkung und die wenigen Apps mit praktischem Nutzen sind noch zu wenig ausgereift. Aus dieser Sicht lässt sich der Kauf daher nur schwer empfehlen. Ihr kriegt hier aber eindeutig ein gutes Gerät, besonders wenn ihrs gross mögt. Für die AR-Funktion alleine lohnt es sich jedoch noch nicht. Die Technik hat viel Potential, aber aktuell ist es eine Spielerei.

Und einen Vorteil hat das Phab 2 Pro doch noch: Dank der enormen Grösse fühlt sich mein Pixel XL wieder richtig handlich an.

Lenovo Phab 2 Pro (64 GB, Gunmetal Grey, 6.40", Hybrid Dual SIM, 16 Mpx, 4G)

Lenovo Phab 2 Pro

64 GB, Gunmetal Grey, 6.40", Hybrid Dual SIM, 16 Mpx, 4G

Lenovo Phab 2 Pro (64 GB, Gunmetal Grey, 6.40", Hybrid Dual SIM, 16 Mpx, 4G)
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Lenovo Phab 2 Pro

64 GB, Gunmetal Grey, 6.40", Hybrid Dual SIM, 16 Mpx, 4G

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Als Game- und Gadget-Verrückter fühl ich mich bei digitec und Galaxus wie im Schlaraffenland – leider ist nichts umsonst. Wenn ich nicht gerade à la Tim Taylor an meinem PC rumschraube, oder in meinem privaten Podcast über Games quatsche, schwinge ich mich gerne auf meinen vollgefederten Drahtesel und such mir ein paar schöne Trails. Mein kulturelles Bedürfnis stille ich mit Gerstensaft und tiefsinnigen Unterhaltungen beim Besuch der meist frustrierenden Spiele des FC Winterthur. 


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