
Meinung
Familienküche – täglicher Nervenkrimi am Herd
von Anna Sandner
Kochen für die ganze Familie ist anstrengend. Meistens fehlt es an Zeit, Inspiration und Optionen, die auch alle Familienmitglieder zufrieden stellen. Schafft das Rezeptbuch aus dem GU-Verlag Abhilfe?
Wie viele andere stehe ich täglich vor der Frage «Was soll ich heute kochen?». Für eine Antwort, die länger als einen Tag hilft, habe ich den Markt der Familienküchen-Ratgeber unter die Lupe genommen – und mir «SOS Familienküche» für den Härtetest herausgepickt. Mit den «Key Facts Familienküche» (dem Einleitungsteil des Ratgebers) im Hinterkopf stelle ich mir einen Wochenplan aus der Rezeptsammlung zusammen und nutze meine Familie als Versuchskaninchen.
Wichtig ist uns, dass es allen schmeckt, nicht langweilig wird, im Alltag gut umzusetzen ist und die Rezepte auch die richtigen Nährstoffe mitbringen.
Das will ich auch! Und hoffe, dass die beiden Autorinnen halten, was sie versprechen.
Nach bald einem Jahrzehnt, in dem ich für drei sehr unterschiedliche Geschmäcker koche, bin ich sicherlich kein Neuling mehr. Ich verzweifle trotzdem regelmäßig an der Aufgabe und hoffe bei jedem Kochbuch wieder auf neue Tipps. In diesem Ratgeber finde ich eine überschaubare Einleitung (12 Seiten), die alles Relevante auf den Punkt bringt.
Wirklich Überraschendes entdecke ich nicht. Trotzdem ist es ein guter Einstieg, um mir die wichtigsten Punkte wieder bewusst zu machen: Gute Planung, etwas Farbe auf dem Teller und Abwechslung sind entscheidend für den Erfolg. Soweit so bekannt.
An manchen dieser Tipps bin ich allerdings bereits mehrfach kläglich gescheitert. Zum Beispiel: Selbst wenn ich Radieschen und Kohlrabi als Gesicht arrangiere, wird die ungeliebte Rohkost weiterhin verschmäht. nd wenn ich Brokkoli als Mini-Bäume anpreise, isst ihn außer mir trotzdem keiner mit Genuss.
Der genüssliche Teil beginnt mit der Auswahl der Rezepte für die Testwoche. Kein langes Grübeln, stattdessen können wir nach Lust und Laune aus den vorgeschlagenen Rezepten wählen. Die Rezepte sind unterteilt in:
Zu jedem Rezept gibt es eine Angabe der Zubereitungszeit, Symbole für Besonderheiten wie laktose- oder glutenfrei, die Zutatenliste, die Kochanleitung und ein ansprechendes Bild.
Wir entscheiden uns für eine bunte Mischung: eine One Sheet Pasta mit Hackbällchen (15 Minuten Vorbereitung, 35 Minuten Backzeit), ein cremiges Hähnchencurry mit Reis, Quinoa-Wraps mit Gemüse sowie schnelle Bowls wie Tofu-Mango oder Falafel-Salat. Auch die Erbsen-Kichererbsen-Taler und ein Kräuter-Parmesan-Schnitzel schaffen es auf unseren Plan. Damit ist von Blitzgerichten bis zu etwas aufwendigeren Klassikern alles dabei.
Mit dem fertigen Wochenplan ist die Einkaufsliste schnell gemacht. Und so starte ich voller Hoffnung in die gut geplante Essenswoche.
Für die ganze Woche vorauszuplanen bringt entscheidende Vorteile mit sich: Ich muss nicht jeden Tag aufs Neue überlegen, was am Abend auf den Tisch kommen soll und die nötigen Zutaten im Zweifel davor auch noch extra besorgen. Aber hätte ich diese Erkenntnis nicht schon seit Anbeginn meiner Kochzeit gehabt, wären wir vermutlich schon lange verhungert. Nichts Neues also – aber allen zu empfehlen, die eine Familie bekochen sollen.
Das Problem hier ist: Die Gerichte sind alle mehr oder weniger neu für mich und so dauert die erste Zubereitung länger, als bei manch aufwändigerem Gericht, das zu meinem Grundrepertoire gehört. Das ist der Preis, den ich für mehr Vielfalt auf dem Speiseplan anfangs bezahle. Sollten einige der Gerichte den Sprung auf die Familien-Rezeptliste schaffen, wird sich das dank Übung sicher schnell erübrigen.
Trotzdem ist die Testwoche eine Herausforderung. Statt auf Autopilot die üblichen Gerichte zu kochen, musste ich mich jeden Tag auf etwas Neues einlassen. Aber: Die Mühe hat sich gelohnt und ist eine Investition in die Zukunft.
Meine beiden Testesser und ich sind auf unsere Kosten gekommen und ein paar der neuen Gerichte finden sicherlich noch öfter den Weg auf unseren Esstisch. An der ein oder anderen Stelle musste ich die Rezepte leicht abwandeln. So nutze ich grundsätzlich öfter mal Fleischalternativen, damit ich als Vegetarierin nicht nur in den Genuss des halben Essens komme. Und auch bei Milchprodukten muss ich oft auf Ersatzprodukte setzen. Was ja einer der großen Vorteile am frisch und selbst Kochen ist: Ich kann die Zutaten problemlos nach Bedarf, Lust und Laune variieren.
Unser Favorit wurde schließlich das Kräuter-Parmesan-Schnitzel, das in meinem Fall aus Sellerie statt Fleisch bestand. Auch wenn es mit einer Zubereitungszeit von theoretisch 35 Minuten (und tatsächlich eher 50 Minuten) nicht in meine Lieblingskategorie der Blitzgerichte fällt, hat es sich einen sicheren Platz auf unserem Essensplan erobert.
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Pro
Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.
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