Was bringt eigentlich Wi-Fi 7?
Hintergrund

Was bringt eigentlich Wi-Fi 7?

Martin Jud
2.2.2023

Was ist Wi-Fi 7 und welche Verbesserungen kannst du gegenüber Wi-Fi 6 und älteren Standards erwarten? Und warum gibt es bereits Hardware dafür, obschon der neue Standard vielleicht erst 2024 final beschlossen wird?

Früher vergingen zwischen neuen WLAN-Standards gefühlte Ewigkeiten – heutzutage geht es schneller voran: Kaum habe ich die ersten Router, Notebooks und Smartphones auf Wi-Fi 6 umgestellt, sind auch schon Wi-Fi 6E und 7 da. Die ersten Smartphone-Chips mit Wi-Fi-7-Unterstützung beziehungsweise -Vorbereitung gibt es bereits. Die ersten Router erscheinen vermutlich ab dem dritten Quartal 2023. Ab da soll Wi-Fi 7 frühestens offiziell werden. Ursprünglich hatte die Wi-Fi Alliance den Abschluss der Standardisierung erst für 2024 geplant.

Dass die Hersteller ihre Geräte mit dem neuen Standard offenbar schneller – und teils gar vor dem Standard – fertigstellen, liegt daran, dass der technologische Sprung von Wi-Fi 6E zu 7 kleiner ist, als bei früheren Wechseln. Und daran, dass die Spezifikationen grösstenteils weit im Voraus feststehen.

Was Wi-Fi 7 im Vergleich zu Vorgängern kann

Aber was bringt Wi-Fi 7 überhaupt? Theoretisch einiges, da der Standard neu bis zur doppelten Anzahl Antennen ermöglicht. Das resultiert in mehr gleichzeitig nutzbaren Endgeräten und einer Steigerung des Datendurchsatzes. Der wird weiter gesteigert, indem ein neues, optionales Modulationsverfahren sowie breitere Kanäle im 6-GHz-Frequenzband zur Verfügung stehen. Ausserdem kann ein Router neu ein Gerät auch über zwei Frequenzbänder gleichzeitig beliefern.

Nur muss das alles nicht zwingend eine Verbesserung bedeuten, da neben dem Wi-Fi-Standard bei einem Router auch die Anzahl und Grösse der Antennen sowie CPU und RAM eine grosse Rolle spielen. Aufs einzelne Endgerät bezogen wird sich der Datendurchsatz nicht immens steigern, da kaum ein Notebook oder Smartphone existiert, das mehr als zwei Antennen hat.

Bei optimaler Hardware-Ausstattung sind mit den unterschiedlichen Wi-Fi-Versionen die in der Tabelle unten aufgeführten Werte möglich, wobei die maximalen Datenraten nur theoretischer Natur sind. Falls du die Tabelle nicht auf Anhieb enträtseln kannst, ist das nicht tragisch – ich erkläre danach die wichtigsten Neuerungen im Detail.

Wi-Fi 7
(802.11be)
Wi-Fi 6E
(802.11ax)
Wi-Fi 6
(802.11ax)
Wi-Fi 5
(802.11ac)
Wi-Fi 4
(802.11n)
Verfügbare Frequenzbänder2,4 GHz, 5 GHz, 6 GHz2,4 GHz, 5 GHz, 6 GHz2,4 GHz, 5 GHz2,4 GHz, 5 GHz2,4 GHz, 5 GHz
Max. Kanalbandbreite320 MHz160 MHz160 MHz160 MHz
(80 MHz vorgeschrieben)
40 MHz
Max. Anzahl Spatial Streams168884
Theoretisch max. Datenrate
(Gigabit pro Sekunde)
46 Gbps9,6 Gbps9,6 Gbps6,9 Gbps0,6 Gbps
Modulationsverfahrenbis 4096-QAM
(1024-QAM vorgeschrieben)
bis 1024-QAMbis 1024-QAMbis 256-QAMbis 64-QAM
Weitere, wichtige FeaturesMulti-Link Operation, Uplink MU-MIMO & Downlink MU-MIMO (16×16), OFDMA, Beamforming, TWT, BSS coloring, Multi-RU, Preamble Puncturing, WPA3 SecurityUplink MU-MIMO (ab Wave 2) & Downlink MU-MIMO (8×8), OFDMA, Beamforming, TWT, BSS coloring, Preamble Puncturing (optional), WPA3 SecurityDownlink MU-MIMO (8×8), OFDMA, Beamforming, TWT, BSS coloring, Preamble Puncturing (optional), WPA3 SecurityDownlink MU-MIMO (4×4, ab Wave 2), OFDM, WPA2 SecuritySU-MIMO, WPA2 Security

Bis zu 16 Antennen/Streams führen zu einer Verdopplung der Kapazität

Die grösste Änderung ist, dass Wi-Fi 7 bis zu 16 Antennen (16×16 MU-MIMO) – und damit bis zu 16 gleichzeitige Datenströme (Spatial Streams) – unterstützt. Bei Wi-Fi 5, 6 und 6E sind bis zu acht Antennen möglich. Natürlich sind längst nicht alle Router mit der maximalen Anzahl an Antennen ausgestattet. Das wird sich auch bei Wi-Fi 7 nicht ändern. Da die Anzahl der Antennen den grössten Unterschied zwischen verschiedenen Geräten ausmachen kann, würde ich beispielsweise einen Wi-Fi-6-Router mit acht Antennen einem Wi-Fi-7-Router mit nur vier Antennen vorziehen.

Breitere Kanäle und besseres Modulationsverfahren

Seit Wi-Fi 6E verfügt WLAN über ein drittes Frequenzband im 6-Gigahertz-Bereich. In diesem waren bisher die gleichen Kanalbandbreiten möglich, wie im 5-Gigahertz-Frequenzband. Das ändert sich mit Wi-Fi 7, denn neu sind bei 6 Gigahertz nicht mehr nur bis zu 160 MHz, sondern bis zu 320 MHz breite Kanäle möglich. Dies führt unter Verwendung von 16 Antennen und einem neuen, optionalen Modulationsverfahren – 4096-Quadratur-Amplituden-Modulation (bisher 1024-QAM) – zu einer theoretisch 4,8-fachen Leistung gegenüber Wi-Fi 6. Oder einer 13-fachen gegenüber Wi-Fi 5. Das neue Modulationsverfahren bietet 12 Bits statt bisher 10, was alleine für einen Leistungszuwachs von 20 Prozent sorgt. Ein Modulationsverfahren sorgt vereinfacht gesagt dafür, dass Daten in Funkwellen umgewandelt werden.

Höhere Datenraten – in der Theorie bis zu 46 Gigabit pro Sekunde

Bei Wi-Fi 6 und 6E beträgt die theoretische maximale Datenrate mit acht Antennen 9,6 Gigabit pro Sekunde (1,2 Gigabyte pro Sekunde). Dies wird durch acht gleichzeitige Streams unter Verwendung einer 160-MHz-Kanalbandbreite und einer 1024-Quadratur-Amplituden-Modulation erreicht. Ein einzelner Stream kommt auf bis zu 1200 Megabit pro Sekunde. Wie hoch die theoretisch maximale Datenrate bei einem Empfangsgerät wie einem Smartphone oder Notebook ist, hängt dann wiederum von dessen Anzahl verbauter Antennen ab.

Die bei Wi-Fi 7 angegebene maximale Datenrate von unglaublichen 46 Gigabit pro Sekunde – also 5,8 Gigabyte pro Sekunde – muss differenziert betrachtet werden. Denn hier handelt es sich um den maximalen Wert, den 16 Streams unter Verwendung eines neuen 320-Megahertz-Kanals im 6-Gigahertz-Frequenzband plus eines 160-Megahertz-Kanals im 5-Gigahertz-Frequenzband mit 4096-QAM liefern. Dazu ist zu beachten, dass der Funk weniger weit kommt, je höher die verwendete Frequenz wird. Und dass die neue Kanalbreite von 320 Megahertz nur im am wenigsten weit reichenden 6-Gigahertz-Frequenzband zur Verfügung steht.

Was bedeutet das in der Praxis? Wo es das 2,4-Gigahertz-Frequenzband eines einzelnen Routers in der Wohnung in die hinterste Ecke schaffen kann, kommt das 5-Gigahertz-Frequenzband allenfalls bereits in Schwitzen. Und das 6-Gigahertz-Frequenzband schafft es dann bestenfalls noch, zwei bis drei Räume schneller zu beliefern, als es 5 Gigahertz kann. Dafür bieten die höheren Frequenzbänder bei gutem Empfang einen höheren Datendurchsatz und niedrigere Latenzen. 6 Gigahertz wird daher mancherorts auch als Ersatz für ein Netzwerkkabel beworben.

Vielleicht schafft es das 6-Gigahertz-Frequenzband aber auch nur in dem Raum mehr Datendurchsatz zu generieren, in dem der Router steht: Wie weit der Funk kommt, hängt nebst der Frequenz extrem davon ab, wie dick die Wände sind und aus welchem Baumaterial sie bestehen. Und davon, ob eine Bodenheizung oder sonstige Störfaktoren zwischen Router und Empfangsgerät den Funk negativ beeinträchtigen. Das bedeutet, dass ein Wi-Fi-7-Router mit gleicher Anzahl identischer Antennen wie ein Wi-Fi-6-Router über eine ganze Wohnung unterm Strich nur wenig Mehrleistung bringt. Der mit 46 Gigabit pro Sekunde implizierte 4,8-fache Wert gegenüber 9,6 Gigabit bei Wi-Fi 6 ist in den meisten Fällen also reine Augenwischerei.

Multi-Link Operation (MLO)

Wenn du dich bisher mit einem Endgerät zu einem WLAN verbunden hast, wird dieses bis und mit Wi-Fi 6E nie zur gleichen Zeit mehr als ein Frequenzband nutzen. Es funkt je nach Signalstärke über 6, 5 oder 2,4 Gigahertz mit dem Router oder seinen Satelliten. Ein Wechsel zu einem anderen Band passiert erst, wenn sich die Bedingungen, etwa durch Herumlaufen mit dem Laptop, ändern.

Bei Wi-Fi 7 ist es dank Multi-Link Operation möglich, gleichzeitig mit zwei Frequenzbändern und verschiedenen Kanälen verbunden zu sein. Die Bündelung kann zu höheren Geschwindigkeiten führen und die Latenz senken. Dadurch erhöht sich die Zuverlässigkeit von Anwendungen, die auf eine schnelle Reaktionszeit und/oder hohe Datenrate angewiesen sind. Auch ist erst mit dieser Technik die theoretische Datenrate von 46 Gigabit pro Sekunde möglich.

Multi Resource Units (Multi-RU)

Wird bei Vorgängern von Wi-Fi 7 ein (breiter) Kanal für ein Endgerät genutzt, kann diesen kein anderes Gerät zur gleichen Zeit nutzen – es muss auf einen anderen Kanal ausweichen. Das ändert sich; neu können nicht genutzte Kanalressourcen dank Multi-RU von weiteren Wi-Fi-7 fähigen Endgeräten mitgenutzt werden.

Mehr Endgeräte – auch dank Orthogonal Frequency-Division Multiple Access (ab Wi-Fi 6)

Mehr Antennen ermöglichen mehr Streams und dadurch auch die Belieferung von mehr Endgeräten zur gleichen Zeit. Dies passiert normalerweise unter Verwendung von Multi-User-MIMO – kurz MU-MIMO. Wobei MIMO für Multiple Input Multiple Output steht. Von Wi-Fi 6E auf Wi-Fi 7 verdoppelt sich die maximale Anzahl Endgeräte, die zur gleichen Zeit empfangen oder senden, unter Verwendung dieser Technologie auf 16.

Ab Wi-Fi 6 steht neben MU-MIMO auch die «Orthogonal Frequency-Division Multiple Access»-Technologie zur Verfügung. OFDMA ist wie MU-MIMO eine Multi-User-Technologie, die es ermöglicht, unterschiedliche Daten mit verschiedenen Geräten zur selben Zeit im Down- und Uplink auszutauschen. Je nach Situation entscheidet sich der Router dazu, MU-MIMO oder OFDMA anzuwenden. Bei Streams mit grossem Datendurchsatz wird ersteres zur Anwendung kommen. Die OFDMA-Technologie ist nämlich eher fürs Gegenteil gemacht: Sie unterteilt einen Funkkanal in kleinere Unterkanäle. So kann beispielsweise ein 20-MHz-Kanal in bis zu neun Kanäle aufgesplittet werden. Danach weist der Router dem jeweiligen Unterkanal ein Zeitintervall zu. Er beliefert die Unterkanäle, also verschiedene Endgeräte, nun abwechselnd mit Daten, wobei das alles in enorm kurzen Abständen geschieht. Winzige Zeitfenster sorgen dafür, dass alles scheinbar nahtlos abläuft.

Welche Geräte für Wi-Fi 7 werden als Erstes erscheinen?

So früh wie bei Wi-Fi 7 hat wohl noch nie ein Hersteller zuvor Netzwerkprodukte mit künftigem Standard vorgestellt. Bereits Anfang Juli 2022 kündigte der chinesische Hersteller H3C den Router Magic BE18000 an – mindestens ein Jahr vor dem offiziellen Launch.

H3C Magic BE 18000: Der erste Router mit Wi-Fi 7 wurde bereits im Juli 2022 angekündigt.
H3C Magic BE 18000: Der erste Router mit Wi-Fi 7 wurde bereits im Juli 2022 angekündigt.
Quelle: H3C

Auf diese Ankündigung folgten bald etliche weitere von anderen Herstellern. Ebenso stehen erste System-on-Chip (SoC) mit Wi-Fi-7 Integration in den Startlöchern oder sind sogar bereits da, was den Weg für mobile Geräte wie Laptops und Smartphones ebnet. Ob H3C seinen Router in Europa vermarkten wird, ist unklar. Ebenso, ob er vor oder nach der Wi-Fi-7-Zertifizierung erscheinen wird. Ganz allgemein sind zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Router mit Wi-Fi 7 erhältlich. Bei manchen Herstellern kann aber bereits das eine oder andere Gerät vorbestellt werden.

Noch keine Vorbestellung gibt es bei Asus. Der taiwanesische Hersteller hat bereits zwei Wi-Fi-7-Router angekündigt, die voraussichtlich ab dem dritten Quartal 2023 verfügbar sind. Dass sie nicht früher auf den Markt kommen, lässt vermuten, dass Asus die Zertifizierung der Wi-Fi Alliance abwartet.

Asus ROG Rapture GT-BE98
Asus ROG Rapture GT-BE98
Quelle: Asus

Es handelt sich um den an der CES 2023 vorgestellten Asus RT-BE96U und den Gaming-Router ROG Rapture GT-BE98. Beides sind Router mit acht Antennen und zwei beziehungsweise drei 10-Gigabit-Netzwerkanschlüssen.

TP-Link Archer BE900 | BE24000
TP-Link Archer BE900 | BE24000
Quelle: TP-Link

Bereits im November 2022 hat TP-Link über ein halbes Dutzend Wi-Fi-7-Router vorgestellt. Darunter sind drei Deco- und drei Archer-Modelle. Am interessantesten dürfte der Archer BE900 | BE24000 sein, der mit einem Sanduhrdesign, einer LED-Anzeige und zwölf Antennen punkten will. Er bietet neben weiteren Anschlüssen zwei 10-Gigabit-Ports. Einzelne Händler listen manche der neuen TP-Link-Router bereits in ihren Shops und ermöglichen eine Vorbestellung. Die Geräte sollen in den kommenden Monaten auf den Markt kommen – was auch immer das heisst.

MSI RadiX BE22000 Turbo
MSI RadiX BE22000 Turbo
Quelle: MSI

Einen Wi-Fi-7-Router mit vier Blades, in denen Antennen stecken, hat MSI an der CES 2023 aus dem Köcher gezogen. Besonders am RadiX BE22000 Turbo ist, dass diese vier Blades, um den Empfang zu verbessern, automatisch mit einem Motor ausgerichtet werden, sobald der Router die Lage vor Ort analysiert hat. Die genauen Hardwarespezifikationen dazu hat MSI noch nicht veröffentlicht. Er soll aber unter anderem über zwei 10-Gigabit-Netzerkanschlüsse verfügen. Wann das gute Ding erscheinen wird, ist noch nicht klar.

Und auf Empfängerseite?

Auf Empfängerseite gibt es bereits erschienene, angekündigte und geleakte Chips, die Wi-Fi 7 bieten oder bieten sollen.

Bei Qualcomm deutet ein Leak darauf hin, dass ein Notebook-Prozessor respektive SoC mit integriertem Wi-Fi 7 gegen Ende 2023 auf den Markt kommen wird. Es handelt sich um den Snapdragon 8cx Gen 4, der Windows für ARM-Prozessoren mit neuer Geschwindigkeit befeuern könnte. Bereits im November 2022 vorgestellt hat das Unternehmen einen Smartphone-Prozessor mit Wi-Fi 7. Beim Qualcomm Snapdragon 8 Gen 2 ist die Funktion vorbereitet und wird somit zur Verfügung stehen, sobald der Standard offiziell ist. Zu den ersten Smartphones damit gehören das Xiaomi 13, das Nubia Red Magic 8 Pro+ und das Vivo iQOO 11 sowie X90 Pro Plus.

Mediatek hat ebenso einen ersten Smartphone-Prozessor mit Wi-Fi-7-Vorbereitung im Gepäck. Im November 2022 wurde der Dimensity 9200 vorgestellt. Er steckt bereits im Vivo X90 und X90 Pro.

Noch sind keine konkreten Notebook-Prozessoren mit Wi-Fi-7-Unterstützung von Intel in Aussicht. Doch das Unternehmen hat im August 2022 erklärt, dass es plane, ab 2024 auch mitzumischen.

Bei Apple hingegen deutet bisher nichts darauf hin, dass daran gearbeitet wird, Wi-Fi 7 demnächst zu integrieren. Immerhin soll das kommende iPhone 15 gerüchteweise mit einem Wi-Fi-6E-Chip von Broadcom ausgestattet werden.

Titelbild: shutterstock

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